Crusader Kings 2 und Sengoku - Die neuen charakterzentrierten Strategiespiele von Paradox Interactive (Teil 2)
Weiter geht's mit dem zweiteiligen Interview, das wir mit Paradox Interactive über die brandneuen Spiele "Crusader Kings 2" (erscheint Frühjahr 2012) und "Sengoku" (seit 12. September im Handel) geführt haben. In
Teil 1 des Interviews verriet uns Paradox-Interactive-Chef Johan Andersson einiges über die grundsätzliche Konzeption dieser beiden personenzentrierten Strategiespiele. In Teil zwei beantworten Crusader-Kings-2-Projektleiter Henrik Fåhraeus und der Sengoku-Teamleiter Thomas Andersson unsere Fragen. Zunächst geht es weiter mit interessanten Details zum Mittelalter-Strategiespiel "Crusader Kings 2".
Media Mania: In
Crusader Kings hat die K.I. gelegentlich geschummelt – sie hat sich nie verschuldet, und Verbündete ignorierten oft einen Hilferuf des Spielers. Wird die Fortsetzung diese unschöne Praxis aufgreifen?
Henrik Fåhraeus: Nein, so etwas wird es in "Crusader Kings 2" nicht geben.
Media Mania: Der Seetransport war in "Crusader Kings 1” stark abstrahiert: Armeen konnten über den Ozeane übersetzen, ohne Transportschiffe zu besteigen. Dadurch waren Feldzüge sehr viel einfacher zu planen als etwa in "Hearts of Iron" oder "Europa Universalis". Wird auch "Crusader Kings 2" dieses System benutzen (also Transportschiffe, die an Provinzen gekettet sind), oder gibt es eine fummelige Transportverladung wie in
Europa Universalis III?
Henrik Fåhraeus: Armeen müssen Schiffe besteigen, um transportiert zu werden. Dadurch werden Schiffe eine strategische Ressource, und ihr Mangel wird jedem Spieler Kopfzerbrechen bereiten.
Media Mania: Die ersten Screenshots von "Crusader Kings 2” sind wirklich wunderschön, vor allem die Charakterporträts und die Stammbaumansicht. Aber wird es auch Kampfanimationen geben? Und kann man, wie im Vorgänger, seine Gene an die Kinder weitergeben und so etwa eine Dynastie mit auffälligen Nasen oder roten Haaren "züchten"?
Henrik Fåhraeus: Natürlich wird es neue Modelle und Animationen für alle Einheiten geben. Und Charaktere haben einen Gencode wie in "Crusader Kings 1", so dass man eine Ähnlichkeit zwischen Geschwistern erkennen kann.
Media Mania: In "Crusader Kings 1” gab es in Friedenszeiten nicht allzu viel zu tun: Gebäude bauen, Gesetze erlassen und die eigenen Töchter verheiraten. Wird es in "Crusader Kings 2" mehr direkte Aktionen während Friedenszeiten geben, zum Beispiel Handelsabkommen, Interaktionen mit lokalen Mächten, Treffen, Feste etc.?
Henrik Fåhraeus: Es gibt natürlich wieder Events während Friedenszeiten – und ein brandneues System für Intrigen und Verschwörungen. Vor allem aber bleibt es in "Crusader Kings 2" – wie schon im Vorgänger – eine Herausforderung, sein Reich zusammenzuhalten, wenn man seine Vasallen zu sehr verärgert. Allerdings ist deren Verhalten diesmal logischer. In erster Linie entscheidet die Erbfolge darüber, ob ein Vasall revoltiert, also wenn er in dieser zu weit zurückfällt.
Media Mania: Wird es auch unabhängige Mächtegruppen wie Raubritter, Händler, verschrobene Häretiker oder Pilger geben?
Henrik Fåhraeus: Darüber kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht viel sagen, außer dass wir Söldnerheere und Ritterorden haben werden, die im Spiel agieren, auch wenn sie kein Land besitzen. Und Söldner, die nicht bezahlt werden können, holen sich ihren Anteil eventuell durch Plünderungen.
Media Mania: Intrigen wurden in "Crusader Kings 1” eher stiefmütterlich behandelt – man konnte eigentlich nur unliebsame Erben an anderen Höfen ermorden lassen. Werden wir im Nachfolger bessere Intrigen sehen – z.B. die Tochter eines Nachbarn verführen oder einen Erbanspruch untergraben?
Henrik Fåhraeus: Ja, es gibt ein komplett neues Verschwörungssystem in "Crusader Kings 2". Wir werden es in einem Entwicklertagebuch in Kürze vorstellen.
Das Verschwörungs- oder auch Plotsystem ist übrigens eine Gemeinsamkeit von "Crusader Kings 2" und seinem japanischen Spin-Off "Sengoku". Dieses Strategiespiel ist bereits im Handel - seit dem 12. September 2011 - und präsentiert sich als schlanker, zielorientierter Bruder der Kreuzzugskönige. Auch über diese Neuerscheinung haben wir bei Paradox Interactive nachgehakt. Unsere Fragen beantwortete der Projektleiter Thomas Andersson. Media Mania: Auf "Crusader Kings 2" müssen wir ja bis Anfang 2012 warten. "Sengoku” wiederum steht ab September in den Läden. Kannst du uns mehr über dieses Spiel erzählen, das im mittelalterlichen Japan angesiedelt ist? Wird es mehr ein japanisches "Crusader Kings 2" oder mehr ein japanisches
Europa Universalis: Rome?
Thomas Andersson: Um das Setting eines Spiels auszuwählen, sehen wir uns eine interessante historische Epoche an, um unser Spiel dort anzusiedeln. Die Sengoku-Ära in Japan ist eine solche interessante Epoche. Die dort herrschenden unsteten Zustände eröffnen so viele Möglichkeiten. Auch wenn man viele Elemente aus "Crusader Kings 1" und auch "Rome" wiedererkennen wird, wäre eine bloße Kopie dieser Spiele auf einer japanischen Karte der Ära nicht angemessen gewesen. Uns war es wichtig, die originär japanischen Facetten dieser Epoche abzubilden, denn sie machen diese Ära erst so interessant. Wir haben also eine Prise von "Crusader Kings 1" und "Rome" genommen, aber dann etwas ganz eigenes gebaut.
Media Mania: "Sengoku” wird sich ja auf die japanischen Inseln konzentrieren – aber was ist mit den wichtigen Nachbarmächten China und Korea? Werden sie in "Sengoku" repräsentiert? Und was ist mit den Europäern oder den Jesuiten?
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Thomas Andersson: Zwar beinhaltet die Epoche die japanische Invasion in Korea, aber wir haben uns entschieden, den Fokus auf Japan selbst zu belassen. Es gibt also keine Interaktion mit China oder Korea im Spiel. Was die Europäer betrifft – sie werden zu einem bestimmten Zeitpunkt in Japan auftauchen. Das führt zu zwei Effekten: Feuerwaffen werden sich allmählich unter den japanischen Warlords verbreiten (in Form einer Musketeneinheit), und man kann in den Provinzen christliche Kirchen errichten bzw. als Charakter zum Christentum konvertierten.
Media Mania: Die Heere im japanischen Mittelalter waren ja völlig anders organisiert als etwa im europäischen Kontext – Stichwort Samurai und ihre persönliche Loyalität zu ihren Herren. Wie werdet ihr das im Spiel darstellen? Und gibt es auch unabhängige Ronin im Spiel?
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Thomas Andersson: Armeen setzen sich aus zwei Teilen zusammen: einberufene Truppen und Gefolgsleute. Einberufene Truppen entsprechen etwa den europäischen feudalen Provinzheeren. Aber wir haben auch Gefolgsleute, die bezahlte stehende Armeen bilden. Du kannst entweder reguläre Gefolgsleute rekrutieren oder nach Ronin-Einheiten Ausschau halten. Solche Ronin-Truppen werden von einem Feldherrn angeführt, der wie alle anderen Charaktere im Spiel unabhängig agiert und einen Loyalitätswert zu deinem Charakter hat. Die Ronin-Einheiten sind sehr nützlich, da nur der Feldherr bezahlt werden muss. Aber das birgt natürlich auch Risiken ... außerdem können Charaktere, die ihr Land im Spiel verlieren, später als Ronin-Feldherren mit eigenen Truppen wieder im Spiel auftauchen.
Media Mania: In "Sengoku” soll es ja auch möglich sein, Ninjas einzusetzen - das klingt nach einer Menge Spaß, erzähle uns mehr davon. Werden diese Ninjaangriffe auch visualisiert?
Thomas Andersson: Ninjas wurden in dieser Epoche sehr häufig und für verschiedene Zwecke angeworben. Meuchelmord ist natürlich der bekannteste. Aber Ninjas sind auch in anderen Spielsituationen nützlich. Die Belagerung gerät ins Stocken? Schickt die Ninjas in die Burg des Feindes! Du hast einem Feind eine Geisel überlassen und kannst ihn deshalb nicht angreifen? Ruf die Ninjas, damit sie die Geisel befreien. Oder hast du Angst davor, dass jemand Ninjas zu
dir schickt? Heuere eigene an! Natürlich gibt es keine Visualisierung der Taten dieser Jungs. Es sind schließlich Ninjas ...
Media Mania: Eine letzte Frage: Wird es nach "Sengoku” und "Crusader Kings 2” als charakterzentrierte Spiele eventuell auch eine zweite Chance für "Europa Universalis: Rome” geben? Oder eine Neuauflage von "Great Invasions" von eurer französischen Programmierabteilung (Paradox France)?
Thomas Andersson: Wir haben noch nicht über den nachfolgenden Titel entschieden. Aber es wird garantiert weitere charakterzentrierte Spiele in der Zukunft von uns geben.
Wer sich also ins mittelalterliche Japan stürzen will, kann dies ab sofort tun und sich mit dem Konzept eines charakterzentrierten Strategiespiels anfreunden. Für "Crusader Kings 2" muss er sich noch eine Weile gedulden ... was gar nicht so leicht sein durfteInterview: Hagen Hoffmann
Das Interview wurde auf Englisch geführt und ins Deutsche übersetzt.