Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Herausfinden, was man fühlt und braucht - das klingt vielversprechend und ist Thema des vorliegenden Buches "Praktische Selbst-Empathie" der Psychologin Gerlinde Ruth Fritsch, welches 2008 im Junfermann Verlag erschienen ist.
Nach einem Vorwort und einer Einführung in das Thema erklärt die Autorin zunächst, wie Gefühle und die damit verbundenen Bedürfnisse durch Beobachtung erkannt werden können. Nach ihrer Meinung enthalten dabei selbst Bewertungen und Urteile noch wertvolle Botschaften, und es lohnt sich, diese wahrzunehmen und zu nutzen.
Welche Gefühle gibt es und wie unterscheiden sie sich von sogenannten Pseudo-Gefühlen? Wie äußern sie sich körperlich und in welchen Situationen treten sie auf? Welche Handlungsimpulse werden ausgelöst? Um Gefühle zu identifizieren stellt die Autorin umfangreiche Listen zur Verfügung, einige der Gefühle werden auch noch weiter analysiert.
Der Zusammenhang zwischen Gefühlen und den dazu gehörenden Bedürfnissen ist Thema des folgenden Kapitels. Strategien, um die erkannten Bedürfnisse zu befriedigen, schlägt die Autorin dem Leser dann im nächsten Teil vor. Wie so ein kompletter Prozess der Selbst-Empathie aussehen kann - etwa bei innerer Zerrissenheit oder bei Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen - zeigt Gerlinde Ruth Fritsch im abschließenden Teil.
Schlussbemerkungen und eine kleine Literaturliste runden das Buch ab.
Inspiriert durch die Arbeit von Marsha Linehan hat die Autorin eine Landkarte der Gefühle erarbeitet und deren Arbeit ergänzt und weitergeführt. Marshall B. Rosenberg und dessen Arbeit über gewaltfreie Kommunikation bildet eine weitere Grundlage für dieses Buch. Hier geht es jetzt speziell um den gewaltfreien Umgang mit sich selbst. Entstanden ist ein Handbuch der Gefühle und Bedürfnisse und der notwendigen Strategien, um diese zu befriedigen.
Die meisten Menschen können auf Anhieb etwa fünf bis sechs Gefühle nennen und kommen nach längerem Nachdenken dann vielleicht auf fünfzehn bis zwanzig. Gerlinde Ruth Fritsch stellt nun ganze Seiten unterschiedlicher Emotionen vor und differenziert dabei sogar noch zwischen echten und Pseudo-Gefühlen. Einige dieser Gefühle kommen einem denn auch ganz gelegen, etwa wenn es sich um Freude, Glück und inneren Frieden handelt. Andere nimmt man weniger gerne wahr: Angst, Wut, Scham. Versteht man auch den Sinn, sind sie jedoch einfach unangenehm, und man möchte sich ihrer in der Regel möglichst schnell entledigen. Gefühle sind Zeichen unserer Lebendigkeit meint die Autorin, alle Gefühle, und sie geben uns wertvolle Signale. Dabei muss man offensichtlich entweder das ganze Paket nehmen oder man ist gezwungen, auch auf Liebe und Freude zu verzichten - und ist somit zu einem leeren, kalten, eben gefühllosen Leben verurteilt.
Aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrung in Workshops und eigener Therapiepraxis versteht es die Autorin selbst schwierigen Gefühlen ihren Schrecken zu nehmen und einen vertrauten Umgang mit ihnen zu vermitteln. Dabei kann man sich zunächst erst einmal mit dem eigenen reichen Gefühlsleben vertraut machen. Auch bei den Bedürfnissen hat Gerlinde Ruth Fritsch wesentlich mehr zu bieten als die oft vorgestellte Maslowsche Bedürfnispyramide. Ist das Problem erkannt, kann man sich Inspiration und Anregung bei den Strategien mit ganz konkreten Handlungsvorschlägen holen, die die Autorin anbietet. Und auch hier nicht nur fünf oder sechs, sondern ganze dreißig Seiten.
Abschließend bleibt zu sagen, dass es sich um einen sehr konzentrierten Führer durch das eigene Innere handelt, mit einer Fülle an Listen und Werkzeugen zur Selbsterprobung oder zur Ergänzung zur Therapie. Der Schwerpunkt liegt auf der praktischen Arbeit, die Theorie wird nur da erwähnt, wo sie zum Verständnis notwendig ist. Beispiele erleichtern das Verständnis und lockern den Text auf. Auch die Fragen der Autorin helfen bei der Selbsterkundung.
Wenn man bedenkt, was man für einen Wochenend-Workshop oder Vortrag ausgeben muss, ist dieses Buch für 15,90 Euro geradezu geschenkt. Wer mehr machen möchte: Die Autorin bietet auch Workshops zu dem Thema in Dresden und Hamburg an.
Das Buch richtet sich an Jeden, der sich im Umgang mit Gefühlen üben und sein eigenes inneres Erleben besser kennenlernen möchte. Es ist sicher auch für Ärzte, Therapeuten und für andere Mitarbeiter in sozialen und medizinischen sowie Ratgeber-Berufen eine wertvolle Hilfe und Anregung.