Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Gwendolina umarmt ihre Tante herzlich - sie darf die kleine, schwarze Katze tatsächlich behalten! Es ist zwar seltsam, dass Mini, wie sie die Katze spontan ob ihrer Größe nennen, nicht eine Pfote nach draußen setzen will, doch ist das Tier ansonsten so lieb und anhänglich, dass Gwen sich schon bald nicht mehr vorstellen kann, ohne sie zu leben.
Wäre da nur nicht Bolek. Der Neue in der Klasse von Gwen und ihrer besten Freundin Paula benimmt sich wirklich sonderbar. Nicht nur, dass er sämtliche Lehrer so lange anstarrt, bis diese nachgeben und ihn in Ruhe lassen, er scheint auch ausgerechnet die beiden Mädchen zu seinen Intimfeinden erklärt zu haben. Und er belässt es nicht beim Starren. Als Paula in ihrer Frühstücksdose eine tote Maus findet, ist das Maß voll. Die beiden Freundinnen beschließen, Bolek zu beschatten und mehr über ihn herauszufinden. Was sie aber dann erfahren, ist nicht unbedingt das, was sie erwartet haben. Bolek lebt mit seinem Vater in einem völlig verwahrlosten Haus, stellt seiner Mutter, die doch vor einigen Monaten verstorben ist, immer noch ein Gedeck auf den Tisch und serviert ihr sogar einen Teller Suppe. Der Vater von Bolek scheint komplett verrückt geworden zu sein und redet mit dem Jungen so, als käme seine Frau jeden Augenblick zur Tür herein.
Die beiden Spioninnen schämen sich ein wenig und verstehen besser, warum Bolek sich so ekelhaft benimmt. Akzeptieren können sie es jedoch nicht - was können sie dafür, dass Bolek es nicht leicht hat?
Doch dann geraten Bolek, die tote Maus und Paula plötzlich zur Nebensache. Mini ist weg. Sie scheint aus dem Fenster im ersten Stock gestürzt zu sein. Gwen macht sich auf die Suche nach der Katze. Und schon bald hat sie den Verdacht, dass Bolek etwas mit dem Verschwinden ihrer geliebten Katze zu tun haben könnte. Denn Boleks Mutter hatte bis zu ihrem Tod eine schwarze Katze, die nun nicht mehr da ist...
Im Februar 2008 erschien "Mini und die Spioninnen". Das zweite Buch von Rusalka Reh, versehen mit Bildern der Illustratorin Barbara Scholz, ist ein kurzes, spannendes Abenteuer rund um Gwen und ihre Katze Mini. Bereits im August wurde die Geschichte bei Igel-Records als Hörbuch umgesetzt. Den Part der Erzählerin und der Rolle der Gwen übernahm dabei die versierte Sprecherin Ina Gercke. Sie haucht diesem Charakter Leben ein und schafft es auch, der Geschichte sowohl Humor als auch Dramatik zu verleihen. Dank ihrer versierten Vorstellung vergehen die einhundertfünfundfünfzig Minuten wie im Flug. Herrlich, wie sie Gwen schimpfen, träumen, quatschen und raunen lässt.
Leider ist die Besetzung der Rolle des "fiesen" Bolek ein Desaster. Immer wenn es im Text heißt, dass der Junge bösartig starrt und fies flüstert, wütend die Mädchen anraunzt oder eiskalt abblitzen lässt, erklingt die warme, nette und fröhliche Stimme von Dominik Freiberger. Auch wenn Bolek am Ende lange nicht so ein Ekelpaket ist, wie es zunächst scheint, runzelt der Hörer doch erstaunt bis entsetzt die Stirn. So kann man eine so tragende und "böse" Rolle einfach nicht sprechen.
Gott sei Dank sind alle weiteren Stimmen gelungen bis perfekt. Auch die Musikeinlagen und die spärlich im Hintergrund zu hörenden Geräusche sind sehr gelungen. Neben der netten Grafik auf dem Cover findet sich im Inlay eine Liste der Tracks und der Sprecherrollen. Über die Autorin oder die Synchronsprecher ist kein Wort abgedruckt.
Alles in allem ist "Mini und die Spioninnen" eine gelungene Hörspielumsetzung, die eine sehr unkonventionelle und spannende Geschichte erzählt. Hier ist nichts so, wie es scheint, und einfache Lösungen oder gar kitschige "Happy Ends" vermeidet die Autorin tunlichst. Das ist in der Flut der "Kindergeschichten", die es auf dem Markt gibt, erfrischend und macht das Hörbuch zu einer sicheren Kaufempfehlung. Nur was Regie und Herrn Freiberger geritten hat, den Bolek so zu vergeigen, bleibt ein Rätsel.