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Das Wetterphänomen, das Ulrich Seidls Film den Namen leiht, steht für tagelanges Schwitzen in brütender Hitze. Doch wer Sommer und Sonnenschein erwartet, darf sich auf das Gegenteil gefasst machen: einen eiskalten, ernüchternden Blick in einen trostlosen Alltag.
Es ist heiß in den Vororten von Wien. Wo sich uniforme Einfamilienhäuser und endlose Reihen riesiger Supermärkte und Einkaufszentren ein Stelldichein geben, beherrschen unerträgliche Sommertage das Leben der Menschen. "Hundstage" erzählt mehrere Geschichten, die sich alle in einer schweißtreibenden Augustwoche abspielen. Es sind Geschichten von unterschiedlichen Menschen in verschiedenen Lebenssituationen, die sich kaum überschneiden. Ein geschiedenes Ehepaar, das immer noch zusammenlebt und sich das Leben zur Hölle macht. Ein eifersüchtiger, cholerischer Freund und das junge Mädchen, das ihn Tag für Tag erträgt. Eine Frau, die tagein tagaus nichts anderes tut, als bei fremden Menschen ins Auto zu steigen und sie mit unnützen Informationen vollzuquatschen. Ein Mann, der jede Nacht Wache schieben muss, weil in seiner Wohnsiedlung Autos zerkratzt werden. Alles an sich nichts Weltbewegendes, doch die Konflikte schwelen unter der Sommersonne vor sich hin - und entladen sich in einem Hexenkessel aus Selbsttäuschungen, zerstörten Träumen und rasender Wut
Wer Ulrich Seidls Filme kennt, weiß, dass der Österreicher gerne mit schockierenden Bildern aufwartet, die provozieren und aufrütteln. "Hundstage" ist beispielhaft für Seidls provokative Verbildlichung von Zusammenhängen, die zunächst absurd erscheinen, dann aber zunehmend realer und erschreckender werden. Nur mit Laiendarstellern gedreht, ist der episodisch strukturierte Film ein beeindruckendes und im besten Sinne unangenehmes und deprimierendes Werk. Seidl lässt seine Charaktere all das erleben, was zum täglichen Leben gehört und doch selten Beachtung findet: Enttäuschung, Aggression, Frustration, Langeweile, blanker Irrsinn. Zentrale Themen von "Hundstage" sind Kommunikation und Sex: Kommunikation, weil es in keiner Geschichte wirklich fruchtbare Gespräche gibt - die Charaktere haben sich entweder zu wenig oder viel zu viel zu sagen, ihre Sprache ist geprägt von Werbeslogans und Allerweltsfloskeln, die ins Nirgendwo führen. Sex deshalb, weil er gewalttätig, unmotiviert, zwanghaft oder als Ersatzhandlung auftritt - er ist nichts als der verzweifelte Versuch, anderen Menschen nahe zu sein, koste es was es wolle. Das Schicksal der Frauen im Film scheint Seidl besonders zu beschäftigen: Sie sind es, die am schlimmsten leiden, die Demütigungen, falsche Beschuldigungen und auch Missbrauch und physische Gewalt ertragen müssen, zugefügt von den männlichen Charakteren jeden Alters, die ein Ventil für ihre Egozentrik und ihren Hass auf die ganze Welt suchen. Es sind heftige, schmerzhafte Bilder der Erniedrigung, die "Hundstage" besonders in diesem Zusammenhang zeigt. Das macht den Film für Zartbesaitete vielleicht ungeeignet, doch zugleich wird dadurch eine Realität wiedergegeben, die, wie der Regisseur im Interview auf der DVD sagt, noch wesentlich grausamer ist. Seidls Zielscheibe, so scheint es, ist die Idylle: Er reißt die zu einem Einheitsbrei verschmolzenen Fassaden der Vorortsiedlungen in Stücke und lässt einen Film auf die Zuschauer los, der einen überrollt und zutiefst nachdenklich stimmt. Denn auch wenn die Szenerie oft bizarr anmutet, erzeugt "Hundstage" doch zu jedem Zeitpunkt das nagende Gefühl, dass man gerade ein Stück der Wahrheit zu sehen bekommt.
Die DVD von Alamode Film bringt den Film in verhältnismäßig guter Qualität auf den heimischen Bildschirm. Die Extras - ein Kurzfilm, ein Interview und ein Trailer - enttäuschen doch sehr im Vergleich zum grandiosen Hauptfilm.
Fazit: Ein hammerharter, schwer verdaulicher und zugleich meisterlich guter Film über das Grauen des Alltags, das hinter der nächsten geschlossenen Jalousie lauern könnte.