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Steven ist Ende zwanzig und arbeitet bei einem großen Musiklabel des Vereinigten Königreichs. Sein Leben besteht aus Konzerten, Koks, Nutten und Hass ... denn alles an seinem Job ist ihm zuwider. Die Kollegen und die Musiker, die Teeniebands und abgehalfterten Sekretärinnen, die Musikmessen, Konzerthallen, schäbigen Klubs und verlogenen Deals mit Rappern, Poppern, Indieschlampen und Elektro"künstlern". Dennoch ist er vom Business ebenso abhängig wie von den zahlreichen Drogen, die er täglich konsumiert. Das fordert seinen Tribut; schon seit einer Weile hat Steven keinen Hit mehr lanciert, und ein paar der an Land gezogenen Gruppen erweisen sich als Rohrkrepierer. Schließlich wird er bei einer anstehenden Beförderung übergangen, und ein unfähiger Kollege wird plötzlich zu seinem Vorgesetzten. Höchste Zeit, dem Schicksal etwas nachzuhelfen ... mit einem Baseballschläger.
John Nivens Thriller "Kill your friends" spielt in den oberen Etagen einer verkommenen Musikindustrie, in der es längst nicht mehr um Kunst geht, sondern um die rasche Ausbeutung von Bands. Mit seinem koksabhängigen Protagonisten Steven hat Niven dabei einen Widerling erschaffen, dessen ausdauernde Hasstiraden gegen sich selbst und sein Umfeld den Leser schon nach wenigen Seiten abstoßen. Der Sprachduktus schwappt zwischen Arroganz, Gossen- und Pornosprech hin und her wie ein Glas mit abgestandenem Whiskey. Wenn sich Steven über minderjährige Popsängerinnen - für ihn nicht mehr als williges Frischfleisch - und ausgezehrte Kollegen jenseits der dreißig - dem magischen Alter, ab dem man nichts mehr im Business verloren hat - auslässt, hagelt es Obszönitäten, dass man nur so mit den Ohren schlackert. Leider sind es immer dieselben, fast vierhundert Seiten lang. Und trotz manchem Seitenhieb auf die Musikindustrie bleibt Niven durchweg an der Oberfläche. Dass diese eine dreckskapitalistische Kokshölle ist, hat der Leser schon schnell begriffen; darüber hinaus erfährt man wenig bis gar nichts. Und so geht der "bitterbösen" Satire, als die Niven seinen Roman konzipiert hat, recht schnell der Saft aus; der Leser ermüdet angesichts der sich immer wiederholenden Hasstiraden, die schon nach wenigen Kapiteln keine Steigerung mehr erfahren und einen schon bald völlig kalt lassen. Die mäßige Übersetzung tut dabei ihr Übriges.
Fairerweise muss man zugeben, dass der Roman zur Mitte hin - nach Stevens erstem Mord, dem natürlich weitere folgen - etwas an Drive gewinnt. Die teils recht unglaubwürdigen Wendungen der Geschichte nimmt man dabei gern in Kauf. Doch alles in allem hat Niven sein Thema verschenkt; statt einem entlarvenden Blick hinter die Kulissen der Musikindustrie hat er nur eine obszöne Fabel verfasst, die gerne so böse wäre wie "American Psycho", aber leider ihr Pulver sehr schnell verschießt. Als rasche Abendlektüre vor dem nächsten Clubbesuch geht das in Ordnung. Zu mehr taugt das Buch aber nicht.