Wenn etwas mit viel Begeisterung und mit großer Spannung erwartet wird, ist es schwer, die angewachsenen Erwartungen auch zu erfüllen. Genau dies ist das Problem von "Das Schwarze Auge: Drakensang", das anscheinend versucht hat, alle möglichen potenziellen Käufergruppen gleichzeitig anzusprechen. Ob das Experiment geglückt ist?

Freudig hat der Käufer auf das Spiel gewartet, packt den Spielkarton aus, legt die DVD ein und kann nach kurzer problemloser Installation sofort loslegen. Das ist sehr erfreulich und ein Punkt, der heutzutage leider extra erwähnt werden muss. Die Auswahl des Charakters geht leicht von der Hand, auch wenn es etwas schade ist, dass man für die jeweilige Profession nicht das dazugehörige Volk selbst auswählen kann. Dennoch sind die Möglichkeiten groß, denn man kann zwischen kämpferischen Professionen, wie Krieger oder Amazone, und magischen, wie Scharlatan oder Elf, wählen oder sich für eher gesellschaftlich orientierte Charaktere, wie Diebe oder Gaukler, entscheiden.

Nach der Auswahl treibt den Charakter ein Brief eines Freundes Richtung Ferdok, doch natürlich gibt es schon auf dem Weg dorthin einige kleine Probleme, die gelöst werden müssen. Sehr überrascht ist man von der liebevollen Grafik, die den Spieler erwartet. Zwar reizt sie nicht alle technischen Möglichkeiten aus, dafür kann sie jedoch auch mit älteren PCs genossen werden, ohne dass man große Abstriche machen muss. Der Charakter selbst wird, wie bei DSA gewohnt, von den Eigenschaften, seinen Basiswerten, seinen Talent- und Zauberwerten bestimmt. Die Regeln von DSA 4 wurden hierfür etwas abgespeckt, da das Regelsystem sonst Spieler, die das Rollenspielsystem nicht kennen, sicher abgeschreckt hätte.

Doch da das Spiel an sich sehr nah am Rollenspiel gestaltet worden ist, gibt es sowohl im Beiheft als auch im beigefügten "DSA-Regelwerk light" genug Informationen, um diejenigen aufzuklären, die sich noch nie in die DSA-Welt gewagt haben. Im Hintergrund laufen auch bei jeder Aktion zusätzlich die notwendigen Würfelproben ab, so dass alles für den Spieler nachvollziehbar bleibt. Einige Fähigkeiten kann man später im Spiel lernen, genauso wie Zauber und Handwerksfähigkeiten, so dass man am Ende einen komplett individuellen Helden besitzt, der sich Stufe um Stufe mit den eigenen persönlichen Vorlieben entwickelt hat.

Allerdings muss man nicht allein die Probleme in und um Ferdok lösen. Im Spiel selbst trifft man immer wieder auf neue Charaktere, die einen, wenn man das wünscht, begleiten und im Kampf unterstützen können. Denn die aventurische Welt ist gefährlich und so bietet es sich an, immer eine ausgewogene Gruppe mit sich zu führen, wenn man beim nächsten Speicherpunkt nicht wieder von neuem beginnen möchte.

Im Gegensatz zu anderen Spielen biedert sich "Das Schwarze Auge: Drakensang" nicht sofort dem Spieler an, sondern es braucht einige Zeit, bis man sich an den etwas anderen Stil gewöhnt hat. Hier gilt es nicht, die meisten Punkte zu machen oder die größten Gegner zu besiegen. Stattdessen erfreut man sich an der wunderbaren Atmosphäre, die, man kann es nicht anders bezeichnen, eindeutig aventurisch ist. Dies freut natürlich alle begeisterten DSA-Spieler, die sich deswegen sofort in der Welt heimisch fühlen dürften. Die Stadt und die Umgebung sind sehr heimelig programmiert, mit vielen NSCs bevölkert, so dass man sich wirklich fühlt, als wäre man mitten im Kosch selbst. Und die Geschichte? Nun, zu Beginn denkt man, man befindet sich mitten in der Aufklärung einer Mordserie, doch nach und nach zeigt sich, dass diese Sache weitaus größer ist als man dachte.

"Das Schwarze Auge: Drakensang" ist natürlich für alle Fans des gleichnamigen Rollenspiels ein Pflichtkauf. Allerdings dürften die Action-Fans sich etwas langweiligen, da es hier hauptsächlich um die Stimmung des Spiels geht. Die Grafik ist mit den vielen kleinen Details ist schön anzusehenund die Auswahl der Charaktere ist zwar begrenzt, aber facettenreich genug, so dass man seine eigenen Wünsche erfüllen kann. Der wirkliche Negativpunkt ist jedoch, dass man versucht hat, sowohl Rollenspieler als auch PC-Spieler, die DSA nicht kennen, anzusprechen, weswegen das Spiel zwar beiden Seiten etwas bietet, aber im Gesamteindruck für keine wirklich grandios ist.

Aber trotzdem sollte man sich Drakensang nicht entgehen lassen. Hier bekommt man endlich wieder die Gelegenheit auf dem PC in die Welt von Aventurien einzutauchen und kann damit viele Stunden stimmigen und interessanten Spielspaß haben.