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Mit Kriminalkommissar Wolfram Tannenberg hat Bernd Franzinger eine Romanfigur erschaffen, die bei Fans von Regionalkrimis beliebt ist und die bereits sieben Fälle aufklären durfte. Mit "Kindspech" kommt ein achter und ganz besonders brisanter dazu.
Er kann es kaum fassen: Da hat Kriminalkommissar Wolfram Tannenberg samstags noch im trauten Familienkreis und mit seiner Freundin Johanna von Hoheneck und seinem besten Freund, dem Rechtsmediziner Dr. Rainer Schönthaler, seinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert, schon wird die harmonische Idylle am nächsten Tag jäh zerstört: Beim Besuch des Spielplatzes wird der jüngste Familienspross, Tannenbergs zweijährige Großnichte Emma, vor den Augen ihrer entsetzten Urgroßmutter entführt. Zunächst hofft die ganze Familie, es handle sich nur um eine unglückliche Verwechslung, denn zeitgleich befand sich auf dem Spielplatz eine Tochter aus reicher Familie in Emmas Alter. Doch als am nächsten Tag eine fiktive Todesanzeige über Tannenbergs angebliches Ableben in der Zeitung zu finden ist, wird schnell klar, dass es jemand auf den Kriminalkommissar abgesehen hat. Offenbar möchte dieser Jemand eine alte Rechnung begleichen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn Tannenberg muss herausfinden, wer von all den Verbrechern, mit denen er bereits zu tun hatte und für deren Verhaftung er verantwortlich war, für die Entführung in Frage kommen könnte. Und das sind nach all den Dienstjahren nicht wenige. Dann erreicht die Familie ein mysteriöses Päckchen. Der Inhalt: ein winziger Finger ?
Die Grundsituation dieses in Kaiserslautern verorteten Regionalkrimis könnte spannender kaum sein. Ein zweijähriges, hilfloses Kind in den Händen eines skrupellosen Entführers und erschütternde Momente wie der Empfang des ominösen Päckchens oder die Entdeckung der fingierten Todesanzeige in der Zeitung, dazu eine ganze Reihe von möglichen Verdächtigen: Diese Ausgangslage lässt jeden Krimifan frohlocken.
Die Umsetzung dieser tollen Ideen ist dagegen leider nicht so gelungen. Viel zu oft verliert Franzinger das Ziel aus den Augen, ergeht sich in unwichtigen, teils langweiligen Dialogen und Details, die den Leser auf falsche Fährten locken sollen, jedoch viel zu vorhersehbar sind. Zudem bleiben sämtliche Charaktere zu eindimensional; nur selten überträgt sich die emotionale Erschütterung von den Figuren auf den Leser, der von dem Schicksal der kleinen Emma beinahe unberührt bleibt. Dafür sorgen auch die Passagen, in denen aus Sicht des zweijährigen Mädchens in seinem Gefängnis berichtet wird und die sich wenig glaubwürdig lesen.
Wer bereits vorangegangene Romane über Kriminalkommissar Tannenberg gelesen hat, wird sich über die vielen Anspielungen freuen, die in "Kindspech" zu finden sind. Während seiner fieberhaften Suche nach möglichen Verdächtigen lässt Tannenberg nämlich viele der ehemaligen Fälle Revue passieren und verrät, was mit den damaligen Tätern seither passiert ist.
Fans von Bernd Franzinger und seinem pfälzischen Kriminalkommissar werden auch mit "Kindspech", Tannenbergs achtem Fall, zufrieden sein und sich über das Wiedersehen mit alten Bekannten freuen. Freunde gepflegter Krimiunterhaltung könnten jedoch von den Schwächen des Buches enttäuscht sein.