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Wie auch schon im Vorgängerband hat Herausgeber Frank Festa erneut eine bunte Mischung aus Altbewährtem, Vergessenem und Vertrautem zusammengestellt - oder anders formuliert: einen Querschnitt durch fast anderthalb Jahrhunderte Schauer-, Grusel- und Horrorliteratur. Spannend ist diese Mischung auf jeden Fall, doch nicht immer müssen die Geschmäcker des geneigten Lesers mit denen des Herausgebers übereinstimmen. Dennoch erstaunt die Tatsache, dass ausgerechnet ein Großteil der in "Die schwarze Madonna" vertretenen Klassiker oftmals für gepflegte Langeweile, ja stellenweise sogar Leerlauf sorgt. Im Gegenzug bietet der zweite Band der "Necrophobia"-Reihe auch wieder einige äußerst bemerkenswerte Erzählungen, die man durchaus zu den "besten Horrorgeschichten der Welt" zählen kann (wie der Untertitel des Bandes suggeriert).
Herausragend ist dabei F. Paul Wilsons Erzählung "Schockwellen", in deren Mittelpunkt der Mediziner Joe Glyer und seine schicksalhafte Begegnung mit einer Patientin steht. Diese trifft eines Abends in der Notaufnahme ein, vom Blitz getroffen. Und, wie sich später herausstellt, nicht zum ersten Male. Offenbar ist Kim McCormick davon überzeugt, dass sie während eines Treffers imstande sei, Kontakt zu ihrem verstorbenen Sohn aufzunehmen. Fasziniert von ihrer Geschichte, heftet sich Glyer an ihre Fersen - und gerät immer mehr in den Bann der geheimnisvollen Schönen. Nicht zuletzt auch dank eines persönlichen Verlustes ...
Auf den Erfinder von "Handyman Jack" kann man sich eigentlich immer verlassen. Der Name F. Paul Wilson steht für spannende und originelle Handlungen ebenso wie für unerwartete, nicht selten auch schockierende Wendungen. "Schockwellen" besitzt all diese Attribute und sorgt für ein atemloses Lesevergnügen der düsteren Art.
Simon Clarks "Die Geschichte eines Totengräbers" fängt harmlos an, mutiert aber ohne Vorwarnung zu einer wahren Splatterpunk-Granate, die außerdem mit dem herrlich schwarzen britischen Augenzwinkern versehen wurde. Kein Wunder, dass Clark zu den besten englischen Horrorautoren der Gegenwart gezählt wird.
Gleiches kann man auch von Graham Masterton behaupten, der gleich zwei Mal vertreten ist. Während die Titelstory "Die graue Madonna" die belgische Hauptstadt Brügge von einer gänzlich anderen Seite präsentiert, warnt der Vielschreiber in "Der Hexenkompass" vor leichtfertigen Mitbringseln aus Afrika. Beide Storys bestechen durch Mastertons typischen Stil, der gekonnt Atmosphäre mit manchmal doch ziemlich deftigen Szenen paart. Lesenwert sind beide Geschichten allemal.
Das trifft auch auf Christopher Fowlers bitterböse Story "Die langweiligste Frau der Welt" zu, eine Geschichte, die man fast schon als pechschwarze Satire betiteln könnte. Wer jedenfalls schon immer wissen wollte, was im Kopfe einer eigentlich ganz normalen Hausfrau vorgeht, für den ist diese Geschichte genau das Wahre - auch wenn man danach alltägliche Haushaltsgegenstände eventuell mit ganz anderen Augen sehen wird ...
Neben den erwähnten Geschichten besticht die Sammlung vor allem durch eine vielfältige Mischung der unterschiedlichsten Thematiken. Ob Voodoo, Bauchrednerpuppen oder seltsame Niederschriften - die Bandbreite ist weit gefächert und sollte eigentlich für jeden Geschmack etwas bereithalten, sofern man mit den oftmals doch reichlich schwerfällig wirkenden Stilen der älteren Beiträge zurechtkommt. Leser, deren Hauptaugenmerk bislang auf Autoren der Gegenwart gelegen hat, könnten mitunter enttäuscht werden. Ein zweischneidiges Schwert, wobei man trotzdem gespannt sein kann, welche Autoren Herausgeber Frank Festa im dritten "Necrophobia"-Band versammelt haben wird.