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Wie kommt er hierher? Ist er schon immer hier gewesen? Kommt er von dem Schiff dort auf hoher See? Die See. Das Schiff. Sand. Er erinnert sich nicht. Und doch gibt es Wörter, die er kennt. Wörter, die aus seiner Erinnerung stammen. Er wendet sich vom Meer ab und folgt dem Weg landeinwärts. Nach einer Weile sieht er zwei Türme in den Himmel ragen. Sehr einfache, fast klobige Zwillingstürme, die inmitten der Dünen stehen. So als gehörten sie nicht hier her. Der Junge - zumindest scheint er nicht alt zu sein, vielleicht vierzehn, vielleicht achtzehn - folgt dem Pfad, bis er die Türme erreicht. Eine kleine Hütte nebenan erregt seine Aufmerksamkeit. Ein alter Mann tritt heraus, sieht ihn an, als würde er ihn kennen. Kennt er ihn? Tom bittet ihn herein, nennt ihn Tim und bittet ihn, von jetzt an jede Erinnerung, jedes Gespräch, jeden Gedanken niederzuschreiben. So, und nur so, wird er vielleicht erfahren, wer er ist, woher er stammt und was er hier will. Der Junge zögert, traut Tom zwar, kann sich aber nicht erinnern, ob er ihn schon vor dem 30. Februar, dem ersten Tag seiner neuen Erinnerungen, gekannt hat und ob er ihm wohlgesonnen ist.
Tage später verlässt Tim den alten Mann, streift durch die Dünen, wird vom Hund Téja gefunden und folgt ihm zum Haus eines Fremden. Er bleibt bei ihm, nicht zuletzt, weil er sich in dessen Tochter Téja verliebt. Warum aber bittet der Mann ihn, sein Tagebuch zu vernichten, warum sieht er nie Téja, den Hund, gemeinsam mit Téja, dem Mädchen? Kann er ihr trauen? Soll er Tom gehorchen oder Téjas Vater? Warum kommen ihm die Türme bekannt vor und warum hat ihm Tom einige Seiten aus seinem Notizbuch herausgerissen?
1973 erschien "De torens van februari" der niederländischen Autorin Antonia Johanna "Tonke" Dragt. Sie möchte darin so genau wie möglich schildern, wie ein Mensch nach einem totalen Gedächtnisverlust versucht, seine Erinnerungen zurückzuholen. Sie verknüpft diese Grundidee mit der fantastischen Geschichte eines Weltenwechsels. Der Protagonist stammt nicht von der Welt, in der er ohne Erinnerungen erwacht. Sie wählt die Form einer Tagebuchaufzeichnung, um so authentisch wie möglich zu suggerieren, dass nur der Junge und niemand sonst die Geschichte niedergeschriebenen hat. Diesen Eindruck verstärkt die Autorin mit einem Vorwort, verschiedenen Nachworten und mehrmaligen Anmerkungen im Verlauf der Geschichte. Sie merkt an, wenn es Auslassungen, Streichungen und Unleserliches in dem vermeintlichen Originalmanuskript gibt und befleißigt sich eines simplen, einfachen und ruhigen Stils, der den Eindruck, ein Vierzehnjähriger habe dies geschrieben, noch verstärkt.
All diese Kniffe führen dazu, dass Jugendliche die Geschichte leicht nachvollziehen können und nahezu atemlos mitfiebern bei der Frage, ob Tim seine Erinnerung wiedererlangen wird und wie er in diese Welt gelangt ist.
Doch trotz aller Methoden, die Geschichte aus der Sicht des Jungen darzustellen, bleibt die Grundkonstruktion komplex. Das Rätsel schwierig zu entschlüsseln und die philosophischen Fragen, die Tonke Dragt aufgreift und anreißt, bleiben unbestimmt und werden nur wenig oder gar nicht einer Lösung zugeführt.
"Die Türme des Februar" bleiben ein Mysterium, ein schriftstellerisch sehr interessanter Versuch, ein Schlaglicht auf einen Menschen zu werfen, der seine Erinnerung verloren hat. Es werden keine Antworten gegeben, kein Happy End formuliert, kein Perspektivwechsel zur Autorin vorgenommen. Es bleibt ein Manuskript, das scheinbar von einem Unbekannten geschrieben wurde, der unbekannt bleiben wird. Dies mag viele Leser enttäuschen oder verstören, die meisten aber werden begeistert sein und sich in die Frage versteigen, ob nicht doch vielleicht ein Quentchen Wahrheit an der Behauptung von Tonke Dragt sein könnte und es diesen Weltenreisenden wirklich gegeben haben könnte. Das Buch lädt nachhaltig zum träumen und philosophieren ein und vereint in wunderbarerer Weise einen einfachen, federleichten Schreibstil mit schwierigen Fragen und einem komplexen Problem.