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Oscar Fingal O’Flahertie Wills Wilde ist einer der bekanntesten irischen Schriftsteller. Die Geschichten des Dandys erfreuen sich auch heute, mehr als hundert Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung, großer Beliebtheit, denn sie zeichnen sich durch feine Ironie und eine bildreiche, melodische Sprache aus. Neben seinem berühmten Roman "Das Bildnis des Dorian Gray" ist Wilde vor allem für seine pointierten Erzählungen und seine Märchen bekannt. Einige davon hat Jorge Luis Borges, Herausgeber einer Sammlung phantastischer Literatur, nun in dem vorliegenden Werk versammelt.
Lord Arthur Saviles VerbrechenLord Arthur ist ein unglaublich neugieriger Mensch und so kommt er auch nicht umhin, auf einem Fest, dessen größte Attraktion ein Chiromant ist, zu fragen, ob dieser ihm aus der Hand lesen könne. Doch der Chiromant sieht Schreckliches in Lord Arthurs Zukunft. Er sagt dem jungen Lord voraus, dass dieser einen Menschen umbringen wird! Lord Arthur ist zunächst geschockt und verwirrt, findet sich jedoch schnell mit seinem Schicksal ab - das einzige, was ihn bekümmert, ist seine Hochzeit mit Lady Julia. Würde Lord Arthur nach der Hochzeit einen Mord begehen, so würde er Kummer über Lady Julia bringen. So beschließt er also, dass er erst heiraten wird, wenn das Verbrechen vollendet wurde und geht eifrig auf die Suche nach einem passenden Opfer. Er muss allerdings feststellen, dass bei einem Mord eine ganze Menge schief gehen kann ...
Das Gespenst von CantervilleEine moderne Familie aus Amerika zieht in das Schloss von Canterville, in dem es seit Jahrhunderten spukt. Das Gespenst von Canterville ist ein wahrer Meister auf seinem Gebiet, unzählige Menschen hat es schon erschreckt und halb in den Wahnsinn getrieben. An der Familie Otis scheitert es jedoch, denn diese tritt ihm mit Abgeklärtheit und Pragmatismus entgegen, nicht mit Furcht oder Respekt.
Der glückliche Prinz... ist eine Statue, die mit Gold überzogen wurde und mit Edelsteinen bestückt ist. Alle Menschen bewundern den glücklichen Prinzen, wie er über der Stadt thront. Doch der Prinz wird seinem Namen nicht mehr gerecht, er ist tieftraurig, weil er Tag für Tag sieht, wie die Menschen leiden. Eine freundliche Schwalbe hilft ihm dabei, das Leid zu verringern ...
Die Nachtigall und die RoseEin junger Student klagt über eine unglückliche Liebe. Seine Angebetete würde mit ihm tanzen gehen, wenn er ihr eine rote Rose brächte, doch in seinem gesamten Garten gibt es leider keine einzige. Eine Nachtigall hört von seinem Leid und möchte ihm helfen, denn die wahre Liebe ist das wichtigste auf der Welt.
Der selbstsüchtige RieseEs gibt einen wunderschönen Garten, in dem täglich Kinder spielen. Doch der Garten gehört einem Riesen, der die Freude daran nicht mit anderen teilen möchte, und so verbietet er den Kindern, ihn zu betreten. Daraufhin weigern sich der Frühling, der Sommer und der Herbst ebenfalls, in den Garten einzukehren.
Die in diesem Band versammelten Geschichten liefern einen guten Einblick in das breite schriftstellere Repertoire von Wilde. Während die erste Geschichte eine überaus witzige, pointenreiche Kriminalgeschichte ist, kann man zwar auch von der zweiten Story behaupten, dass sie komisch sei, aber die Schauergeschichte verfügt auch über einen melancholischen Grundtenor. Es geht hier um den Fortschritt, die Moderne und darum, wie sie das "Alte", das Irrationale und romantisch Verklärte unbarmherzig verdrängen. Auch wenn die Mühen des Canterville-Geistes zum Schmunzeln anregen - und Wildes Seitenhiebe auf die Gesellschaft, die Amerikaner und andere Themen dies verstärken -, hat man doch Mitleid mit dem Gespenst und kann nachvollziehen, wie es ist, wenn man nicht mehr gebraucht wird, wenn die Welt sich viel zu schnell ändert, als dass man mithalten könnte.
Die darauf folgenden Märchen jedoch unterscheiden sich grundlegend von den ersten beiden Geschichten. Der ironische Witz ist verschwunden, die Sprache ist immer noch sehr schön, aber weniger flott, sondern nun auch ganz in einem märchenhaft-leichten Stil. Die Motive sind moralische, teilweise christliche, die Kritik am Adel tritt in den Hintergrund. Es geht um den typischen Konflikt zwischen Gut und Böse, um (Nächsten-)Liebe, Aufopferung, Materialismus und Egoismus. Glücklicherweise verdeutlicht Wilde zwar seine Intention, macht dies aber sehr subtil, er mahnt nicht, klagt nicht an, schwingt nicht die metaphorische Moralkeule, sondern erzählt einfach seine anrührenden Geschichten.
"Lord Arthur Saviles Verbrechen" ist eine gelungene Zusammenstellung von Erzählungen und Märchen des irischen Autors Oscar Wilde. Nicht nur der Inhalt des Buches überzeugt, auch die hochwertige Aufmachung des stabilen Hardcoverbandes mit dem Schutzumschlag und dem dicken, griffigen Papier ist eine Freude für Sammler.