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Das Gesicht am FensterSo hatte sich Tikian, der geflohene Adlige aus dem Lieblichen Feld, den Söldnerdienst wohl nicht vorgestellt. Mit seinem Freund Gion, einem Bogenschützen, hat er sich den Söldnertruppen angeschlossen und ist in den tiefen Dschungel gezogen. Hier warten jedoch nicht nur der Feind, sondern auch die hier beheimateten Waldmenschen-Stämme, wie die Moha. Den geländekundigen Mohaha haben die schlecht ausgebildeten Söldner nichts entgegen zu setzen und nur durch einen Zufall gelingt ihnen die Flucht vor dem sicheren Tod. Bald finden sich die zwei Freunde und die neue Liebe Gions, die Magierin Elena, in Al´Anfa wieder, wo sich ihre Wege schnell trennen und jeder sein eigenes Schicksal antritt.
Während Elena, deren Liebe zu Gion wie verflogen ist, bei einem der Granden Al´Anfas eine Anstellung findet, landet Tikian auf der Straße der "Pestbeule des Südens", die ihm sogleich zeigt, dass sie ihren Namen verdient hat.
Gerade noch hat Tikian eine eher schlechte Nacht mit einer der vielen Huren der Stadt verbracht, schon wird er festgenommen und des Mordes an der Frau von letzter Nacht angeklagt. Doch noch schlimmer, er soll sie gehäutet haben. Wohl aufgrund dieser Grausamkeit ist es gänzlich aussichtslos, auf einen gerechten Prozess zu hoffen, und so findet sich Tikian bald auf dem staubigen Boden einer Arena wieder, wo er bis zu seinem Tod nur noch zur Unterhaltung der Bürger dienen soll. Doch lässt der Fechtmeister sich nicht so leicht unterkriegen und schlägt seinen ersten Gegner, verschont den zweiten, eine junge tapfere Frau. Beeindruckt vom Kampfstil und der Dickköpfigkeit des Fechters, ersteigert die Bordellbesitzerin Consuela diesen als Sklaven für ihr Haus.
Die Schicksale in Al´Anfa ändern sich schnell und so wird Tikian nicht Sklave, sondern bezahlter Wächter mit freiem Ausgang, sodass er seinem Ziel nachgehen kann, seine Unschuld zu beweisen. Auch gibt es Anzeichen, dass sich sein - seit einem großen Brand verschollener - Großvater einst in dieser Region der Stadt aufhielt. Diese Erkenntnis fesselt sein Interesse und es zeigt sich, dass Tikians Ahne wohl auch etwas mit der Verschwörung gegen den Patriarchen zu tun hatte, und auch der große Brand im so genannten Schlund scheint noch nicht vollends aufgedeckt zu sein.
Die Schwierigkeiten nehmen zu, als auch die "Hand Borons" auf ihn aufmerksam wird und sich gestört fühlt. Ein Kopfgeld wird ausgesetzt und nach einem Streit mit Gion scheint sich nicht nur ein verwirrter Moha für seinen Kopf zu interessieren.
Die Nacht der SchlangeAl´Anfa kämpft gegen eine kaum zu bremsende Seuche. Gion, der Bogenschütze, kehrt zurück und wird als Mitglied der Garde sofort mit den Auswirkungen der um sich greifenden Krankheit konfrontiert. Doch die Garde plagt noch ein ganz anderer Fall.
Im Schutt eines dunklen Hinterhofes findet man den Gardeoffizier Salpicio. Ein Schnitt durch die Kehle scheint ihn das Leben gekostet zu haben. Doch dieser Schein trügt. Ein Anatom findet heraus, dass sein Ableben durch eine Balestrina hervorgerufen wurde. Die gesundheitlich angeschlagene Offizierin Alara Olibano nimmt sich des Falles an und versucht mit ihrem neuen Assistenten und Vertrauten des toten Kollegen den Grund des Mordes und des Vertuschungsversuchs aufzudecken. Die Ermittler erfahren, dass der junge Offizier zu tief in die Machenschaften einflussreicher Personen verstrickt war und sich besonders für die Villa des Markud interessierte. Alara ist dieser Mann nicht unbekannt. Ihr Todfeind brachte sie einst zu einer grausamen Wette, die einen Wettstreit über Leben und Tod mit sich brachte. Markud gerät in den Mittelpunkt der Verdächtigungen, doch scheint der neue Assistent wichtige Informationen nicht weiter zu geben.
Während der Ermittlungen scheitern zunehmend die Vertuschungsversuche, dass die Pest die ganze Stadt bedroht. Immer mehr Erkrankte werden auf die Sklaveninsel in meist todbringende Quarantäne gebracht. Der Patriarch hofft auf den Beistand Borons, während Alara herausfinden muss, dass eine Gesandte Borbarads in der Stadt ist und wohl viel mehr hinter der grausamen Krankheit steckt.
Die Zeit drängt, doch machen es die eigene Krankheit, die Geheimnisse und die Pest Alara zunehmend schwerer mehr herauszufinden oder gar die Sache aufzudecken. Die Lage spitzt sich gefährlich zu.
"Das Gesicht am Fenster" ist der Aufhänger für eine gelungene Kriminalgeschichte inmitten al´anfanischer Gegebenheiten. Wie man von Bernhard Hennen erwarten kann, wird die fast fehlerfreie Geschichte durch genaue und gut eingefügte Beschreibungen der Figuren und Lokalitäten bereichert. Trotz einiger Fehler (Heisnde statt Hesinde; Bronos statt Borons und kleinere Tippfehler, sowie Mohas statt Mohaha) ist somit ein flüssig zu lesendes Stück entstanden, welches durch unerwartete Wendungen, wie die Befreiung Tikians aus der Arena, durchgängig spannend bleibt.
Zwischenzeitlich wird die Geschichte etwas anspruchsvoller und nur langsam versteht man die Zusammenhänge des großen Brands und dem Treiben im Haus der Consuela. Zusätzlicher Anspruch wird durch die insgesamt vier gleichgestellten Erzählstränge gefordert, was die Geschichte abwechslungsreich wirken lässt.
Leider kommen die Empfindungen der Charaktere entgegen anderer Werke Hennens hier etwas zu kurz, was sich bei einer Kriminalgeschichte aber durchaus entschuldigen lässt, zumal sie sehr gelungen ist.
Ein spannendes und unvorhersehbares Kriminalstück in einem hervorragend dargestellten Al´Anfa mit all seinen Vor- und Nachteilen. Wie gewohnt erfreut Bernhard Hennen mit konsequenter Logik und schönen Beschreibungen, auch wenn die Geschichte teilweise etwas suspekt erscheint. Eine gelungene Mischung aus guter Feder.
Der Kriminalroman zeigt sich als Hommage an Friedrich Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker" und sogar darüber hinaus. Es scheint fast eine Kopie des Werkes Dürrenmatts zu sein, die in den aventurischen Hintergrund eingefügt wurde. Selbst kleine Details tauchen in "Die Nacht der Schlange" fast eins zu eins wieder auf. So leidet Alara nicht nur an der gleichen Krankheit wie Kommisar Bärlach, auch Kleinigkeiten wie der angriffslustige Hund, der hier durch einen Löwen ersetzt wird, oder die Details der Wette zwischen Alara und Markud sind zu finden. Möglich ist darüber hinaus, dass man fast identische Sätze in beiden Werken findet.
Natürlich gibt es auch neue Elemente, wie die Pest-Seuche in Al´Anfa und das Handeln einiger Hohen. Doch auch hier muss man Abstriche machen, da derartige Beschreibungen und Handlungsstränge lediglich in Nebengeschichten zu finden sind. Zwar gelingt es Hennen wieder einmal ein gutes Bild der Umgebung und der Personen zu erzeugen, jedoch muss man den eigentlichen Erfolg der Geschichte einzig und allein Dürrenmatt zuschreiben. Einwürfe des Autors, wie der Kampf der Stadt gegen die Pest oder das Wirken Borbarads und der Götter sind entgegen der von Hennen bekannten Art eher farblos und oberflächlich.
Ein Vorteil jedoch besteht in der Verknüpfung von Hintergrundwissen mit einer guten Geschichte und Einstreuungen von stimmigen Details aus der aventurischen Welt.
Eine Beurteilung dieses Werkes fällt denkbar schwer, da man von Hennen in diesem Fall enttäuscht sein darf. Auf der anderen Seite wird dem Leser eine wahrlich gute und durchdachte Geschichte mit detailgetreuem Hintergrund dargelegt. In Endeffekt muss man sagen, dass der Roman interessant und spannend ist, auch wenn man aus literarischer Sicht nicht allzu viel Befriedigung erhält. Hätten es Dürrenmatt und Hennen zusammen geschrieben, wäre es wohl ein Bestseller geworden. So bleibt es ein interessantes Experiment in Form eines aventurischen Abklatsches.
Der Sammelband über die zwei aventurischen Kriminalromane weist gegenüber den Einzelwerken vor allen einen preislichen Unterschied auf. Eine konkrete Verbindung zwischen den Werken ist zwar nur durch die Person Gions gegeben, dennoch ist die Entscheidung für den Sammelband aufgrund des gleichen Genres gut getroffen. Leider gehen die individuellen Bilder des Covers dafür verloren und wurden durch ein romanfremdes Bild ersetzt.
Ein großer Vorteil des Doppelbandes besteht in der Einheit des Handlungsortes Al´Anfa, sodass ein noch besserer Eindruck der Stadt und des Lebens in ihr entsteht. Auch der romanbezogene Glossar, der neben dem Personenregister und dem Glossar über aventurische Einheiten und Götter aufgeführt ist, sowie die zwei Karten von Aventurien und der Stadt sind beibehalten worden und vermitteln dem Leser einen sehr guten Überblick. Gesamt bleibt somit zu sagen, dass dem Sammelband der Vorzug vor den Einzelbänden zu geben ist, da er somit die Vorzüge der Romane vereint und auch preislich in einem besseren Rahmen liegt. Ein schönes Werk, welches eine Ausnahme des Roman-Standards darstellt und dabei Krimi mit aventurischem Hintergrundwissen vermischt.