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Das liebste Nachschlagewerk eines Rollenspielers ist neben dem Zauberbuch der Ausrüstungs- oder präziser Waffenkatalog eines Rollenspielsystems. Hierin finden sich all die netten Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände, die einen Spielercharakter erst komplett machen. Egal ob Fantasy oder Cyberpunk, jedes Genre kann mit seinen eigenen Gefahren aufwarten, gegen die man sich mit dem entsprechenden Gerät schätzen muss. Das Rollenspiel, bei dem man jedoch am wenigsten mit einem Waffenkatalog rechnen würde, ist Cthulhu. So weiß doch jeder Rollenspieler, der schon einmal in Lovecrafts Welt unterwegs war, dass man gegen den dortigen Schrecken nicht wirkungsvoll mit Waffengewalt vorgehen kann. Dennoch ist ein solches Ausrüstungsbuch für Cthulhu nun von Pegasus-Spiele veröffentlicht worden, und es trägt den lakonischen, aber zutreffenden Titel "Waffenhandbuch".
Wobei - als Handbuch kann man diesen Wälzer beileibe nicht bezeichnen. Auf den knapp 300 Seiten, die sich zwischen den beiden stabilen Buchdeckeln befinden, vermag der Leser nahezu alles zum Thema Waffen im Cthulhu-Rollenspiel entdecken. Der Rückentext betont dabei, dass die hier verzeichneten Waffen alle Epochen der Menschheitsgeschichte umfassen, sowie jeder Waffentyp en Detail und oftmals mit Illustration beschrieben ist.
Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis unterstreicht dieses Vorhaben. In 14 Kapitel plus Anhang und zwei Indices nach Waffenart und Alphabet ist der Band aufgeteilt. Auch das folgende Vorwort von Chefredakteur Frank Heller bringt weiteren Aufschluss. Waffenkatalog will der Band sein, weil er ein Verzeichnis von insgesamt 1.328 Waffen darstellt, von denen jeder Waffentyp mit Illustration, technischer Beschreibung und Spielwerten für Cthulhu versehen ist. Darüber hinaus nimmt sich der Band aber auch der spielrelevanten Fragen rund um das Thema Waffen an, zum Beispiel welches Waffenrecht während der drei großen Cthulhu-Epochen jeweils in Deutschland und den USA herrschte.
Nach diesem Prinzip gliedern sich die einzelnen Kapitel des Waffenhandbuchs auch in zwei Bereiche. Nach einem kurzen einleitenden Kapitel zum Thema Waffeneinsatz bei Cthulhu, Waffenpreisen und Verbergen von Waffen folgen zehn Kapitel detaillierter Waffenbeschreibungen. Die einzelnen Kapitel sind nach Waffengattungen aufgeteilt, also Nahkampfwaffenwaffen, Fernkampfwaffen, Handfeuerwaffen, Schrotgewehre und so weiter. Damit sind bereits 255 von 300 Seiten gefüllt. Das folgende Kapitel "Waffenkauf und Waffenrecht" befasst sich mit der Frage, was alles berücksichtigt werden muss, um seinen Spielercharakter in der entsprechenden Epoche legal (oder illegal) mit einer Waffe auszustatten. "Die Wesen des Mythos und ihre Waffen" heißt das nächste Kapitel. Auf acht Seiten finden sich eine Reihe kurioser Waffentypen, die man als Spielleiter den unheimlichen Gegnern seiner Spieler in die Hand drücken kann. Das letzte Kapitel "Arsenale" widmet jeder in Cthulhu wichtigen Polizei- und Militärorganisation sowie Geheimdienst einen Absatz über die dort gebräuchlichen Waffenarten. Abgerundet wird der Band von einer zweiseitigen Kopiervorlage eines Waffenscheines für die 1920er sowie den bereits erwähnten Anhängen.
Bereits nach kurzer Zeit der Lektüre steht fest, dass das Waffenhandbuch seinem Anspruch, sowohl Waffenkatalog als auch mehr zu sein, gerecht wird. Selten hat man eine derartige Vielfalt und Detailgenauigkeit in einem Rollenspielprodukt zum Thema Waffen gesehen. Dies verwundert auf der anderen Seite nicht, ist Cthulhu doch neben GURPS eines der wenigen Systeme, das versucht, das Leben in einer realistischen Welt zu simulieren. Aber auch mit den theoretischen Kapiteln kann der Band punkten. Endlich erhält der Cthulhu-Spieler umfassende Informationen zum Umgang mit Waffen in der Gaslichtepoche, den 1920ern oder der Gegenwart - denn wie viele Laien können von sich behaupten, über unser heutiges Waffenrecht in Deutschland und den USA derart Bescheid zu wissen, dass sie effektiven Nutzen für ihr Spiel daraus ziehen können? Wann kann ich einen Waffenschein beantragen? Wie muss ich laut Gesetz meine Waffe(n) aufbewahren? Welche Waffen darf ich in welchem Fall mit mir führen? Das hilfreiche Prinzip des "Cthulhu Now"-Bandes, fundierte Informationen über Bereiche zu liefern, die man als normaler Mensch nie bis selten, im Rollenspiel aber ständig benötigt, wird mit dem Waffenhandbuch konsequent weitergeführt. Einzig das Kapitel über die Waffen der Mythoswesen wirkt zwischen all der Realität etwas fehl am Platze und man stellt sich die Frage, ob die dreizehn hier vorgestellten Gerätschaften nicht in der kommenden Neuauflage des Malleus Monstrorum besser aufgehoben wären.
Damit kommen wir zur Frage der Relevanz dieses Bandes. Auf der einen Seite ist man geneigt, ob der enthaltenen Informationen sofort eine uneingeschränkte Kaufempfehlung auszusprechen. Doch dann gerät man etwas ins Grübeln. Zum einen ist der Preis von fast 40 Euro kein Pappenstiel. Zwar erhält man - wie beim deutschen Cthulhu nicht anders zu erwarten - gute Qualität für sein Geld. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob die 40 Euro nicht sinnvoller in einen anderen Band, zum Beispiel eine neue Kampagne, angelegt werden sollten. Effektiv nutzen wird eine Spielrunde den Inhalt des Waffenhandbuches kaum. Die Grundbewaffnung einer Gruppe wird sich im Laufe des Spiels selten großartig ändern, automatische Waffen sind in der Regel professionellen Militärs vorbehalten und schweres Gerät zur Bekämpfung von Mythoswesenheiten wird wahrscheinlich nur einmal zum großen Finale einer Kampagne verwendet.
So wünschenswert die Komprimierung aller Informationen zu einem Thema in einem Band auch sein mag, so zweifelhaft scheint sie in diesem Fall. Der Bereich Waffen ist für Cthulhu nicht relevant genug, um dafür einen dicken Wälzer für 40 Euro zu erwerben. So hätten sich die Kapitel zum Thema Waffenkauf, Waffenrecht und Arsenale sicher auch gut ins kommende Handbuch für Ermittler integrieren lassen, sowie die Mythoswaffen in den Malleus Monstrorum. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, diesen Band universeller zu gestalten und ihn als allgemeines Waffenhandbuch für Rollenspiele zu konzipieren. Für Cthulhu alleine scheint es in diesem Fall jedoch zuviel des Guten zu sein.
Eine abschließende Bewertung des Waffenhandbuchs fällt somit erwartungsgemäß schwer. An der Qualität des Bandes gibt es nichts zu rütteln. Das Cthulhu-Team von Pegasus-Spiele hat zum erneuten Male Spitzenarbeit bei der Zusammenstellung dieser Spielhilfe geleistet. Der einzige Vorwurf, den man ihnen machen kann, ist, dass sie diesmal übers Ziel hinausgeschossen sind. Wer die 40 Euro für diesen Band übrig hat, sollte daher nicht zögern und ihn sich zulegen. Rollenspieler, die etwas knapper bei Kasse sind, sollten sich jedoch gut überlegen, ob sie ihr Geld nicht lieber in eine Spielhilfe investieren wollen, die mehr effektiven Nutzen für ihre Gruppe bringt.