Hikaru hat sich gerade erst daran gewöhnt, die Assistentin des berühmten, wunderschönen Models Izumi zu sein, von dem alle denken, es sei ein Mädchen, während es eigentlich ein Junge ist, da sorgt ein neuer Lehrer an ihrem Internat für Wirbel. Herr Ayase, der junge und gut aussehende Enkel der Direktorin, ist gar nicht begeistert von der Sonderbehandlung, die Izumi gestattet wird. So reagiert er auch verständnislos, als Izumi und Hikaru zu seiner ersten Unterrichtsstunde zu spät kommen, weil sie gearbeitet haben. Da er Izumi nicht bestrafen kann, weil sie beziehungsweise er eine Genehmigung hatte, muss Hikaru allein die Strafe auf sich nehmen. Eine Woche lang muss sie nun jeden Morgen die Schulkapelle putzen.

Entgegen den Erwartungen des Lehrers geht das junge Mädchen der Aufgabe fleißig und pflichtbewusst nach, ohne sich zu beklagen. Ayase erkennt, dass Hikaru nicht nur im Fahrwasser von Izumi Aufmerksamkeit heischen will oder sich mit ihr abgibt, weil sie ein Star ist, sondern weil sie aufrichtige Zuneigung zu dem Model empfindet. Auch Hikaru wird klar, dass Herr Ayase hinter der strengen Fassade ein guter Mensch ist, schon bald entwickelt sie Gefühle für ihn, die er scheinbar erwidert, auch wenn er es nicht zeigen will und darf. Izumi plagt derweil ein ganz neues Gefühl: Eifersucht. Die Ereignisse spitzen sich zu, als Izumi und Hikaru an ein Filmset fahren müssen und dort auch auf Ayase treffen ...

Der zweite Band von "I’m no Angel!!" beginnt genau wie der erste: mit viel Humor, aber auch einem ernsten Fokus auf das Gefühlschaos der Protagonisten. Während sich jedoch der erste Teil primär um die Beziehung zwischen Hikaru und Izumi drehte, die ständig zwischen Abscheu, Freundschaft und zarter Verliebtheit schwankte, kommt nun Tsukasa Ayase hinzu, ein ganz anderer Charakter. Er bildet einen Kontrast zu Hikaru, die ihr Herz auf der Hand trägt und von der der Leser ganz genau weiß, was sie fühlt. Dagegen bleibt der ernste, pflichtbewusste Ayase meist ein Rätsel. Man kann nie genau abschätzen, wie er reagieren wird, wie er zu den anderen Figuren steht und was die Motivation hinter seinen Handlungen ist, und das macht ihn zu einem ungemein spannenden Charakter. Zudem gibt es Andeutungen bezüglich seiner Vergangenheit, die neugierig darauf machen, was in den nächsten Bänden noch über ihn enthüllt werden könnte.

Auch Izumi wird hier in einem neuen Licht dargestellt: Er hat mit seinen Komplexen zu kämpfen, alle sehen ihn nur als Mädchen und er befürchtet, dass auch Hikaru manchmal vergisst, wer er eigentlich ist. Außerdem nagt an ihm, dass er sie in der Gestalt eines Mädchens nicht beschützen kann - im Gegensatz zu Ayase. Aber Izumi braucht das Geld, das er als Model verdient, und so bleibt ihm keine andere Wahl, als weiterhin seine Rolle zu spielen.

Die intensive und meist glaubhafte Charakterzeichnung gelingt der Mangaka Takako Shigematsu wie kaum einer anderen. Die Figuren, die sie erschaffen hat, wirken so lebendig und sympathisch, dass es nicht schwer fällt, mit ihnen zu leiden und sich zu freuen, wenn ihnen einmal Glück widerfährt. Besonders die tollpatschige und sehr verletzbare Hikaru gewinnt das Herz jedes Lesers und bietet darüber hinaus eine Menge Identifikationspotenzial.

Auch die Zeichnungen sind wieder sehr gelungen. Ohne viele Schnörkel kommt das Artwork aus und wirkt dennoch detailverliebt und sehr ästhetisch. Das Design der Figuren entspricht einem typischen Shojo-Manga und spricht somit eher die weibliche Leserschaft an. In diesem Band kommt deutlich mehr Rasterfolie zum Einsatz, um Stimmungen und Gefühle zu vermitteln, aber dies passt immer gut in den Kontext der Geschichte und wirkt nie übertrieben oder lenkt zu sehr von den Figuren ab.

Der zweite Band von "I’m no Angel!!" ist noch einmal eine Steigerung gegenüber dem ersten, denn hier zeigen sich mehr Ideen, die nicht nur gut, sondern auch unverbraucht sind, und die Geschichte erhält mehr Tiefe. Damit liegt hier eine gelungene Shojo-Mangareihe vor, die geschickt eine einfühlsame, anrührende Geschichte mit viel Humor und Charme verbindet. Man sollte diesen Band nicht in der Öffentlichkeit lesen - es besteht die Gefahr, im Minutentakt in lautes Lachen auszubrechen und kurz darauf wieder hemmungslos zu schluchzen, wenn die Handlung eine dramatische Wendung nimmt.