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 Sturmhöhe

Autoren: Emily Brontë
Übersetzer: Gisela Etzel
Verlag: Aufbau Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Mr. Earnshaw, der alte Gutsherr von Wuthering Heights, hat von einer Reise eine ganz besondere Überraschung für seine Familie mitgebracht: einen kleinen Jungen, den er in den Elendsvierteln von Liverpool aufgelesen hat. Heathcliff, so nennt man den schmutzigen Burschen, stößt anfangs auf wenig Liebe seitens der Familie, die sich darüber empört, dass sie einen "Zigeunerjungen" aufnehmen soll. Die leiblichen Kinder Earnshaws, Catherine und Hindley, necken den Jungen, sogar die Bediensteten mögen ihn nicht. Nur Mr. Earnshaw hat sein Herz an den verschlossenen Heathcliff verloren, der nie Zuneigung oder Dankbarkeit zeigt.

Schon nach kurzer Zeit findet sich die Familie mit dem neuen Sohn ab. Cathy empfindet bald aufrichtige Sympathie für Heathcliff und kurz darauf sind beide unzertrennlich, hecken gemeinsam jeden Streich aus, halten immer zusammen, welche Strafe auch droht - tatsächlich ist die einzig wirksame Strafe, beide voneinander zu trennen. Nur Hindley hegt weiterhin einen Groll gegen Heathcliff, der vor allem darin begründet liegt, dass Mr. Earnshaw den Adoptivsohn seinen leiblichen Kindern vorzieht. Als der alte Herr jedoch einige Jahre später stirbt, lässt Hindley seinem Zorn freien Lauf. Wuthering Heights fällt nun ihm und seiner jungen Frau zu und er tyrannisiert Heathcliff und Cathy, wo er nur kann. Ersteren lässt er nun wie einen Knecht erziehen, er verweigert ihm jegliche Bildung und lässt ihn den ganzen Tag lang arbeiten. Als Hindleys Frau stirbt, verfällt er der Trunksucht, und für Cathy und Heathcliff wird das Leben immer schwerer, nur einander haben sie noch. Als Cathy dann jedoch einen anderen Mann heiratet, um dem Elend von Wuthering Heights zu entgehen, hält Heathcliff nichts mehr. Er verschwindet für Jahre, kommt dann als gebildeter, reicher Mann zurück und nimmt schreckliche Rache an all seinen Feinden ...

"Sturmhöhe" ist das einzige Werk von Emily Brontë, die 1848, genau ein Jahr nach der Veröffentlichung des Buches, starb. Heute gehört das Werk zu den berühmtesten englischen Klassikern, ist aber nicht ganz so beliebt wie beispielsweise "Jane Eyre", der bekannteste Roman von Emilys Schwester Charlotte. Der Grund dafür liegt zum einen in der komplizierten Erzählweise des Buches - hier gibt es nämliche mehrere Ich-Erzähler -, zum anderen in den Figuren des Romans. Es gibt hier niemanden, der wirklich Identifikationspotential bietet oder mit dem man sympathisieren könnte. Cathy ist egoistisch, hochmütig und launisch. Heathcliff ist leidenschaftlich, jähzornig, arrogant und außer Cathy gibt es keinen Menschen, den er mag. Linton, Cathys Ehemann, ist schwächlich, feige und hat kein Durchsetzungsvermögen, besonders gegenüber seiner Frau. Man kann mit diesen Figuren nicht lieben, denn ihre Liebe ist rücksichtslos und destruktiv, und man kann mit ihnen nicht leiden, denn ihr Leid ist stets selbst verschuldet.

Trotzdem ist "Sturmhöhe" ein Buch, das einen intensiven Sog entwickelt. All die Intrigen, die überraschenden Wendungen, die leidenschaftlichen Gefühle machen die Lektüre vielleicht nicht angenehm, aber ungemein spannend. Zudem ist beachtlich, dass Brontë ihrer Zeit so weit voraus war. Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren ihrer Epoche hat sie ein Buch geschrieben, das frei von moralischen Wertungen ist. Ein Buch zudem, das sich primär mit der Natur des Menschen befasst, das die animalische, bösartige, eigennützige Seite des Menschen beleuchtet und dies mit einer psychologischen Tiefe, die ganz erstaunlich ist, bedenkt man, aus welcher Zeit es stammt. Auch die sonderbare Struktur des Romans und die Verknüpfung mit einigen Schauerelementen machen "Sturmhöhe" zu etwas Besonderem.

Die vorliegende Übersetzung von Gisela Etzel wurde durchgesehen von Ilka Saal und Gerhard Wolf und "behutsam modernisiert". Diese Modernisierungen fallen aber glücklicherweise gar nicht auf, sprachlich merkt man immer noch deutlich, dass man einen Klassiker in der Hand hält.

Fazit:
Emily Brontës Werk kann man lieben oder hassen - in jedem Fall hinterlässt es einen bleibenden Eindruck. Die tragische Geschichte, die mit Liebe weniger zu tun hat als mit Leidenschaft und Zerstörungswut, ist fesselnd und hält viele Details bereit, die man erst zu schätzen weiß, wenn man das Buch mehrmals gelesen hat. "Sturmhöhe" ist einer der wenigen viktorianischen Romane, die frei von moralischer Wertung sind, die nicht die Gesellschaft thematisieren, sondern die Natur des Menschen, und die zudem auch noch einen abstoßenden, bösartigen Helden haben. Ein damals progressives, heute immer noch sehr lesenswertes Buch.

Linda Dannenberg



Softcover | Erschienen: 01. August 2008 | ISBN: 9783746661162 | Originaltitel: Wuthering Heights | Preis: 9,95 Euro | 397 Seiten | Sprache: Deutsch

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