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 Propaganda

Die Kunst der Public Relations

Autoren: Edward Bernays
Übersetzer: Patrick Schnur
Verlag: Orange Press

Cover
Gesamt ++++-
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Edward Bernays, ein Neffe Sigmund Freuds und mit dessen Theorien bekannt, ist eine der bedeutendsten historischen Personen im Feld der Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations. Der Verlag orange press hat sein 1928 erschienenes Buch "Propaganda" nun erstmals als deutsche Übersetzung veröffentlicht. Bernays Ziel scheint vordergründig vor allem die Rehabilitation des Begriffes "Propaganda" zu sein, der nach dem Ersten Weltkrieg eine negative Konnotation annahm.

Für Bernays ist Propaganda zunächst einmal ein neutraler und wertfreier Begriff, der einen organisierten Versuch bezeichnet, bestimmte Ideen und Lehren in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Propaganda solle, so der Autor, nach seinen Zielen und dem Wahrheitsgehalt der Informationen beurteilt werden. In diesem Sinne geht Bernays auch immer wieder auf die ethische Verantwortung des Propagandisten ein. Doch wirklich überzeugend ist sein Rehabilitationsversuch nicht. Bereits die ersten Sätze seines Buches verursachen dem aufgeklärten Leser unserer Zeit ein unangenehmes Frösteln: "Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land."

Frösteln lässt einen weniger die darin beschriebene Aussage, als vielmehr die Art und Weise wie Bernays den Leser davon zu überzeugen versucht, dass Manipulation gut und wichtig ist. Nach Meinung des Autors ist Propaganda, und damit die Manipulation der Massen, für eine demokratische Gesellschaft unerlässlich. Organisation und Fokussierung der öffentlichen Meinung sind nötig, damit die Gesellschaft nicht im Chaos der Vielfalt versinkt und somit quasi handlungsunfähig wird. Aber nicht nur für das politische System ist Propaganda wichtig und nötig, sondern auch für die Wirtschaft. Die Gesellschaft hat sich für den freien Wettbewerb entschieden und damit dafür, über Propaganda und Meinungsmanagement gesteuert zu werden. In Zeiten der Massenproduktion muss der Warenumsatz konstant gehalten oder besser noch gesteigert werden, damit die Produktion profitabel ist. Wäre lediglich der Preis für die Kaufentscheidung bedeutsam, würde das zu einem "mörderischen Verdrängungswettbewerb" führen, der erst beendet wäre, wenn die Marge auf Null geschmolzen wäre. Während es zu Bernays Zeiten durchaus üblich war, dem Kunden in Werbeanzeigen ein Produkt "verkaufen" zu wollen, kehrt Bernays - ebenso wie die heutigen Public-Relations-Berater - den Prozess um, indem sie den Kunden so manipulieren, dass er von sich aus zum Händler geht und ein bestimmtes Produkt kaufen will - einfach weil es schick ist oder modern, weil es bestimmte unbewusste Sehnsüchte zu befriedigen scheint oder weil scheinbar unabhängige Dritte sagen, dass es gesund ist und so weiter. Doch Bernays widmet sich der Propaganda nicht nur im politischen und wirtschaftlichen Umfeld, sondern ebenso in der Frauenbewegung, Bildung, Wissenschaft und im Sozialwesen.

Bernays "Propaganda" ist ein zeitloses Buch, dass die Grundmechanismen der Public Relations anschaulich und anhand vieler Beispiele erklärt. Nach achtzig Jahren hat es nichts von seiner Gültigkeit verloren, auch wenn die darin beschriebenen Strategien zur Manipulation der öffentlichen Meinung im Laufe der Jahre verfeinert wurden. Die Beispiele stammen zumeist aus Bernays Arbeit als Berater und helfen seine Aussagen zu illustrieren. Der Autor vermittelt keine detaillierten Anleitungen, wie ein Public-Relations-Berater vorzugehen hat, sondern allgemeine Strategien und Überlegungen. Aufgeklärte Leser wird es nicht erschrecken, dass unsere heutige Gesellschaft funktioniert, wie in einem Buch aus dem Jahr 1928 beschrieben. Die Naivität aber oder auch Kaltschnäuzigkeit, mit der Bernays von der Manipulation der Massen spricht und sie als etwas Positives, ja Nützliches propagiert, wird es schon eher. Mit einem gewinnenden Lächeln und scheinbarem Wohlwollen gibt er das Ideal der Aufklärung auf.
An sich verhält es sich mit dem Begriff "Manipulation" wie mit dem Begriff "Propaganda", er hat eine negative Konnotation und seine ursprüngliche Bedeutung verloren. Doch selbst wenn man die Begriffe wertneutral einsetzt, ist das, was Bernays beschreibt, unbewusste Einflussnahme auf die Öffentlichkeit, die sich, ganz fatalistisch gesehen, nur zu gerne einer nebulösen Führung unterwirft, die ihre unbewussten Triebe und Sehnsüchte kanalisiert und steuert.

Für aufgeklärte Leser eine lesens- und empfehlenswerte Lektüre, die Mechanismen der Einflussnahme beschreibt und seinen Reiz aus der immer noch währenden Gültigkeit bezieht.

Katja Maria Weinl



Softcover | Erschienen: 01. Oktober 2007 | ISBN: 9783936086355 | Preis: 16,90 Euro | 158 Seiten | Sprache: Deutsch

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