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 Frau Wirtin hatte einen Knecht

Wie unsere Großeltern ferkelten

Autoren: Peter Thomas
Illustratoren: Peter Fendi
Verlag: Eulenspiegel

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis


Heutzutage ist Pornographie allgegenwärtig. Nur einen Klick im Internet ist man davon entfernt, sich alles Mögliche anzusehen, nur einen Schritt in die Ü18-Abteilung der Videothek davon entfernt, sich mehr oder minder Geschmackvolles auszuleihen. Aber wie war das früher - als es noch kein Internet gab, als selbst der Playboy noch Himmelsmusik war und man gewisse Worte noch nicht mal denken sollte, wollte man zur feinen Gesellschaft gehören? Doch Pornographie ist universal, es gab sie schon immer und - allen Vorwürfen des Sittenverfalls und der Bekämpfung derselben zum Trotz - wird es sie auch immer geben. Unsere Großeltern mögen nicht die Fülle der uns heute zur Verfügung stehenden Mittel besessen haben - doch "geferkelt" wurde schon immer.

"Folklore unter der Gürtellinie" - das enthält "Frau Wirtin hatte einen Knecht". Abgedruckt sind Reime und Volkslieder, die sich nur um das Eine drehen. Da sich kaum Verleger für so etwas fanden - wenn doch, wurde heimlich gedruckt -, verwundert es nicht, dass viele der gesammelten Werke nur mündlich weitergetragen wurden und somit auch vieles in der Versenkung verschwand.
Das Buch ist in einige kontextuelle Kapitel eingeteilt. "Vorfreude" bildet das Vorwort, die Erklärung der verwendeten Begrifflichkeiten und Angaben über die, zumeist unbekannten, Verfasser.
"[Der] großen Balladen" gibt es drei: Frau Wirtin, Der Pyramidenbau des Ramses sowie Bonifazius Kiesewetter. Diese haben ebenjene drei Personen zum Mittelpunkt, aus deren Leben Episoden bereimt werden. "Zu Wasser und zu Lande" trieben es die Soldaten und Bauern. "Kennerlyrik" sammelt dann alles Mögliche: Sowohl um Gottesdiener als auch um Tierliebe geht es hier. Sinn-, Merk- sowie Trinksprüche finden sich dann im "Sprüchebeutel", um Witze und Rätsel geht es im "Nachspiel". Als Zugabe gibt es dann einen Auszug aus Hanswurst Hochzeit, einem Entwurf von Goethe, den er aus bestimmten Gründen nie vollendete, sowie ein kleines Register Lateinisch-Deutsch, das für die klinischen lateinischen Namen für Genitalien und Sexpraktiken eine Reihe deutscher Ausdrücke präsentiert.
Zusätzlich finden sich im Buch Zeichnungen von Peter Fendi, die nicht viel der Phantasie überlassen.

Für zarte Gemüter ist dieses Buch nicht gedacht. Viele der Reime und Lieder wurden vom gemeinen Volk kreiert, es mangelt nicht an vulgären und obszönen Ausdrücken. Da wird nichts versteckt und Tacheles geredet. Die Reime, denn so ziemlich alles bis auf die Witze ist gereimt, sind mal mehr, mal weniger gelungen. Es findet sich auch das eine und andere dialektsprachliche Juwel, es ist bunt gemischt.

Wer sich für die Geschichte der Erotik im weitesten Sinne interessiert, dem wird dieses Buch sicherlich gefallen. Allzu prüde sollte man jedoch nicht sein, mit Kraftausdrücken wird in den Reimen nicht gespart - dieser Tatsache sollte man sich bewusst sein. Lässt man sich jedoch darauf ein, stellt man fest, dass der "Sittenverfall" eigentlich keiner ist. Nur die Tabus, die Dinge, die früher unaussprechlich waren, die darf man heute auch in Gesellschaft erwähnen. Doch Sauereien, das beweist dieses Buch, die gab es schon immer.

Sabine Hunsicker



Hardcover | Erschienen: 01. August 2008 | ISBN: 9783359022152 | Preis: 14,90 Euro | 224 Seiten | Sprache: Deutsch

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