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In "Mercenaries 2: World in Flames" schickt Electronic Arts den Spieler in tiefstes südamerikanisches Kriegsgebiet, in dem es - frei nach GTA-Manier - gilt, Aufträge abzuwickeln, Geld zu verdienen und den eigenen Charakter zur waffenstarrenden Ein-Mann-Festung aufzurüsten.
Die Story des Spiels ist ebenso flach wie zweckmäßig (und nimmt sich glücklicherweise selbst nicht ernst): Der Milliardär Ramon Solano will die Regierung des Landes Venezuela mittels eines Putschs übernehmen, heuert einen Söldner an und schießt selbigem nach getaner Arbeit in den Hintern statt zu bezahlen, weil man schließlich nicht Milliardär wird, wenn man unnötig Geld zum Fenster rauswirft und weil der Protagonist ja irgendeinen Vorzeige-Grund braucht, um das Land in Schutt und Asche zu legen.
Bevor man aber die erste Mission beginnt, darf man aus drei Figuren seinen Lieblingssöldner wählen, den man durchs gesamte Spiel begleitet: Mattias, den ganzkörpertätowierten Wikinger, Christopher, den muskelbepackten Schwarzen, oder die hübsche Jennifer. Nachdem man von Solano hintergangen wurde, funktioniert man die in der ersten Mission gestürmte Villa kurzerhand in die eigene neue Einsatzbasis um und es gilt ab sofort, den Milliardär zu jagen, um sich für die Kugel im Allerwertesten und natürlich die damit einhergehende Schmach zu revanchieren.
Um dieses ehrbare Ziel zu erreichen, beschafft man sich bei verschiedenen Gruppierungen im Kriegsgebiet Arbeit und Ausrüstung und schaltet dabei auch immer mehr Bereiche der riesigen Spielwelt frei.
Das läuft ziemlich genau so ab wie bei GTA, will heißen: Überall auf der Karte sind Markierungen gesetzt, die entweder Kontaktpersonen darstellen oder Einsatzziele - wie und was man nun in welcher Reihenfolge angeht, bleibt einem komplett selbst überlassen. So rangeln sich im kriegsgeplagten Venezuela fünf verschiedene Parteien, die alle ihren eigenen Interessen nachgehen und dringend die Hilfe des Söldners benötigen, um ihre Vorherrschaft in einem Gebiet zu sichern oder zu erweitern. Da die Gruppierungen allerdings gegeneinander arbeiten, sollte man mit Bedacht wählen, welche Aufträge man annimmt, da man es sich schnell mit einer Partei verscherzen kann und bei dieser dann erst wieder Arbeit bekommt, wenn man sich mittels eines (teils hohen) Schmiergelds das Blut von den Händen wäscht.
Für den erfolgreichen Abschluss eines Jobs hagelt es nicht nur gehörig Dollar aufs Konto, oft gibt es eine weitere Kontaktperson - was wiederum mehr Jobs und mehr Geld bedeutet -, und außerdem gewährt einem der zufriedene Kunde Zugriff auf neue Waffen, Fahrzeuge und Utensilien aus dem hauseigenen Einkaufsparadies.
Die Aufträge sind bunt gemischt und decken ein breites Spektrum ab: Da gibt es ganz gewöhnliche Missionen im Stil von "Aufspüren und Töten", "Ein Gebiet von Feinden säubern" oder "Ein Gebiet samt Gebäuden dem Erdboden gleichmachen"; geschicklichkeitsbetonte Einsätze, in denen Laster mit wertvoller Fracht durch Kugelhagel gesteuert werden müssen, ohne die Ladung zu verlieren; Rennen, in denen man auch schon mal mit einem Monstertruck über einen Hindernisparcours heizt oder Minispiele, in denen man mit einem Helikopter Kisten aufeinanderstapelt oder auf einem Parkplatz, vollgestellt mit LKWs und Öltanks, größtmöglichen Schaden anrichtet.
Eine gute Portion Humor wurde nicht nur durch Sprüche klopfende Helden integriert, das Spiel glänzt auch durch viel Selbstironie: So muss man in einer der ersten Missionen ein Fahrzeug namens "Devastator" abholen - und findet am angegebenen Ort denn auch das zu erwartende monströse Vernichtungswerkzeug, einen gewaltigen Panzer. Frohlockend eingestiegen und zwei Meter weit gefahren, fällt das Augenmerk schnell auf das hinter dem Panzer geparkte rosa Moped ? namens "Devastator". Da bleibt nichts anderes übrig, als den Panzer zurückzulassen und mit dem Moped durch die Stadt zu gurken, während man sich des Spottes der Feinde und Passanten gewiss sein kann.
Je mehr Missionen man erledigt, desto größer wird die Palette der angebotenen Waren der Shops, in denen man sich mit der benötigten Ausrüstung eindecken darf. Hier gibt es allerlei Arten von Fahrzeugen, Waffen und Unterstützung: Es stehen zivile Vehikel zur Verfügung, dutzende Arten von Panzern, Helikoptern und Booten, es gibt Scharfschützenkits, einen reichhaltigen Fundus an Gewehren und großkalibrigen Wummen, Sprengstoffe, Raketenwerfer ? und vor allem variantenreiche Luftangriffe: 500 Pfund Bomben, die vom Kampfjetpiloten über dem Ziel ausgeklinkt werden, Artillerie-Angriffe, die Hochhäuser in Schutthalden verwandeln, Luftraumüberwachung, Panzerknacker oder großflächige Napalmbomben.
Und das Beste daran, all diese geballte Feuerkraft wird bei "Mercenaries 2" herrlich in Szene gesetzt: Selten sieht man in einem Spiel so pompöse Explosionen und Vernichtungsschläge, so gleißend hinreißende Infernos. Gastanks gehen spektakulär in Flammen auf, ganze Gebäudereihen und Stadtviertel brechen unter Raketenbeschuss in sich zusammen, Wälder werden brandgerodet und überhaupt gibt es nichts in diesem Spiel, was sich nicht durch den Einsatz einer gehörigen Portion Schwarzpulver in die Luft jagen ließe.
Sind die Explosionen echte optische Leckerbissen, lässt sich das von der Grafik leider nicht überall behaupten: Figuren, Zwischensequenzen und Texturen wirken antiquiert und können mit aktuellen Titeln nicht mithalten. Der Mangel wird jedoch durch die gigantische und unglaublich detailverliebte Spielwelt wieder wett gemacht. Ob das nun eine Bohrinsel mitten im Ozean ist, ein heruntergekommenes Rebellencamp auf einem Berggipfel oder ein Piratenlager am Meer, es wirkt alles liebevoll gestaltet und lebensnah, auch wenn nicht ständig so viele Personen durchs Bild wuseln wie beispielsweise bei einem GTA. Ein weiterer Anreiz, die hübsche Welt zu erkunden, sind die vielen kleinen Fundobjekte, die überall in der Landschaft herumliegen und nur darauf warten, vom eigenen Hubschrauber eingesammelt zu werden. So streift man nicht nur durch Hügellandschaften, Städte, Vorstädte, Dörfer und Vorposten, sondern kann den Ozean samt größerer und kleinerer Inseln per Boot erkunden oder mit einem Offroad-Bike durch den Amazonasdschungel brettern.
Was sich vom Spielprinzip her "Open World" nennt, muss sich natürlich mit dem Referenztitel GTA vergleichen lassen - und darf sich nicht wundern, wenn der Glanz dabei ein wenig verblasst. Denn so viele positive Aspekte "Mercenaries 2" auch bietet, so viele Kritikpunkte lassen sich im direkten Vergleich aufzählen: Die Spielwelt wirkt längst nicht so belebt wie Liberty City, die Grafik ist nur im Hubschrauber und mit Weitblick ein echter Genuss, die Kollisionsabfrage ist unsauber programmiert (da hängt schon mal ein Feind dort in der Luft, wo eben noch ein Gebäudedach gewesen ist), eine Story ist so gut wie gar nicht vorhanden und die Aufträge verlieren bald an Reiz und versumpfen irgendwann in Eintönigkeit. Die künstliche Intelligenz der Gegner bewegt sich zudem auf dem Niveau von Roggenbrot und wird allein durch deren zahlenmäßige Überlegenheit wieder in ein akzeptables Licht gerückt.
Trotz dieser Defizite schneidet der Titel im Vergleich allerdings nicht unbedingt schlechter ab - es ist lediglich eine Frage des Geschmacks, für welchen Spielertyp sich welches Spiel besser eignet: Wer mit dem Großstadtdschungel eines GTA nicht so viel anzufangen weiß und lieber echten Dschungel möchte mit weitläufigen, saftig grünen Landschaften, Flüssen und Wäldern, der ist bei Mercenaries besser aufgehoben. Und Pyromanen sowie Dekonstrukteure, die gern mal alles in die Luft jagen, was das Spielfeld hergibt, kommen hier sowieso voll und ganz auf ihre Kosten.
Der Schwierigkeitsgrad wurde im Mittelmaß angesetzt, mit der richtigen Ausrüstung und Unterstützung ist jede Mission gut zu bewältigen. So können auch Anfänger, die mit dem Genre wenig bis keine Erfahrung haben, durch ein wenig Erkundung schnell an Geld und Ausrüstung gelangen und sich so ihre Lebensversicherung in Form von Versorgungsabwürfen und externer Feuerkraft bereitstellen.
Obwohl die in Deutschland erhältliche Version bereits blutärmer ausfällt als das nicht geschnittene Original, geht es bei "Mercenaries 2" noch immer äußerst brutal zur Sache - wem schon GTA ein Stück zu hart war, sollte vielleicht vom Kauf absehen oder sich das Spiel erst einmal aus der Videothek ausleihen. Vom Umfang hat der Titel einiges zu bieten, und wer alle Haupt- und Nebenjobs erledigen und dazu noch die Welt komplett erkunden will, darf sich auf vierzig (und mehr) Stunden Spielspaß freuen.
Fazit: Die Grafik ist nicht das Gelbe vom Ei, Steuerung und Kollisionsabfrage können gelegentliche Frustmomente mit sich bringen, und die anfangs abwechslungsreichen Aufgaben werden nach einiger Zeit etwas eintönig. Aber: Es macht einfach wahnsinnigen Spaß, durch den Amazonasdschungel und die Vorstädte Venezuelas zu streifen und dabei alles, wirklich alles in Schutt und Asche zu legen. Wären die Mängel nicht derart eklatant, hätte es trotz der vielen Macken fünf Sterne gegeben, weil einfach der Spielspaß stimmt; so muss sich "Mercenaries 2" mit vier Sternen und dem Urteil "Super, aber nicht ganz ausgereift" zufriedengeben.