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Seit 1600 Jahren versteht es Venedig "die Perle der Adria", ihre Besucher zu verzaubern. Darunter befinden sich viele berühmte Künstler wie Thomas Mann, Jean Paul Sartre und Charles Dickens, die der Stadt in ihrem Werk ein Denkmal setzten oder sie in ihren Reiseberichten und Tagebüchern erwähnten. Sie ist der Schauplatz mancher Dramen und Tragödien und hat spätestens seit Patricia Highsmith und Donna Leon auch in der Kriminalliteratur ihren festen Platz. Kein Wunder, wirkt sie doch an sich schon wie eine Bühne, irreal und fantastisch, und nicht wie eine real existierende und funktionierende Stadt im 21. Jahrhundert, in der die Menschen ihren Alltag leben und Geschäftsinteressen nachgehen.
In acht Abschnitten teilen die Autoren dem Leser alles Wissenswerte über Venedig mit, als da wären die Stimmung, die Geschichte, die Kunst, die Einwohner und ihre Gewohnheiten. Dies alles wird umschmeichelt vom Wasser der Lagune, die Lebensader und Grundlage der Stadt ist, aber auch ihre stärkste Bedrohung.
Im Auftakt beschreibt die Autorin ihr ganz persönliches Venedig und seine Atmosphäre. Sie erzählt von dem Herzstück der Stadt: der Piazza San Marco; von ihr ausgehend erreicht man die prachtvollen und berühmten Palazzi. Mit Leben erfüllt wird die Stadt durch die Künstler und Millionen von Touristen, die Venedig jährlich besuchen. Auf der anderen Seite residiert die exklusive venezianische Gesellschaft, hier bleibt man unter seinesgleichen. Aber Venedig ist auch eine Stadt voller Lust und Liebe, die sich besonders im Karneval zeigen.
Die Texte werden ergänzt durch Abbildungen von schwarzweißen alten und neuen Fotografien, Stichen und Gemälden. Den Abschluss bilden eine kleine Venedig-Bibliographie und ein Text- und Bildnachweis.
"Alles über Venedig" ist ein über dreihundert Seiten umfassendes Hardcoverbuch, das 2007 im Thiele Verlag erschien. Das fast quadratische Buch versammelt Essays, Reportagen und Berichte über Venedig, geschrieben und ausgewählt von der Journalistin Petra Reske, die Venedig zu ihrer Heimat erwählte. Man bekommt die Informationen also aus erster Hand. Co-Autor ist der Verleger selbst, Johannes Thiele, der neben seiner Verlegertätigkeit ebenfalls einige Bücher schrieb.
Den Texten von Petra Reske sind Zitate berühmter Autoren zur Seite gestellt. Hierzu gehört schon auch ein gewisser Mut. Während die Zitate von Hermann Hesse und Johann Wolfgang Goethe die Stimmungen überzeugend transportieren, gelingt dies den Texten von Petra Reske nicht immer ganz. Einige Passagen geraten ihr leider in kleinmädchenhafte Schwärmereien, so da, wo die Autorin sich "eines Entzückens nicht erwehren" kann. Oder an Stellen, an denen sie Wortwahl und Ausdruck an die Renaissance anlehnt. So spricht man heute wohl eher weniger von "Trug", wenn man sich über eine Alltagserfahrung äußert. Da würde man von einer Absolventin der Henry-Nannen-Schule anderes erwarten. Das passt nicht zu den ansonsten authentischen Lebenserfahrungen, die sie schildert. Gut, so ist eben ihr Stil, eher emotional als sachlich und sehr persönlich in ihrer Sicht der Dinge.
Störend wirkt auch das Gejammer über die Touristen. Kann der Leser es auch nachvollziehen, dass die Anwesenheit der nicht gerade rücksichtsvollen Touristen sehr belästigend sein kann, so möchte man es doch nicht immer wieder lesen, in einem schöngeistigen Buch, einer Hommage an eine Stadt. Ach, hätte die Autorin doch einmal ihrem Ärger Luft gemacht und damit Schluss!
Ihr Können als Journalistin zeigt sie dagegen in den Beschreibungen der Historie, die gut recherchiert sind, und umfangreiches, detailliertes und interessantes Wissen bieten - dies macht den Hauptteil des Buches aus.
Sehr schöne stimmungsvolle Schwarzweißfotografien von Harald Braun leiten die Hauptabschnitte ein. Sie geben die Atmosphäre der Stadt gut wider. Der Himmel ist etwas verhangen, es ist neblig-undurchsichtig, geheimnisvoll und unwirklich, hier und da enthüllt ein Sonnenstrahl die Schönheit der Renaissance-Bauten dem Betrachter. Es wird nicht nur die Sonnenseite gezeigt in diesem Buch.
Den alten Stichen und Gemälden sind oft Fotografien vom Anfang des letzten Jahrhunderts gegenübergestellt. Die Ähnlichkeit der Perspektive verblüfft. Würde man nicht durch das Datum eines Besseren belehrt, könnte man glauben, die Stiche wären nach den Fotografien angefertigt. Die Fotos im Text sind durch Schatten hinterlegt - das ist wiederum Geschmackssache. Auf den Abbildungen zu sehen sind Stadtansichten, alte Karten, Gemälde, Grundrisse von Gärten und Palästen und die Konterfeis berühmter Persönlichkeiten, etwa der Dogen.
"Alles über Venedig" ist trotz allem ein ausgesprochen schönes Buch, gedruckt auf einem angenehmen weichen Papier. Ein Buch, mit dem man sich auf die Reise begeben und einstimmen kann auf Venedig. Es lädt ein, sich zu erinnern und in die Vergangenheit und Gegenwart dieses Ortes zu begeben. Es ist nicht zuletzt auch ein schönes Geschenk für alle Liebhaber des Schönen und Besonderen.