Im Jahre 2002 startet die erste Kinder-Uni im großen Hörsaal der Tübinger Anatomie. Rund ums Thema Vulkane berichtet der Geowissenschafter Prof. Gregor Markl den sehr zahlreich erschienenen Kindern. Wenige Tage später folgt die zweite Kinder-Uni Vorlesung, jetzt vor mehr als doppelt so viel Publikum im Audimax der Tübinger Universität. 2003 setzt dann ein Kinder-Uni Boom ein. Auf Fehmarn und in Rom eröffnen Kinder-Unis nach dem Tübinger Vorbild und im März 2003 erscheint das erste Kinder-Uni Buch. Seit 2004 erscheinen bei DVA am Anfang einmal, inzwischen mehrfach jährlich neue Bücher zur Kinder-Uni. Das vorliegende Buch setzt sich mit der Frage auseinander, woher die Manieren kommen.

"Sitz gerade", "schmatz nicht", "benutz das Besteck zum Essen" - Benimmregeln gibt es viele. Viele Kinder (und auch Erwachsene) finden sie anstrengend und lästig, einige sogar nahezu unverständlich. Fragen sie die Eltern nach dem Grund für die eine oder andere Regel, gibt es oft außer "Das ist eben so" keine richtige Antwort. Susanne Mutschler hat sich als Autorin von "Ritter durften noch rülpsen" diesen Fragen angenommen und viele Antworten gefunden. Gleich im ersten Kapitel geht es um die Frage, warum früher alle Welt (und heute noch viele Fußballer) auf dem Boden spuckte und wie alt der Brauch des Naseputzens mit einem Taschentuch eigentlich ist. Um Besteck, das Essen mit den Fingern und das Bier geht es im zweiten Kapitel, während sich das dritte Kapitel damit befasst, warum Männer bei Tisch zuerst bedient wurden und wieso gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Das vierte Kapitel forscht nach, seit wann es nicht mehr gebräuchlich ist "Nord- und Südwinde" fahren zu lassen und wie das sprichwörtliche Haar in die Suppe kommt. Von Begrüßungen, Ehrerweisungen und Kopfbedeckungen handelt das fünfte Kapitel, im sechsten Kapitel wird über Körpersprache, Anstandsbesuche und Vorbilder berichtet. Im siebten Kapitel dreht sich alles um Kleidergesetze, den guten Eindruck und Frauen ohne Beine. Wieso waschen lebensgefährlich sein konnte, Haut nicht ganz dicht ist und Japanerinnen die Geräusche auf der Toilette peinlich sind, klärt dann das achte Kapitel. Ganz zum Schluss klärt Susanne Mutschler noch etwas sehr Wichtiges, nämlich die Frage, was schlechte Manieren eigentlich so interessant macht.

"Ritter durften noch rülpsen" ist ein kurzweiliges, interessant geschriebenes (Nach-)Lesebuch, nicht nur für Kinder. Die Illustrationen von Klaus Ensikat begleiten jedes Kapitel und verdeutlichen die textlichen Inhalte. Immer wieder finden sich am Rand und im Text farblich hervorgehobene Kästchen, die Zitate oder weiterführende Informationen nennen. Weiter gibt es Karla, die mit ihren Briefpartnern im Buch immer wieder zu Wort kommt und oft Fragen stellt, die so manchem Kind durch den Kopf gehen. Der Schreibstil ist amüsant und bringt es auf den Punkt, ohne dabei den moralischen Zeigefinger zu schwingen. Die Leserschaft sollte aber nicht zu klein sein - auch wenn der Text oft aufgelockert wird, sind die Kapitel doch recht lang und für Erstleser sicherlich überfordernd. Schön ist, dass hinten auf die verwendete Literatur verwiesen wird. Noch schöner wäre es gewesen, ganz im Stile einer wissenschaftlichen Arbeit, wenn im Text (etwa durch Fußnoten oder Verweise) direkt kenntlich gemacht werden würde, woher diese Information stammt, so dass interessierte Kinder hier weiter forschen können.

Alles in allem ein schönes Buch über wichtige Themen, die Kinder sicherlich interessieren. "Ritter durften noch rülpsen" behandelt alles rund um die Manieren kindgerecht, ohne dabei zu verniedlichen oder die Kinder zu unterschätzen. Dieses Kinder-Uni Buch lädt ein zum Schmökern, Diskutieren und immer wieder Lesen, da es eine Vielzahl von Informationen beinhaltet.