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Viele Jahre sind vergangen, seit Marie Adler ihre letzten Abenteuer erlebt hat. Derzeit lebt sie glücklich und zufrieden mit ihren vier Kindern und ihrem geliebten Mann Michel auf der Burg Kibitzstein. Jahrelange harte Arbeit hat die beiden zu Wohlstand gebracht - da bleibt es nicht aus, dass viele Neider auf ihre Besitztümer schielen, zumal ja Marie und Michel beide keine besonders rühmliche Vergangenheit haben. Vor allem der mächtige Nachfolger des inzwischen verstorbenen Würzburger Fürstbischofs, der seine schützende Hand über die Familie Adler hielt, feindet sie offen an. Und auch andere sind nur zu gerne bereit, die Besitztümer der Kibitzsteiner unter sich aufzuteilen.
Maries älteste Tochter Trudi hat hingegen ganz andere Sorgen: Sie ist verliebt! Und zwar in Georg von Gressingen, der zwar ihrer Mutter ein Dorn im Auge ist, den sie aber als ihren zukünftigen Ehemann auserkoren hat. Bei einem Ausflug in ein Wäldchen verliert sie nicht ganz freiwillig ihre Unschuld an ihn - und bedauert es sofort zutiefst. Doch Georgs wortreiche Versprechen, sofort bei ihrem Vater vorzusprechen und um ihre Hand anzuhalten, beruhigen sie. Es kommt jedoch anders, denn Gressingen ist ganz und gar nicht der Edelmann, für den Trudi ihn in ihrer naiven Verliebtheit hält.
Dann, auf der Hochzeit ihrer besten Freundin Bona, geschieht das Entsetzliche: Michel Adler wird hinterrücks ermordet. Da Kibitzstein nun ohne Burgherrn ist, muss Marie ihre Besitztümer und ihre Familie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Eine Belagerung scheint kurz bevor zu stehen. Trudi beschließt, heimlich zum König nach Österreich aufzubrechen und dort um Schutz für ihre Familie zu bitten. Auf dem Weg hat das Mädchen zahlreiche Gefahren zu bestehen - und ausgerechnet der Mann, den sie für den Mörder ihres Vaters hält, kommt ihr zu Hilfe ?
Das Münchner Autorenpaar Iny und Elmar Lorentz, bekannt unter dem Pseudonym Iny Lorentz, hat mit den Romanen der "Wanderhure"-Reihe große Erfolge erzielt und eine riesige Fangemeinde gewonnen. Nachdem Marie im Mittelpunkt in mittlerweile drei Romanen stand ("Die Wanderhure", "Die Kastellanin", "Das Vermächtnis der Wanderhure"), ist es zwölf Jahre später ihre älteste Tochter Trudi, die auf Reisen geht und Abenteuer bestehen muss. Leider gestaltet sich die Geschichte diesmal nicht so kurzweilig wie in den bisherigen Büchern. Zunächst einmal werden dem Leser eine Menge Namen um die Ohren gehauen. Zwar gibt es am Ende des Buches ein Personenregister, aber zunächst mal wird einem regelrecht schwindelig von den ganzen Titeln, Burgen, Fürstentümern und Herkunftsverhältnissen, von den Ambitionen und Interessen der einzelnen Akteure. Richtig interessant wird es eigentlich nur, wenn die Rede nicht von fränkischer Politik ist, sondern wenn es menschelt zwischen den Charakteren. Wie immer haben die Frauen in diesem Roman es schwer, Gewalt und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung und ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch. Trudi Adler ist ein toll ausgearbeiteter Charakter, und man liest gerne von dem störrischen Mädchen, das sich so vehement für seine Interessen einsetzt und nie klein bei gibt. Doch die Ereignisse, die wirklich lesenswert und spannend sind, sind rar gesät in dieser Erzählung; es dauert sehr lange, bis die Geschichte endlich in Fahrt gerät. Die Ermordung Michel Adlers ist natürlich ein guter Griff der Autoren, denn so kommt Bewegung in eine Situation, die in der x-ten Fortsetzung irgendwann zu langweilen beginnt und nichts Neues mehr bereit hält.
Ansonsten heißt es für den Leser, sich in Geduld zu üben: Nach knapp 250 Seiten wird endlich die dreitägige Hochzeit von Bona beschrieben, und erst einhundert Seiten später macht Trudi sich endlich auf den Weg zum König. Diese Ereignisse sind dann kurzweiliger und spannender beschrieben und die Handlung bewegt sich endlich auf ihr Ziel zu; die Seiten davor scheinen eher Vorgeplänkel zu sein. Wenn man ein Buch problemlos um zweihundert Seiten kürzen könnte und es wäre trotzdem noch alles gesagt, dann ist das nie ein gutes Zeichen, und das trifft hier leider zu. Die detaillierten Ausführungen sind für einen historischen Roman zwar lobenswert, nur leider eben zäh zu lesen, weil sie nicht kurzweilig verpackt wurden. So entlocken einem die Ränke von Rittern, Äbten, Prälaten und Fürstbischöfen bisweilen eher ein Gähnen, will man doch viel lieber wissen, wie es mit Trudis Weg weitergeht.
Für Fans der Iny Lorentz-Romane um die Wanderhure und ihre Tochter ist diese Geschichte sicher interessant, wenn auch kein unbedingtes Muss als Fortführung der Reihe. Wer kein Fan der Reihe ist, dürfte sich stellenweise eher langweilen oder sich an der eher seichten Geschichte stören.