Seit Jahrtausenden gibt das Verschwinden und Auftauchen unzähliger Vögel dem Menschen Rätsel auf. Hat auch die moderne Wissenschaft vieles aufklären können, umgibt den alljährlichen Vogelzug auch heute noch eine Aura der Rätselhaftigkeit. Ob das Magnetfeld der Erde, der Stand der Sonne, die Sterne am Nachthimmel, geografische Landmarken, genetisch verankerte Programme, klimatische Veränderungen oder erlerntes Verhalten, nicht alle Geheimnisse haben die Milliarden von Vögeln preisgegeben.

Dem interessierten Laien gibt der "Atlas des Vogelzugs" Informationen an die Hand, das jährlich wiederkehrende Zugverhalten vieler Vögel zu verstehen. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, sowohl verständlich und möglichst einfach als auch so erschöpfend und exakt wie nur möglich Fakten aufzulisten und grafisch zu verdeutlichen, die den weltweiten Vogelzug erklärbar machen.

Im ersten Kapitel "Vogelzug und Vogelwanderungen" werden allgemein gültige, für alle Zugvögel gültige Grundlagen erläutert. Fakten werden aufgelistet, gewichtet und eingeordnet, verbleiben aber im Allgemeinen und bereiten den Weg, in den darauf folgenden Kapiteln die Wanderungsbewegungen einzelner Vögel zu verstehen.

Im zweiten Kapitel werden "Nordamerikanische Zugvögel", im dritten "Eurasische Zugvögel" vorgestellt. Anschließend werden im Kapitel "Wintergäste aus dem hohen Norden" die hier so beliebten Schwäne, Gänse, Drosseln, Ammern und Finken vorgestellt und ihr Zugverhalten dargestellt. Anschließend werden "Zugvögel auf der Südhalbkugel" abgehandelt, ehe im letzten Kapitel "Wandernde Seevögel" wie Albatrosse und Pinguine dargestellt werden.
Das Kapitel "Unregelmäßige Wanderungen" und ein "Katalog der Zugvögel", der über vierhundert Arten in einem kurzen Abriss vorstellt, beschließen diesen Teil des Buches. Im dreiseitigen Register werden sämtliche im Buch vorkommenden Vögel mit ihren Trivialnamen und ihren wissenschaftlichen Namen aufgelistet.

Von entscheidender Bedeutung für die Nutzbarkeit dieses Atlasses und seine Bedeutung für die Darstellung des Themas, sind die Doppelseiten, die einzelne Vogelarten exemplarisch vorstellen. In einem sehr gut geschriebenen Text wird die jeweilige Art charakterisiert, ihre Bedeutung umrissen und etwaige Besonderheiten erläutert. Diese Essays sind kurzweilig, humorvoll und ebenso interessant wie lehrreich geschrieben. Hier wird eine Vogelart oder Gattung lebendig und umfassend dargestellt.

Diesem Text stehen verschiedene Grafiken zur Seite. Einmal ist eine sehr gute Landkarte des jeweiligen Kontinents abgebildet, auf der farbige Flächen die Brut und Verbreitungsgebiete ausweisen und durch Pfeile die Wanderungsbewegungen verdeutlicht werden. Dabei ist besonders erwähnenswert, dass es den Autoren und Grafikern gelungen ist, dem Leser auf einen Blick die wichtigsten Fakten zu vermitteln. Hinzu kommt eine genial einfache und sinnreiche Darstellung der kalendarischen Wanderung und des Zeitraumes der Züge und der Brut. Diese kleine Grafik ist perfekt und zeigt in Sekunden, wann der Zugvogel unterwegs ist und wie lange er brütet.
Weiterhin verdeutlicht ein Schattenriss des Vogels auf einem Gitternetz, wie groß der Vogel ist und wie er anhand seiner Silhouette zu erkennen ist. Daneben finden sich Angaben zur Flügelspannweite, dem Gewicht des Tieres und der ungefähren Zugdistanz. Einige Bilder der behandelten Vögel komplettieren diese Doppelseite.

"Der Atlas des Vogelzugs" ist schlicht perfekt. Der Herausgeber Jonathan Elphick vermittelt in kurzen Artikeln, hervorragenden Grafiken und schönen Bildern ein lebendiges Bild vieler Vögel und ihrer Wanderungsbewegungen. In jeder einzelnen Zeile merkt man dem Ornithologen seine innige Beziehung zu den Tieren an und lässt sich von seiner Begeisterung über dieses spannende, interessante Thema anstecken. So sollte ein Fachbuch aussehen.