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Die britische Schriftstellerin Joan Aiken war zu Lebzeiten - sie starb 2004 im Alter von 79 Jahren - eine der bekanntesten Romanautorinnen Englands. Vor allem Fantasy- und Kriminalliteratur waren ihr Metier.
"Nightfall - Fürchte die Nacht" stammt aus dem Jahr 1969 und wurde 1978 zum ersten Mal für den deutschen Markt übersetzt. Der mit 154 Seiten recht kurz ausgefallene Roman verbindet Krimielemente mit der Atmosphäre eines beschaulichen Schauerromans.
Als Kind hat Megan eine schwere Zeit durchgemacht. Ihre Mutter und ihr Stiefvater starben bei einem Autounfall. Infolgedessen muss die erst neunjährige Meg zu ihrem Vater ziehen, an den sie sich kaum noch erinnert. Hinzu kommt, dass sie von Los Angeles nach London umziehen muss. In London erwarten sie eine mürrische Haushälterin und ein schweigsamer Butler, den Vater bekommt sie selten zu Gesicht - eine Tortur für das eingeschüchterte und trauernde Mädchen. Zum Glück hat Meg die Nachbarskinder Polly und George sowie die Briefe ihrer Tante Venetia, die in Beirut an der Universität arbeitet und sich nur aus der Ferne um ihre Nichte kümmern kann. Nicht zuletzt der Kater Hodge, ein Geschenk Venetias, tröstet sie in ihrem Kummer.
Jetzt, wo Megan eine junge Frau ist und George ihr den Hof macht, scheint ihre traurige Vergangenheit vergessen. Oder doch nicht? Denn ein seltsamer Traum macht Megan schon seit ihrer Kindheit zu schaffen. Immer wieder ist es derselbe Traum, ein Albtraum, in dem sie ein Gesicht sieht und das Gefühl hat, zu fallen. Sie will herausfinden, was es mit diesem Traum auf sich hat, und findet heraus, dass sie in dem Örtchen Penleggan, in dem sie mit ihrer Mutter Urlaub gemacht hatte, offenbar ein traumatisches Erlebnis durchmachen musste. Um dem auf den Grund zu gehen, lässt sie alles in London hinter sich, schnappt sich Hodge und reist nach Penleggan. Doch dort ist ihr Leben in Gefahr
Aus Megans Perspektive erfährt der Leser zunächst etwas über die Kindheit der Ich-Erzählerin, ihre Jugend im väterlichen Haus und die Probleme zwischen ihr und ihrem Vater, der sie zwar liebt, seine Gefühle aber nie zeigen kann. Auch die aufkeimende Liebe zwischen ihr und George wird deutlich gemacht, ehe die eigentliche Geschichte beginnt, nämlich das Rätsel um Megans seltsame Träume und um das Gesicht, das sie nachts immer wieder sieht. Damit wird zwar endlich etwas Spannung aufgebaut - jedoch ist zu diesem Zeitpunkt bereits fast die Hälfte des Buches gelesen.
So hat man stets das Gefühl, die Autorin habe sich nicht entscheiden können zwischen der Lebensgeschichte ihrer Hauptfigur und dieser einen besonderen Episode ihres Lebens. Und da die Vorgeschichte, oder vielmehr das im Großen und Ganzen eigentlich belanglose Leben Megans bis zur Reise nach Penleggan, für die weiteren Ereignisse kaum von Belang ist, bleibt man hin und her gerissen zwischen einer angenehm zu lesenden Lebensgeschichte und einem kleinen Krimiplot, dem es an ordentlicher Ausarbeitung fehlt. Denn sobald das Geschehen in dem kleinen Küstenort ins Rollen kommt, hat man es mit einem eher durchschnittlichen Krimi zu tun, dessen Auflösung sehr konstruiert ist und atmosphärisch nicht mit dem stimmigen - jedoch wenig aufregenden - ersten Teil der Geschichte mithalten kann.
Nicht Fisch, nicht Fleisch - "Nightfall", eines der frühen Werke von Joan Aiken, kann nicht wirklich überzeugen. Der erste Teil des Romans liest sich trotz schöner Stimmung zu seicht und belanglos, während der zweite Teil als Krimiplot an Konstruiertheit und fehlender Atmosphäre krankt. Da gibt es bessere Bücher der Autorin, zu denen man greifen sollte.