Seit dem 11. September 2001 sind die Muslime, die als so genannte Migranten in westlichen Staaten leben, ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Ihnen gegenüber hat sich ein mehr oder weniger latentes Misstrauen entwickelt. Zugleich wird viel über die Rolle der muslimischen Frau geredet, die, gängigen Vorurteilen zufolge und in nicht gerade seltenen Fällen auch in der Realität, mit Kopftuch, Einkaufstüten und großer Kinderschar versehen in angemessenem Abstand hinter ihrem Mann dreinstapft.
Dass die Mehrheit der Muslime keineswegs den Klischees entspricht und dies gerade auch für die Musliminnen gilt, zeigt Kerstin E. Finkelstein durch ihr Buch auf, in dem sie das Leben von dreißig in Deutschland lebenden Frauen mit muslimischen Wurzeln schildert.
Die Frauen haben sich in den unterschiedlichsten Berufen etabliert. So ist Dr. Lale Akgün Bundestagsabgeordnete, Nafia Alkan, Nilgün Özel und Hourvash Pourkian sind Unternehmerinnen, Mehtap Ardahanli hat den Frauenfußball in Berlin vorangebracht und arbeitet zudem als Steuerfachgehilfin, und Methap Ayhan ist Rechtsanwältin.
Fatma Sonja Bläser hat eine Schlüsselstellung im Bereich Migration inne, Reyhan Sahin hat sich als Lady Ray in der Rap-Szene einen Namen gemacht und ist Germanistin, Sebnem Gülseker arbeitet als Demi-Solistin beim Staatsballett Berlin.
Das Spektrum der Berufe umfasst außerdem zum Beispiel Lehrerin, Ärztin, Architektin, Wirtschaftswissenschaftlerin, Polizistin, Journalistin, Professorin und Islamwissenschaftlerin.
Alle dreißig Frauen haben der Autorin sehr offen aus ihrem Leben erzählt, das nicht in allen Fällen geradlinig verlief.

Die Rezensentin lernte das Buch auf der Frankfurter Buchmesse kennen: Eine Podiumsdiskussion bot die Möglichkeit, die Autorin und zwei der porträtierten Frauen kennen zu lernen, die sozial und politisch engagierte Zahnärztin Dr. Ezhar Cezairli und die Inhaberin eines ambulanten häuslichen Pflegedienstes, Nadia Qani. Die Lebensläufe dieser beiden Frauen zeigen bereits, wie unterschiedlich die Schicksale von in Deutschland lebenden Musliminnen sein können. Dr. Cezairli, als Grundschulkind aus der Türkei nach Deutschland gekommen, wurde von ihren Eltern stets gefördert und hatte durch ihre Herkunft und ihr Geschlecht keine gravierenden Nachteile. Nadia Qani war bereits erwachsen, als sie aus Afghanistan fliehen musste und mit ihrem Mann zunächst das Elend in Asylantenheimen erlebte, ehe sie ihr Schicksal in ihre eigenen Hände nahm und schließlich zur erfolgreichen Unternehmerin und 2005 zur "Frankfurterin des Jahres" wurde.
Vereinzelt findet man auch Lebensgeschichten, die an Klischees rühren: Mädchen, die vor der Zwangsverheiratung standen oder denen die Schulbildung verwehrt werden sollte. Die in diesem Buch vorgestellten Frauen haben sich jedoch durchgesetzt und ihr Leben selbst bestimmt.
Lebendig und warmherzig, doch stets sachlich präsentiert Kerstin Finkelstein die dreißig Lebensläufe, die beispielhaft sind für eine Fülle weiterer Schicksale - im positiven Sinne - muslimischer Frauen in Deutschland und somit natürlich nicht so medien- und öffentlichkeitswirksam wie jene, aus denen sich Klischees zusammensetzen. Die Protagonistinnen kommen über weite Strecken ihrer Biografien selbst zu Wort. Sie sehen sich selbst nicht unbedingt als etwas Besonderes, erkennen jedoch an, dass Musliminnen in Deutschland unter Umständen eine Schlüsselfunktion einnehmen können, zum Beispiel als Polizistin in Wohngegenden mit hohem Migrantenanteil oder im Bereich der Gleichstellung und Beratung.
Religiös sind einige der dreißig Porträtierten, fanatisch freilich nicht eine. Manche sind mit ethnischen Deutschen verheiratet, andere mit Männern, deren Herkunft sie teilen.
Dieses Buch ist eine echte Bereicherung für die Diskussion um die Integration, speziell von Frauen. Sachbetont, ehrlich, ohne Pathos - das ist nicht nötig, die Fakten sprechen für sich - präsentieren sich selbstbewusste Frauen, die nur zwei eindeutige Gemeinsamkeiten haben: Sie sind im islamischen Glauben erzogen, und sie sind erfolgreich; erfolgreich in der Hinsicht, dass sie auf eigene Faust ihre Wünsche und Erwartungen verwirklicht haben.