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Beim Namen "Arthur/Artus" denken die meisten wohl an einen alten Disney-Film oder Legenden, in denen Camelot und die Tafelrunde eine wichtige Rolle spielen. Diese Legenden haben ihren Zauber in Magie, göttlichem Eingreifen und Wundern. Die Wirklichkeit sah wohl etwas anders aus - und eine mögliche Wirklichkeit der Legende schildert Bernard Cornwell in seinen Artus-Chroniken.
Britannien steht am Ende des fünften Jahrhunderts vor großen Schwierigkeiten. Der Großkönig Uther ist tot, sein Thronfolger Mordred ist noch ein Säugling, der Glaube an die Götter verliert an Bedeutung, das Christentum breitet sich aus und zu allem Überfluss drohen auch noch Überfälle durch die Sachsen. Nur die Einheit unter den Königen der einzelnen Reiche könnte Britannien stark genug machen, um mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden, doch die Bündnisse sind äußerst fragil.
Die Hoffnung der meisten ruht auf einem Mann: dem Bastard von Uther, Arthur, der nach Uthers Tod aus der Verbannung zurückkehrt. Arthur will das Königreich einen und halten bis Mordred alt genug ist, um das Amt des Großkönigs zu übernehmen. Doch bis der kleine Junge erwachsen wird, vergeht noch viel Zeit, in der Arthurs ganzes Geschick gebraucht ist.
Der Erzähler der Geschichte ist Derfel, ein alter Mönch, der seine Zeit als Krieger und Anhänger und Freund Arthurs Revue passieren lässt. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund, sondern schildert die Ereignisse so, wie er sie erlebt hat (kleine Freiheiten nimmt er sich heraus, erläutert sie aber auch). So erfährt der Leser viel über Merlin - zynischer Druide -, Arthur - ein beeindruckender Kriegsherr, aber zeitweise doch zu nett -, Lancelot - ein eitler Feigling und Blender -, Guinevere - wunderschön und zielstrebig - und viele andere Menschen und Begebenheiten. Sehr realistisch wird alles geschildert, die Schlachtenszenen gehören auf jeden Fall zu den besten des Genres. Selten hat man das Gefühl, mit auf dem Schlachtfeld zu stehen, den Lärm zu hören, das Blut zu riechen und die Angst der Krieger zu spüren. Gekämpft wurde im Schildwall und Töten war harte Arbeit, diesen Umstand ignorieren andere Autoren ganz gerne, um die Schlachten "heldenhafter" wirken zu lassen. Bernard Cornwell nicht, er recherchiert und hält sich an Fakten, soweit möglich.
Auch die Charakterentwicklung ist beispielhaft. Alle haben ihre Stärken und Schwächen, dank Derfel werden diese auch offen und schonungslos dargelegt. So entstehen greifbare Charaktere, die die Konsequenzen ihrer Handlungen tragen, auch mal zweifeln und scheitern, aber immer glaubhaft wirken in ihrer Angst, ihrer Liebe, ihrem Leiden und ihrem Wahnsinn.
Nachdem man "Der Winterkönig" gelesen hat, bleibt einem nichts anderes übrig, als sich auch die Folgebände "Der Schattenfürst" und "Arthurs letzter Schwur" zuzulegen, auch wenn es leider noch etwas dauert, bis diese ebenfalls in neuer Auflage im Rowohlt-Verlag erscheinen.
Cornwell zeichnet keine Märchenwelt wie Disney oder Marion Zimmer-Bradley, sondern hält sich nah an dem, was wirklich geschehen sein könnte, auch wenn der Name Arthur in den alten Quellen nie benutzt wird, sondern nur von einem mächtigen Krieger gesprochen wird.
Für Leser, die realistische historische Romane schätzen, und die die Gebräuche und Gegebenheiten der beschriebenen Zeiten wirklich kennen lernen wollen, kann es kaum einen besseren Autor als Bernard Cornwell geben.