Wissenschaftliche Spezialuntersuchungen zu Computerspielen sind noch immer eine Seltenheit, trotz der großen Bedeutung, die dieses Medium in der heutigen Zeit hat. Dass das Computerspiel auch für die Soziologie und Politikwissenschaft ein fruchtbares Feld ist, beweist eine schmale Aufsatzsammlung aus dem LIT-Verlag: "Computerspiele und Politik", erschienen in der Reihe "Studien zur visuellen Politik". Der Herausgeber Tobias Bevc hat hier mehrere Aufsätze zusammengetragen, die sich mit der Konstruktion politischer und gesellschaftlicher Prozesse in Computerspielen befassen.

Dabei werden sowohl Vorgänge innerhalb eines Spiels als auch solche innerhalb der Gamerkultur beschrieben. So analysiert etwa Julian Klücklich die sozialen Phänomene in Online-Rollenspielen wie "Anarchy Online"; Alexander wirft einen Blick auf die politische Theorie in Strategiespielen wie "Civilizatio" oder "Age of Empires"; Michael Nagenborg zeichnet die erstaunliche Behandlung von Rassendiskursen in dem japanischen Rollenspiel "Arc the Lad: Twilight of the Spirits" nach, in dem so komplexe Themen wie Völkermord, Rassenhass und Vertreibung auf hohem Niveau behandelt werden; Jörg Müller-Lietzkow hingegen widmet sich dem Phänomen des E-Sports, der auch auf die restliche Sportwelt Auswirkungen hat. Hinzu kommen theoretische Aufsätze, die etwa einen konstruktivistischen Zugang zum Themenkomplex Politik und Computerspiel wagen.

Das gesetzte Themenspektrum ist also recht umfassend. Alle Autoren referieren auf hohem Niveau und beziehen die mittlerweile recht üppige Forschungsliteratur der Game Studies mit ein. Leider werden dabei zu oft Fakten wiederholt, die einem Forschenden auf dem Gebiet der Computerspiele schon bekannt sind und die man in einer so anspruchsvollen Publikation eigentlich als bekannt voraussetzen darf. Abgesehen davon ist Bevcs Sammelband ausgesprochen lesenswert, für Game-Studies-Interessierte, Politik- und Medienwissenschaftler gleichermaßen.