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Im Jahre 2059 scheint es, als hätte die Menschheit sich selbst übertroffen und die Schadspuren, mit denen sie die Umwelt zerstörte, ausgelöscht. Denn mit dem neu entwickelten Noah-Verfahren lassen sich auf einfache Weise alle Schadstoffe aus der Luft filtern und somit hoffentlich die Klimaveränderungen aufhalten. Doch diese Technik führt zu extremen Mutationen der Tier- und Pflanzenwelt, die unumkehrbar sind. Einige Jahre später werden telekinetisch und telepathisch begabte Kinder geboren. Gleichzeitig geht ein Unterwasserexperiment schief, so dass Nanoviren freigesetzt werden, die einen äußerst resoluten Überlebenswillen besitzen. Als dann die große Wasserstoffexplosion den Mond in mehrere Stücke reißt und die Erde in eine nähere Umlaufbahn in die Sonne gerät, scheint die Apokalypse nahe.
Dies ist lediglich die Vorgeschichte zu dem neuen Rollenspiel "Heredium". Im Jahre 2200 ist ein Großteil der Menschheit an den Folgen von Katastrophen, Sturmfluten, Umweltgiften und verstrahlten Gebieten verstorben. Die Überlebenden müssen mit einer bedrohlich neuen Umwelt ums Überleben kämpfen, auf dem sie keineswegs mehr an der Spitze der Nahrungskette stehen. Das genau ist die Situation, in der sich die Charaktere, die man im Spiel übernimmt, befinden.
Da sich die erfundene Welt aus unserer normalen Realität ableitet, kann man sich leicht und problemlos in sie hineinfinden, auch wenn es natürlich im Vergleich riesige Unterschiede gibt. Insgesamt erhalten die Spieler fünf verschiedene Zivilisationen angeboten, aus denen sie ihre Charaktere wählen können. Da innerhalb dieser Gemeinschaften natürlich viele Untergruppen bestehen, gibt es sicher genug Auswahl, um jeden zufrieden zu stellen. Gleichzeitig wird auch ein Konzept vorgeschlagen, wie man sich eine Spielerfigur erschaffen kann, die aus keiner der bekannten Kulturen stammt. Im zweiten Teil des Buches werden dann die einzelnen Landmassen beschrieben. Hier erfährt man nicht nur, wie sich die Vegetation und die Tierwelt verändert haben, sondern auch welche Reste von Zivilisation und Technik erhalten geblieben sind sowie welche feindlichen Gruppierungen sich in der Gegend festgesetzt haben.
Dann wird das Regelsystem erklärt. Es wirkt im Gegensatz zu anderen Spielsystemen erfrischend entschlackt und unkompliziert. Aus den primären Attributen wie Kraft oder Konstitution leiten sich die sekundären Attribute wie Vitalität oder mentaler Widerstand her. Individualisiert wird der Charakter durch einen bestimmten Aspekt, der sein Wesen ausmacht, sowie den Basis- und Spezialfertigkeiten, auf die man bei der Charaktererschaffung Punkte verteilen kann. Auch das Kampfsystem kommt knapp und knackig daher, so dass man es leicht verinnerlichen kann. Wer möchte, darf sich aus den Vor- und Nachteilen noch etwas für seinen Spielcharakter auswählen. Den Sonderfertigkeiten der einzelnen Völker wie den Nanokräften der Hezekieliten, den Psi-Kräften der Debellatoren, den hilfreichen Mutationen der Raging Bull, der Ektoware der Nordallianz und den Drogenstimulanzien aus Temora wird auf den folgenden Seiten Rechnung getragen.
Damit die Charaktere nicht bar jeden Besitzes durch die Gegend irren müssen, enthält das Regelbuch eine Liste der Gegenstände, die man käuflich erwerben kann. So bekommt man auch als Spieler eine grobe Vorstellung davon, wie viel an Technologie noch erhalten ist und wie sich der Alltag der Menschheit verändert hat. Um das Leben nicht zu langweilig werden zu lassen, bekommt der Spieler auch eine Menge an mutierten Pflanzen wie giftige Mammutbäume oder riesige Tiere wie Wölfe oder Bären mit herausragender Intelligenz vorgestellt, mit denen man den Spielern das Leben schwer machen kann. Aber nicht jeder wird als guter Spielleiter geboren. Aus diesem Grund ist es sehr lobenswert, dass "Heredium" einen wirklich gut ausgearbeiteten Leitfaden enthält, in dem erklärt wird, wie das Rollenspiel allgemein funktioniert, wie man Situationen spannend gestaltet und auch Konflikte in der Gruppe entschärft. So ausgerüstet kann man sich dann auch gleich an dem mitgelieferten Einstiegsabenteuer versuchen, das am Ende des Buches enthalten ist.
Das Regelwerk "Heredium" bietet alles, was Spieler und Spielleiter benötigen, um sofort in diese postapokalyptische Welt einsteigen zu können. Die Grundidee des Spiels ist gut ausgearbeitet und bietet eine Menge Spielmöglichkeiten, an die man anknüpfen kann. Auch die vorgestellten Zivilisationen ermöglichen eine große Zahl an Konflikten und Geheimnissen, die entdeckt werden können. Zusätzlich bieten sie den Spieler eine gute Auswahl, so dass sicher jeder einen passenden Charakter findet. Erfrischend ist besonders das Regelsystem selbst. Es ist kurz und knapp gehalten, deckt aber alle Situationen ab, in denen man würfeln sollte. So kann man sich ganz auf das Spiel konzentrieren und muss sich nicht in jeder Situation erst einmal durch mehrere Seiten Regelwerk wälzen, damit man die korrekte Angabe zum Würfelwurf findet.
"Heredium" bietet eine gut ausgestaltete und spielbare Welt, der es gelingt, die Neugier der Spieler zu wecken. Sowohl altgediente Rollenspieler als auch Anfänger finden hier ein neues System, mit dem sie eine Menge Spaß haben können. Die Aufmachung des Regelwerks ist dank der soliden Aufmachung übersichtlich. Dank des angehängten Registers lässt sich auch benötigtes Wissen schnell und effektiv nachschlagen. Auch optisch kann man nicht meckern. Die Zeichnungen sind atmosphärisch und das coole schwarze Cover mit dem silbernen Signet ist ohnehin stylisch.
Wer etwas Neues für die Spielrunde sucht, sollte einen Blick in "Heredium" werfen. Es lohnt sich.