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Es lässt sich wahrlich nicht leugnen: Die japanische Populärkultur kann sich hierzulande einer stets wachsenden Bewegung an Sympathisanten erfreuen. Zwischen Mangas und Animes, Videospielen und Fan-Conventions stößt auch der japanische Horrorfilm auf nicht gerade geringe Resonanz im Westen. Vor allem den US-amerikanischen Adaptionen von Horrorfilmen, welche im Land der aufgehenden Sonne längst zu Kultwerken avanciert sind, wie "Ring" oder "The Grudge" ist es zu verdanken, dass dem
J-Horror nun auch im Westen Beachtung geschenkt wird. Diverse DVD-Vertriebe haben dieses wachsende Interesse wahrgenommen und ihr jeweiliges Sortiment um japanische Horrorfilme erweitert - so etwa auch Rapid Eye Movies, welches "Unholy Women" ins Rennen um die Gunst der zahlenden Kundschaft schickt.
"Unholy Women" (2006) ist weniger ein Spielfilm im Sinne eines kontinuierlich aufgebauten Konstrukts als vielmehr eine Sammlung dreier Kurzfilme von je durchschnittlich dreißig Minuten Dauer. Aufeinander folgend, ohne jedoch den geringsten Bezug zu den jeweils anderen Episoden aufzuweisen, können sie also - zumindest theoretisch - in beliebiger Reihenfolge gesehen werden, auch wenn an dieser Stelle davon abgeraten werden sollte, denn die bestehende Abfolge dieser drei grundlegend unterschiedlichen Beiträge zum
J-Horror ist gewiss nicht ohne Grund und mit dem Würfel entschieden worden.
Der erste Beitrag "Das Klappern" (im Original "Katakata") - zweifelsohne der beste der hier versammelten - kommt dem japanischen Horror, soweit dieser sich auf einen Nenner bringen lässt, am nächsten: Die junge und attraktive Kanako Yoshizawa (Noriko Nakagoshi) befindet sich nachts auf dem Heimweg. Vor dem Mietshaus, in welchem sich ihre Wohnung befindet, nimmt sie ein seltsames Klappergeräusch wahr, als plötzlich wie aus heiterem Himmel ein Ohrring vor ihren Füßen landet. Bevor sie nach oben blicken kann, trifft sie etwas am Kopf und sie verliert das Bewusstsein. Als sie aufwacht, ist das unheimliche Geräusch zwar verklungen, doch das Grauen setzt erst ein: In ihrer Wohnung angekommen, erhält sie von ihrem Geliebten die Nachricht, dass er von dessen Ex-Frau mit einem Messer attackiert worden ist, nachdem er ihr von Kanako erzählt hat. Plötzlich bricht die Verbindung zusammen und eine dämonische schwarzhaarige Frau in einem blutroten Kleid (Yüko Kobayashi) attackiert Kanako mit einem Messer. Nur knapp kann Kanako dem weiblichen Ungetüm entkommen, doch dieses jagt sie durch die finsteren Straßen einer surreal wirkenden, seelenlosen Stadt - hin zum Ort eines grausamen Verbrechens
In einem geradezu krassen Gegensatz zu dieser nächtlichen Hetzjagd der diabolischen Art steht der zweite Film "Stahl" ("Hagane"). Der eindeutig außergewöhnlichste Beitrag auf der vorliegenden Silberscheibe - auf die Bedeutung des Wortes
außergewöhnlich soll später näher eingegangen werden - erzählt eine unheimliche Begegnung der skurril-morbiden Art. Der junge schüchterne Automechaniker Mikio Sekiguchi (Tasuku Emoto) soll anscheinend endlich in den Genuss des großen Loses gelangen: Sein Chef (Teruyuki Kagawa) bittet ihn, seine Schwester Hagane (Nahana) auszuführen; hält diese, was das Foto verspricht, dann steht ihm eine Verabredung mit einer äußerst attraktiven Frau bevor. Doch schnell kommt die Ernüchterung, als Mikio Hagane abholt: Die Frau trägt einen Kartoffelsack, der von der Hüfte aufwärts ihren Körper verhüllt. Was auf den gehemmten Mechaniker anfangs befremdlich wirkt, entwickelt sich zu einem tödlichen Liebesspiel
Den Abschluss bildet "Das Erbe" ("Uketsugu mono"): Um Abstand von der vollzogenen Scheidung zu gewinnen, zieht die allein erziehende Mutter Saeko Hishikawa (Maki Meguro) mit ihrem Sohn Michio (Kenta Suga) zu dessen Großmutter, die seit dem spurlosen Verschwinden ihres damals siebenjährigen Sohnes Masaiko krank und ans Bett gefesselt ist, aufs Land. Doch das Anwesen ist dem kleinen Michio nicht geheuer: Seine Großmutter strahlt eine bedrohliche Aura aus und in der ersten Nacht begegnet ihm Masaikos Geist. Bald darauf legt seine Mutter ein merkwürdiges Verhalten an den Tag, nachdem sie das Siegel einer verriegelten Scheune neben dem Haus gebrochen und auf dem Dachboden eine Schriftrolle geöffnet hat. Die Bedrohung, welche Masaiko dort vor Jahren heimgesucht hat, manifestiert sich erneut - mit Michio als neuem Opfer
Was alle drei Beiträge, so grundlegend unterschiedlich sie auch sein mögen, verbindet, verrät schon der Titel: die Frau als dämonisches Wesen, als Personifikation des Grauens. Der Name ist Programm, doch die Ausführung variiert mitunter enorm. Wie bereits angedeutet, repräsentiert der erste Beitrag "Das Klappern" am ehesten das Bild des japanischen Horrors: die Diabolisierung einer Frau, schwarze Haare, die ihr kreidebleiches, scheußliches Antlitz zeitweise verdecken, die nichtmenschlich-grotesken Bewegungen, die Motivation des puren Hasses - nichts, was dem Kenner des
J-Horrors fremd wäre und was stellenweise auch in den amerikanischen Adaptionen Eingang gefunden hat. Die gelungene Komposition aus gut gesetzten Schnitten, düsteren Bildern und sach- und fachgerecht eingesetzten Soundeffekten treibt die einfach gehaltene Story rasant voran, hin zu einem überraschenden Ende.
Anders der zweite Film "Stahl": Die ungewöhnliche Ausgangssituation verspricht sehr viel, doch die skurril-morbide Inszenierung ist eindeutig nicht jedermanns Geschmack. Die unrealistische Story wird weniger mit Schock- oder anderen Horrorelementen vorangetrieben als vielmehr langsam aufbauend und in einem makabren Ton erzählt, der zwischen krassem Konzept und fragwürdiger Inszenierung oszilliert. Freunde unkonventionell-grotesken Horrors werden hier bedient, doch der Kurzfilm ist weniger für die breite Masse bestimmt als Kühlschränke für einen Inuk am Nordpol.
Kaum zu überzeugen weiß "Das Erbe", das nach dem klassischen Muster einer Gespenstergeschichte aufgebaut ist: Eine dunkle Macht hat es zu verantworten, dass der kleine Masaiko verschwunden ist. Jahre später droht sich dasselbe Schreckensszenario innerhalb der Familie eine Generation später zu wiederholen. Der Junge von einst versucht das neue Opfer zu warnen, doch lässt sich das Schicksal beeinflussen? Durch das langatmige Erzähltempo will Spannung nicht so recht aufgebaut werden und das vorhersehbare Ende schraubt die Enttäuschung des Publikums ein weiteres Stück nach oben.
Mit "Unholy Women" veröffentlicht Rapid Eye Movies hierzulande einen stellenweise sehr interessanten, stellenweise aber auch äußerst merkwürdigen Beitrag zum japanischen Horrorfilm, dem gottlob eine professionelle deutsche Synchronisation spendiert wurde. Gerade die Vielfältigkeit, welche die drei Filme repräsentieren, ist Vorzug und Fluch zugleich, leider holt "Unholy Women" aber nicht das Maximum an Potential aus den versammelten Filmen heraus. Liebhaber des japanischen Horrors könnten jedoch ein Auge darauf werfen.
Bild- und Tonqualität sowie Extras können nicht beurteilt werden, da es sich um eine Presse-DVD handelt, die von der Kaufversion abweichen kann.