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Frank Darabont hat geschafft, was nur wenigen vor ihm gelang: Der in Frankreich geborene Regisseur mit ungarischen Wurzeln und amerikanischem Pass verfilmte nunmehr drei Novellen beziehungsweise Romane des großen amerikanischen Horrorschriftstellers Stephen King ("The Shawshank Redemption", "The Green Mile" und "The Mist") und hatte mit allen dreien große Erfolge zu verzeichnen. Waren viele der bisherigen Verfilmungen von Werken aus Kings Feder entweder zu trashig geraten, etwa "Manchmal kommen sie wieder", oder gefielen King nicht - etwa Kubricks Interpretation von "Shining" -, so scheint nun endlich ein Regisseur gefunden zu sein, der die Besonderheit von Kings Welt in Bilder umzusetzen versteht.
"Die Verurteilten", im amerikanischen Original "Shawshank Redemption", veröffentlicht im Jahr 1994 und damit Darabonts erstes Zusammentreffen mit Stephen Kings Arbeiten, war im Kino kein allzu beeindruckender Erfolg, erarbeitete sich jedoch im Lauf der folgenden Jahre langsam und stetig eine wachsende Fangemeinde und damit einen Kultstatus, der bis heute ungebrochen ist. In kaum einer Bestenliste von Filmen darf "Die Verurteilten" fehlen, kaum ein Kanon von Filmexperten kommt ohne den Film aus, selbst auf der bekannten Internetseite IMDb, der "Internet Movie Database" ist er seit Langem unter den Top drei zu finden, Tendenz eher steigend denn fallend. Viele Lorbeeren also für ein filmisches Werk, das an den Kinokassen eher durchfiel.
Worum aber geht es überhaupt in diesem von allen Seiten gelobten Film? Amerika in den 1940er Jahren. Der Bankier Andy Dufresne (Tim Robbins) wird zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt, da man ihn des Mordes an seiner Frau und ihrem Liebhaber für schuldig befindet. Obwohl er seine Unschuld beteuert, wird er nach Shawshank gebracht, einem berüchtigten Gefängnis. Der Gefängnisdirektor (Bob Gunton) ist ein selbstherrlicher, eiskalter Egoist, die Wärter schrecken weder vor Gewalt noch vor Demütigung der Gefangenen zurück. Der stille Andy muss sich gegen andere Gefangene und die drohende Abstumpfung durch den harten Alltag zur Wehr setzen. Er lernt Red (Morgan Freeman) kennen, und zwischen den beiden ungleichen Männern entsteht eine tiefe Freundschaft. Gemeinsam gelingt es ihnen, die Zeit in Shawshank durchzustehen. Andy gelingt es sogar, mit seinem Wissen über Finanzen und Wirtschaft das Vertrauen des Direktors und der Wärter zu erlangen.
Jahre vergehen, in denen Andy sich mit seinem Knastleben arrangiert, aber noch nicht abgefunden hat. Als der junge, draufgängerische Tommy in Shawshank landet, schöpft Andy plötzlich neue Hoffnung: Tommy, der zuvor in einem anderen Gefängnis untergebracht war, erzählt von einem Zellengenossen, der sich mit genau jenem Mord rühmte, den angeblich Andy begangen haben soll. Doch ehe diese neue Information Andy von Nutzen sein kann, geschieht etwas Schreckliches
In knapp 137 Filmminuten wird eine Zeitspanne von etwa zwanzig Jahren dargestellt und aus Reds Perspektive mit vielen Off-Kommentaren erzählt. Ein schwieriges Unterfangen, denn es gilt, Charaktere, Zeit, Ort und Geschichte authentisch und weder langatmig noch oberflächlich abzubilden. Ohne Wenn und Aber kann festgehalten werden, dass Darabont dieses Kunststück mit Bravour gelingt. Von Beginn an wird der Zuschauer von dem erzählerischen Sog erfasst und auch nach dem Ende des Films nicht davon losgelassen.
Großen Anteil an dieser fesselnden Wirkung haben neben der brillanten Entwicklung des Spannungsbogens und der vielen Ereignisse, die sich im Lauf der Jahre abspielen, vor allem die beiden Schauspieler Tim Robbins und Morgan Freeman, zwischen denen eine so glaubwürdige und fühlbare Chemie entsteht, dass der Zuschauer gar nicht anders kann, als beide in sein Herz zu schließen. Er fühlt mit, wenn Andy von Mitgefangenen malträtiert und vom Direktor ausgebeutet wird, wenn Reds Begnadigung zum wiederholten Mal abgelehnt wird, oder wenn Andy und Red sich über Hoffnung unterhalten. Hoffnung ist ein zentrales Thema des Films, doch hier setzt genau der Knackpunkt an, der zahllosen anderen Filmen fehlt: "Die Verurteilten" driftet niemals ins Kitschige oder Unrealistische ab und ist dennoch so angefüllt mit Gefühl und Fingerspitzengefühl für besondere Momente, dass man sich gar nicht entscheiden kann, was man besser findet: die Schauspielleistungen - unter den sieben Oscar-Nominierungen war auch eine für Morgan Freeman als bester Hauptdarsteller dabei -, die tiefgründigen und doch nie schwülstigen Dialoge, die brillante Regie oder die unaufgeregte und doch spannende Erzählweise. Zu keinem Zeitpunkt erscheint der Film als gewöhnlicher Knastfilm oder tragisches Drama; zu vielschichtig und gehaltvoll sind die ruhigen, stimmungsvollen Bilder. Hier wurde einfach alles richtig gemacht, was anspruchsvolles, unterhaltsames, berührendes Kino ausmacht.
Ein exklusives Making-of mit vielen Interviewszenen, ein Audiokommentar von Regisseur Darabont, Storyboards und Bildergalerien zu den Hauptdarstellern und dem Dreh sowie eine Fernsehdiskussion zwischen Frank Darabont, Tim Robbins und Morgan Freeman in der Charlie Rose Show auf einer zweiten DVD können sich als Bonusmaterial durchaus sehen lassen. Vor allem die Diskussion, die exklusiv zum zehnjährigen Jubiläum des Films 2004 ausgestrahlt wurde, verrät viel Interessantes zum Dreh, zur gemeinsamen Arbeit und zu den Akteuren.
"Die Verurteilten" gehört mit Sicherheit zu den besten Filmen, weil er mit genau dem richtigen Maß an Gefühl, Brutalität, Nähe zu den glaubwürdigen Charakteren, Spannung und Anspruch über zwei Stunden lang glänzend unterhalten kann. Und um zu dieser Erkenntnis zu kommen, braucht es keine Best of-Listen und Kanon-Zusammenstellungen von selbsternannten Filmexperten.