Jan ist ein kleiner Junge, der mit seinem Vater gleich neben dem großen Wasserturm in Hamburg lebt - denn sein Vater ist der Wasserturmwärter. Mit kleinen Fischen gibt er sich nicht ab, der Jan. Nein, es müssen schon die ganz Großen sein. Dass dies ganz eigene Probleme mit sich bringt, weiß Jan nicht, als er loszieht mit seiner Angelrute, um an einem Nebenarm der Elbe zu angeln. So einige Fische beißen an, doch der zehnte Fisch, das ist ein ganz besonderer: ein großer, schöner und leuchtend dunkelblauer Fisch.

Jan ist begeistert und rennt gleich los zu seinem Vater, um ihm den Fisch zu zeigen. Doch der kratzt sich nur am Kopf und zuckt mit den Schultern. Auch der Lehrer weiß nicht, um welchen Fisch es sich hier handelt. Erst die Professoren im Zoologischen Institut lüften das Geheimnis: es ist ein Wal. Jan hat einen kleinen Wal gefangen, der sich in der Elbe verirrt hat. Sie bitten Jan, den Wal wieder in den Fluss zu setzen, denn Wale sind sehr selten und vom Aussterben bedroht.

Aber Jan hat den Fisch mittlerweile in sein Herz geschlossen und die Tränen rinnen ihm nur so über die Wangen, wenn er bloß daran denkt, sich von seinem kleinen Wal zu trennen. Aussetzen, seinen schönen dunkelblauen Walfisch? Völlig ausgeschlossen! Auch der Vater wird ganz traurig, doch er weiß Rat . . .

"Der Wal im Wasserturm" ist ein wunderschönes Bilderbuch, das bereits 1971 zum ersten Mal erschienen ist und damals schnell Kultstatus erlangte. Selbst die Japaner lieben es und bestellen es immer wieder nach, so der Verlag. Autor und Illustrator ist Rüdiger Stoye und dieses Buch ist eines seiner wichtigsten Werke - pünktlich zu seinem siebzigsten Geburtstag erscheint die Neuauflage. Bereits Mitte der sechziger Jahre kam Stoye nach Hamburg und begann hier als freier Illustrator und Autor von Kinderbüchern zu arbeiten. Aber er gestaltete nicht nur Bilderbücher, sondern bildete auch zahlreiche mittlerweile bekannte Illustratoren aus. Fast zwanzig Jahre lang unterrichtete er an der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften das Fach Buchillustration.

In diesem Buch nun erzählt und zeichnet Rüdiger Stoye eine erstaunliche Geschichte, die sich im Wasserturm von Hamburg ereignet hat, der ja noch heute in Lokstedt steht. Rüdiger Stoye erzählt Jans Geschichte spannend und fesselnd, und die ist sicher nicht nur für Hamburger Jungs und Deerns interessant. Aber die müssen das Buch natürlich auf jeden Fall haben, gibt es auf den Bildern doch so einiges Bekanntes zu entdecken: der Michel, der Hafen mit seinen Kränen, die Cap San Diego ... Die Geschichte selbst spielt dann an einem Ort, der nicht so geläufig ist, in einem Wasserturm. Und auf einem der Bilder sieht man auch ganz genau, wie es in so einem Wasserturm aussieht.

Jan selbst ist ein netter, aufgeweckter Junge, der gerne angeln geht und sich gut zu helfen weiß. So kommt ihm auch gleich eine rettende Idee, als ihm der Wal "über den Kopf wächst" - kleine Jungs sind einfach clever.

Die Zeichnungen sind fantasievoll, ansprechend und liebevoll gezeichnet und man entdeckt immer wieder neue Details. Besonders lustig ist das Bild, auf dem die Bewohner kein Wasser mehr haben, um sich die Zähne zu putzen. So stehen alle mit ihren kleinen Zahnbürsten und dem Zahnpastaschaum vor dem Mund auf der Straße oder im Fenster und fragen sich, was denn jetzt schon wieder los ist. Alle Bilder gehen über eine ganze Seite, der die Textseite gegenübergestellt ist.

"Der Wal im Wasserturm" ist ein schönes gebundenes Bilderbuch zum Vorlesen und Angucken für Kinder ab etwa vier Jahren in einem soliden Pappeinband. Die gelungene Mischung aus Realität, Phantasie, Humor und Lokalkolorit sorgt für viel Lesespaß und Unterhaltung.