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Neun Männer auf einem Frachtschiff, das von Island nach Südamerika fährt. Neun Männer, die größtenteils Leichen im Keller haben, die Schuld auf sich geladen haben, deren Leben in ungeordneten Bahnen verläuft, die verzweifelt sind. Die Fahrt, eigentlich Routine, soll vier Wochen dauern und entwickelt sich schon nach kurzer Zeit zu einem Albtraum, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt.
Zunächst entzünden sich Konflikte an den unterschiedlichen Personen, die hier auf engstem Raum zusammenleben und arbeiten müssen: Kapitän Guðmundur, ein rechtschaffener Mann, leidet unter der lieblosen Ehe mit seiner Frau. Sie haben sich nach dem Tod ihrer Tochter voneinander entfremdet. Es soll Guðmundurs letzte Fahrt sein, danach will er sich zur Ruhe setzen. Jónas, der erste Steuermann, hat wenige Stunden vor Fahrtantritt seine Frau ermordet. Er verfällt zusehends einem Gotteswahn, was für das Schiff zu einer auswegslosen Situation führt. Jón Karl ist ein gefürchteter Strippenzieher der kriminellen Unterwelt, der von allen "Satan" genannt wird. Er kommt nur durch ein Missverständnis auf das Schiff und ist eigentlich kein Seemann.
Diese und weitere Schicksale verweben sich auf engstem Raum, und zwischen den Männern brechen Misstrauen und Angst aus, dann Hass und Gewalt. Das Schiff gerät bald in einen schweren Sturm, und durch einen Sabotageakt ist es kurz darauf komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Als die Reisenden schon glauben, es könne nicht schlimmer kommen, kommt es zur Katastrophe - ein Kampf ums nackte Überleben entbrennt ...
Was eignet sich besser als der begrenzte Raum auf einem Schiff, um existenzielle Fragen zu stellen, um die Charaktere in einem Roman mit sich selbst zu konfrontieren? Mit "Das Schiff" hat der isländische Autor Stefán Máni ein Szenario erschaffen, das so beklemmend und düster ist, dass es den Leser schnell packt und nicht mehr loslässt bis zum bitteren Ende. Der Roman wurde 2007 mit dem Isländischen Krimipreis ausgezeichnet. Schon der Auftakt ist grandios - Máni beschreibt, wie die Männer sich reisefertig machen und letzte Dinge erledigen, und bereits hier kommt es zu ersten Katastrophen, die die Weichen stellen für die albtraumhafte Schiffsreise. Sehr geschickt verbindet der Autor die unterschiedlichen Handlungsstränge, bis sie sich perfekt miteinander verbinden.
Auf dem Schiff schließlich ist die Atmosphäre so düster, so beklemmend, dass es den Leser schaudert. Beginnt das Buch noch fast als Thriller, so mischen sich gegen Ende fast horrorhafte Elemente hinein, surrealistische Szenen - Wahnsinn bricht aus. All das ist schriftstellerisch meisterhaft umgesetzt. Vor allem die präzise beschriebenen Charaktere fesseln den Leser ungemein. Máni versteht es, seine Figuren realistisch in Szene zu setzen; wir fiebern mit ihnen, leiden mit ihnen und fürchten sie. Zentrales Thema in diesem Roman ist das Böse, und es kommt in vielerlei Gestalt auf das Schiff. Immer wieder zeigt der Autor, wie es den Menschen beherrscht und verändert, und das ohne Grund, ohne Motivation, denn
"Das Böse ist von Natur aus unsterblich und hat deshalb auch nichts zu gewinnen oder zu verlieren." Aus diesem Albtraum gibt es kein Entrinnen. Ein großartiges, düsteres und sehr atmosphärisches Buch, grandios komponiert, mit einer sehr eleganten Verwebung der einzelnen Handlungsstränge.