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 Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung

Autoren: J. J. Preyer
Verlag: BLITZ

Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Wer kennt ihn nicht, den berühmtesten literarischen Meisterdetektiv der Welt mit Wohnsitz in der Baker Street 221b? Während sein Schöpfer Arthur Conan Doyle den Weg alles Irdischen gegangen ist, lebt der Mythos Sherlock Holmes anscheinend auf ewig weiter, wobei auch abenteuerliche und nicht selten an den Haaren herbeigezogene Rendezvous Holmes? mit allerlei historisch belegten wie auch fiktiven Personen am Buchmarkt zu finden sind: Holmes und Jack the Ripper, Holmes und Sigmund Freud, Holmes und H. P. Lovecrafts Große Alten, Holmes und H. G. Wells? Marsianer - die Liste könnte endlos weitergeführt werden. Seit Januar dieses Jahres zählt auch William Shakespeare zu den "Auserwählten", dank (?) J. J. Preyers neuem Roman "Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung".

England, Frühjahr 1926: Sherlock Holmes, seines Zeichens brillantester Meisterdetektiv des Empire, genießt seinen wohlverdienten Ruhestand in der beschaulichen Landschaft von Sussex, doch Ruhe will das Schicksal dem bereits 72-jährigen Kombinationsgenie offensichtlich nicht gewähren: Shakespeares Geburtsort Stratford-on-Avon wird von einer bizarren Mordserie heimgesucht, den Opfern werden Zitate aus Shakespeares "Titus Andronicus" auf den Leib gebrannt. Der Geheimdienst des Oberhauses befürchtet, dass im Hintergrund eine Verschwörung die Fäden zieht, welche England in ihren politischen und religiösen Grundfesten erschüttern könnte. Zusammen mit seinem ebenfalls in die Jahre gekommenen Freund John Watson und dem jungen Stephen Moriarty, Sohn seiner zu Tode gekommenen Nemesis Professor James Moriarty, versucht Holmes das große Geheimnis um die Shakespeare-Verschwörung zu lüften, welcher immer mehr Menschen zum Opfer fallen. Die Spur führt nicht nur in den Geburtsort des großen Dichters und in dessen verfluchte Gruft, sondern auch in den Vatikan, in die St. Paul?s Cathedral in London und in ein Schloss in Schottland, während sich eine Frage von großer Bedeutung immer stärker in den Mittelpunkt drängt - die Frage nach der wahren Identität von William Shakespeare ?

Mit "Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung" legt der österreichische Schriftsteller und Verleger J. J. Preyer nach "Holmes und die Freimaurer" nun seine zweite Verbeugung vor Doyles intellektuellem Meisterdetektiven und Kokainkonsumenten im BLITZ-Verlag vor, und noch weitaus mehr als sein Holmes-Debüt verkommt "Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung" vom aufrichtigen Kniefall zum leidlichen Stolperstein, der den Autor mit dem harten Pflaster der Baker Street bekannt macht. Wie schon in "Holmes und die Freimaurer" hat sich der Autor aller möglichen Ideen aus seinem Zettelkasten bedient und darin einen Kriminalfall von verschwörerischer Tragweite eingebettet. Durften in seinem ersten Holmes-Roman nebst der titelgebenden Bruderschaft auch noch Jack the Ripper, Kornkreise und die Bundeslade herhalten, so geben sich in Preyers neuestem Streich etwa der Vatikan, die Suffragetten, ein Kristallschädel - auch J. J. Preyer hat sich Indys letztes Abenteuer wohl nicht entgehen lassen - und natürlich William Shakespeare ein Stelldichein; und auch Moriartys Sohn Stephen, den der Autor in "Holmes und die Freimaurer" eingeführt hat, wurde nicht vergessen.

Allein dieser kurze Abriss mach klar: Wie schon im Falle seines Holmes-Debüts, so kredenzt der Autor der Leserschaft auch dieses Mal einen conspiracy thriller von unglaublicher Tragweite. Hat man "Holmes und die Freimaurer" jedoch zumindest mit einem gewissen Schmunzeln ob dieser Plünderung des Zettelkastens der Ideen gelesen - Holmes-Puristen seien einmal außen vor gelassen -, so klappt man nach fertiger Lektüre das vorliegende Buch zu und stellt es ins Regal, ohne im geringsten Maße tangiert zu sein. Was wohl auch auf den Plot und seine Einflechtung zurückzuführen ist: Die Auflösung um die bis heute nicht unumstrittene Urheberschaft von Shakespeares Werken, welche Preyer hier vorschlägt, hat durchaus etwas für sich, zumal sich der Autor bei seinen Recherchen gewiss nicht mit einem flüchtigen Blick auf Wikipedia begnügt hat. Doch leider korrespondiert diese Idee nicht mit dem überspitzten Korsett, Preyer versucht zuviel in seinen schmalen Roman hineinzupacken. Damit hängt der Roman in der Luft: zu wenig übertrieben, um wenigstens einigermaßen zu unterhalten, aber zu dick aufgetragen, um als "ernsthafter" Verschwörungskrimi gelesen werden zu können.

Den Roman hat der Leser sehr schnell konsumiert, doch von Spannung kann hier nicht einspruchslos die Rede sein: Preyers Verschwörungsthriller entwickelt schon sehr bald einen Hang zur flotten Lesbarkeit, ohne den Leser aber zu fesseln oder gar mitzureißen; schnell hat man zwei, drei Kapitel hinter sich gelassen und kommt des Rätsels Lösung unausweichlich näher, ohne jedoch auch nur einmal den Atem anzuhalten. So stellt der Leser einen neuen persönlichen Rekord im Schnelllesen auf, doch entsprechend belohnt wird man vom Autor nicht. Vom gleichen Schlag ist das Finale, wenn die Identität des Mörders gelüftet wird: belanglos, stilistisch ungeschliffen, den Leser kalt lassend. In diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben darf das Unvermögen des Autors, ein England der Zwanziger Jahre vor dem geistigen Auge des Publikums aufleben zu lassen; historische Erscheinungen wie etwa die Suffragetten wirken wie mehr schlecht als recht platzierte Statisten vor einer mangelhaften Kulisse.

Selbst wenn man nicht Holmes-Purist aus Überzeugung ist, so kann man sich dennoch nicht mit Preyers Zeichnung des größten Meisterdetektiven, der je zwischen zwei Buchdeckeln ermittelt hat, anfreunden: Ein alter Tattergreis, dem sein Elan abhanden gekommen ist, mit welchem er den Fällen sonst auf den Grund geht - und auch seines Kombinationsgenies mag er allem Anschein nach auf dem Weg zum Altersheim beraubt worden sein. Besonders über den von ihm angeführten Grund, das Geheimnis um die Shakespeare-Verschwörung so schnell als möglich zu lüften, kann man nur lachen. Von Conan Doyles unsterblicher Figur sind gerade einmal sein Name und seine Liebe zu "anregenden Substanzen" geblieben ?

Schade, hieraus hätte ein wirklich guter Holmes-Roman mit Pageturner-Prädikat werden können, doch J. J. Preyer gelingt der Spagat zwischen Conan Doyles Geist und dem Mainstream-Verschwörungsgenre nicht.

Michael Höfel



Hardcover | Erschienen: 1. Januar 2009 | ISBN: 9783898402781 | Preis: 17,95 Euro | 256 Seiten | Sprache: Deutsch

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