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"Salibas Welt" ist kein neues Kochbuch, obwohl es mehr als fünfzig außergewöhnliche Rezepte beinhaltet, sondern eine Reise zu der Quelle der Kochkunst des Hamburger Spitzengastronomen Hanna Saliba. Seit über dreißig Jahren lebt der gebürtige Syrer und leidenschaftliche HSV-Fan Hanna Saliba in Hamburg. Seine Restaurants sind eine kulinarische Institution und aus der Hamburger Restaurant-Szene nicht wegzudenken. Um einen Tisch zu ergattern, muss man lange im Voraus reservieren. Schon wenn man die Vorworte liest, etwa von Angelika Jahr, Gruner + Jahr, oder Christa Goetsch, zweite Bürgermeisterin und Senatorin, weiß man, dass man es mit einem echten Schwergewicht in Sachen Kochen zu tun hat.
"Ich habe sogar ein Vater- und ein Mutterland", sagt Hanna Saliba, "Syrien ist mein Mutterland und Deutschland mein Vaterland." Zur Mutter, zum Ursprung all der exquisiten Köstlichkeiten, die Hanna Saliba serviert, führt uns jetzt eine Reise quer durch ganz Syrien. Zusammen mit dem Fotojournalisten und Autor Lutz Jäkel, der Islamwissenschaften studierte und einige Reisen durch den nahen Osten organisierte, machte Hanna Saliba sich auf den Weg. Zwei Menschen vereinen ihre Leidenschaft für Kochen, Reisen, Fotografieren und Schreiben und haben einen außergewöhnlichen, ja, was ist es eigentlich? - Bildband, Kochbuch, Reisebericht, Porträt?... entstehen lassen.
Nach einer Einleitung und dem Vorwort ist das Buch nach den verschiedenen Regionen Syriens gegliedert. Die Reise beginnt in der Mittelmeerstadt Lattakia bei der Familie Hanna Salibas und führt über Damaskus, Palmyra und Mesopotamien bis nach Aleppo. Die Essays wechseln sich ab mit den Rezepten, am Ende finden sich wichtige Grundrezepte, wie verschiedene Brühen oder etwa Hummus. Das Buch schließt mit einem Glossar, einem Rezeptregister und einer Danksagung der Autoren.
In dem Buch sind eine Vielzahl interessanter Rezepte aufgelistet. Die berühmten Vorspeisen, die Mazza, die im Restaurant gleich in Zehner-Einheiten serviert werden, dürfen natürlich nicht fehlen. Dann Rezepte für Lamm, Fisch und Rind, sowie zahlreiche Gemüsegerichte. Es sind Gerichte, die man so nicht in anderen Kochbüchern für orientalische oder arabische Küche findet und die mit besonderen, für die syrische Küche typischen Gewürzmischungen zubereitet werden, deren Zusammensetzung sonst wie der Augapfel gehütet werden. Einige dieser Zaubermittel der gehobenen Kochkunst gibt Hanna Saliba jetzt hier preis und man kann die Gerichte aus seinen Restaurants jetzt auch zu Hause zubereiten.
Es finden sich zahlreiche Lammrezepte, etwa mit Schafskäsesauce, unter einer Satar-Kruste oder auf Feigen-Walnuss-Sauce, und auch die Zubereitung von Innereien, beispielsweise Hirn, Zunge oder Hoden, die in Syrien als Spezialität gelten, wird verraten. Highlights sind das Rinderfilet an Schwarzer-Oliven-Sauce, Entenbrust unter Sesamkruste oder die Rotbarbe an Linsen-Zwiebel-Burghul. Und nun kann man sich auch hierzulande die gefüllten und parfümierten Täubchen und Hühnchen munden lassen. Aber auch Süßes darf natürlich nicht fehlen. Hanna Saliba verrät seine Klassiker Schoko-Mocca-Kardamom-Creme oder Cassis-Lavendel-Creme und dazu gibt es einen mit Kardamom gewürztem Kaffee. Die Zubereitung ist durchwegs nicht kompliziert und auch von Anfängern der Kochkunst gut zu bewältigen. Lediglich die Kochdauer ist hin und wieder etwas länger. Aber da viele Gerichte im Backofen vor sich hin schmoren, kann man in dieser Zeit gut anderes erledigen. Die angegebenen Zutaten sind überall gut erhältlich und die Rezepte, die keine außergewöhnliche Küchenausstattung erfordern, gut nachvollziehbar erläutert. Es ist eine frische und leichte Küche und selbst die Rezepte mit Linsen oder Bohnen bekommen durch Zitrone oder frische Kräuter eine leichte Komponente. Kräuter, Nüsse oder Pinienkernen sind denn auch, neben erstklassigen frischen Zutaten, ein absolutes Muss für das Gelingen dieser Küche.
Die Texte Jäckels stehen den Rezepten in nichts nach. Es ist eine Freude, die beiden Autoren auf ihrer Reise zu begleiten, und die Reiseimpressionen machen Lust auf diese Art von Küche und man wird neugierig auf dieses uralte Land, das in Teilen tatsächlich der Toskana ähnelt. Die Essays erzählen von den Menschen, denen die beiden Autoren begegnen, sie berichten von den geschichtlichen Hintergründen und auch dem Zusammenleben von Christen und Muslimen, das, anders als in den Nachbarländern, anscheinend von gegenseitigem Respekt geprägt ist.
Auch die Fotos sind außergewöhnlich und verdienen eine Erwähnung. Zusammen mit den Texten transportieren sie die vielfältigen Stimmungen des Landes sehr überzeugend. Immer wieder sieht man auf den Aufnahmen Hanna Saliba, das Notizbuch gezückt, damit ihm nichts entgeht, neben einem Herd stehen und neue Anregungen und Kochgeheimnisse sammeln. Die Aufnahmen der Orte und Personen, die oft sogar über eine ganze Seite gehen, sind so ein Zwischending zwischen Schwarzweiß- und Farbfotografie. Hiervon heben sich die ganzseitigen Farbaufnahmen der Gerichte sehr gut ab, die wie fantasievolle farbige Mosaike arrangiert sind. Hat man das Buch ausgelesen, fühlt man sich heimisch in der Familie Hanna Salibas und dem ausgedehnten Freundeskreis und hat auch noch einige andere gastfreundliche Menschen kennen gelernt, die bereitwillig die Autoren beköstigten und ihre Rezepte beisteuerten.
Der Neue Umschau Verlag hat das Seinige dazu beigetragen, um ein schönes Buch entstehen zu lassen. Auf über zweihundert Seiten finden die Rezepte, Erlebnisse und zahlreichen Fotografien der beiden Genießer in einem gebundenen Hardcover-Buch mit Lesebändchen und einem ansprechenden Schutzumschlag Platz. Für die Gestaltung zeichnet ebenfalls Lutz Jäckel verantwortlich und auch der Druck lässt keine Wünsche offen.
Alle Liebhaber lukullischer und ästhetischer Genüsse und schöner Bücher dürfen sich diesen Band auf keinen Fall entgehen lassen.