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Das italienische Autorenteam Acchittocha scheint ein Faible für die Historie seines Heimatlandes zu haben. Ihr letzter Erfolg, "Maestro Leonardo", beschäftigte sich mit dem großen italienischen Meister und seinen obskuren Erfindungen. Nun drehen die Spieleautoren die Zeit noch weiter zurück, nämlich ins zwölfte Jahrhundert - die Zeit der Stadtstaaten, die Norditalien regierten, der Comuni. Jeder der bis zu fünf Spieler übernimmt nun die Führung einer dieser Comuni und versucht im Wettstreit mit den anderen die eigene Stadt kulturell, wirtschaftlich und militärisch aufzubauen. Da der italienische Reichtum auch Neider auf den Plan ruft, müssen sich die Comuni immer wieder zusammenschließen, um Invasionen von außerhalb abzuwehren.
Das Thema um den Aufbau und Erhalt einer mittelalterlichen Stadt ist nun weiß Gott nicht originell und auch nicht sonderlich spannend. Immerhin hat sich das Autorenteam dafür ein paar frische Ideen ausgedacht, die "Comuni" zumindest auf spielerischer Ebene interessant machen. An die wie immer zu erreichenden Siegpunkte gelangt man hier, indem man Gebäude in vier verschiedenen Farben baut, die durch Karten repräsentiert werden. Von diesen Karten liegen mehrere auf den bis zu sieben Spalten des Spielplans aus.
Wenn man am Zug ist, kann man entweder eins seiner Männchen auf eine dieser Spalten stellen und so ein Gebot dafür abgeben. Oder man kann alle eigenen Männchen, die bereits von vorherigen Runden noch auf dem Plan stehen, zusammen mit den Karten der entsprechenden Spalten zurücknehmen. Diese Karten kann man dann ausspielen und so Gebäude bauen, was eine der Hauptquellen für Siegpunkte ist - denn je höher das Gebäude eines Typs, desto mehr Siegpunkte gibt es, wobei es natürlich ein bisschen schwieriger ist, an die höheren Stufen ranzukommen. Alternativ kann man die Karten als Stadtmauern einsetzen, was später bei der Verteidigung hilft.
Gebäude bringen einem außerdem Einträge in den entsprechenden Farben - denn zusätzlich zum Kartensammeln und -bauen kassiert man auch noch Ressourcen in den vier verschiedenen Farben. Mit goldenen Würfeln beispielsweise kann man fremde Männchen auf dem Spielplan einfach überbieten und sie so auf andere, weniger begehrenswerte Kartenspalten zwingen. Mit weißen Würfeln kann man mehrere oder höhere Gebäudestufen bauen. Braune Würfel helfen einem dabei, wenn die eigenen Männchen auf dem Plan verdrängt werden und wenn die eigene Stadt bei Invasionen geplündert wurde.
Wenn genügend Karten vom Spielplan genommen und nachgefüllt wurden, löst dies in regelmäßigen Abständen immer stärker werdende Invasionen auf die Comuni der Spieler aus. Hier greift dann ein besonders interessanter Mechanismus, der ein frühes Abhauen auf der Punkteskala schnell zu einer heiklen Angelegenheit macht. Denn während sich der letzte Spieler mit der schwächsten Armee prügeln muss, tritt derjenige mit den meisten Siegpunkten gegen einen entsprechend stärkeren Feind an.
Gelöst werden diese Konflikte mittels der schwarzen Würfel, die man sammeln kann. Jeder Spieler bietet dabei geheim jene Würfel, einerseits für das Verteidigungsbündnis aller Comuni, andererseits für die Verteidigung der eigenen Stadt. Das Verteidigungsbündnis wird dabei der Feindesstärke von allen Spielern abgezogen - gegen den Rest muss man sich mit seinem zweiten Gebot selbst verteidigen. Wer das nicht schafft, wird geplündert und erhält Minuspunkte. Wer seine Feinde jedoch abwehren konnte und das Bündnis unterstützt hat, erhält zum Schluss nochmals Pluspunkte.
Nach der vierten und stärksten Invasion gibt es nochmal eine Endabrechnung mit einigen weiteren Boni - wer dann die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.
Es ist gar nicht so einfach, "Comuni" zu erklären oder auch nur zu umreißen, da sich das Spiel in vielen seiner Mechanismen vom Bekannten abhebt. Einerseits ist das eine tolle Sache, denn wie spannend sind heutzutage noch Spiele mit jenem mittlerweile sehr ausgelutschten Worker Placement-Mechanismus? Andererseits sorgt das natürlich auch für zahlreiche Verwirrungen und Unklarheiten - und gerade an der Stelle macht es einem "Comuni" beim Einstieg leider nicht leicht. Am unverzeihlichsten ist dabei ohne Frage das Fehlen einer Spielerhilfe. Die Regel ist zwar gut strukturiert und geschrieben, aber in den ersten Partien werden viele Spieler dutzendfach auf sie zurückgreifen müssen - das nervt ungemein und hemmt den Spielfluss. An dieser Stelle sei daher
diese Übersicht empfohlen, die man sich einfach auf die Rückseiten der Sichtschirme des Spiels kleben kann. Und selbst dann erscheint einem das Spiel nicht immer ideal strukturiert. Wozu braucht es beispielsweise sechs verschiedene Phasen eines Spielzugs, wenn man zu 90 Prozent der Fälle nur in zweien von ihnen aktiv wird? Ebenso die Endauswertung, die noch für zahlreiche Dinge Punkte ausschüttet, was leicht zu vergessen ist. Von Fehlern und Unklarheiten bleiben weder Anleitung noch Spielplan verschont.
Das klingt alles nach einem schlechten Spiel, das ist "Comuni" jedoch beileibe nicht. Das Wetteifern um die besten Kartenspalten, die höchsten Gebäude und das Abwehren der Invasionen ist sehr spannend geraten, vor allem in der besagten Endauswertung kann sich alles nochmal drehen und ein Unvermuteter als Sieger hervorgehen. Denn die ganze Zeit über Erster zu sein, schlägt sich mitunter zum Schluss ziemlich negativ nieder.
Wer will, kann die anderen durch ständiges Überbieten auf dem Plan und zügiges Auslösen der Invasionen ärgern, man kann aber auch eher für sich spielen und die eigene Stadt hochziehen. Entgegen des aktuellen Trends bei komplexen Strategiespielen dauert eine Partie auch nie länger als zwei Stunden, die Angabe auf der Schachtel von 90 Minuten trifft es ziemlich genau. Damit ist "Comuni" vor allem ein Spiel für Strategen, die etwas Neues, Ungewöhnliches suchen und etwas Anspruchsvolles, das zeitlich noch im Rahmen liegt. Trotz des eher öden Themas und der sehr konservativen Ausstattung des Spiels ist "Comuni" ein sehr interessanter Titel, den vor allem Fans von "Maestro Leonardo" mal ausprobieren sollten. Wer für das alte Italien nichts übrig oder keine Lust hat, sich die Konzepte dieses Spiels zu erarbeiten, sollte davon absehen.