Im Allgemeinen funktioniert unser Körper, ohne dass wir uns allzu viele Gedanken um ihn machen müssen. Dazu lässt vielen Menschen ihr stressiges Lebenskonzept auch gar keinen Raum. So nimmt man die komplexen Abläufe innerhalb des Körpers häufig erst zur Kenntnis, wenn sie gestört sind und es daher zu Krankheiten oder anderen Beeinträchtigungen kommt.
Die Wissenschaftsjournalistin Jennifer Ackerman untersucht in ihrem Buch jene Vorgänge im menschlichen Körper, die typischerweise innerhalb von 24 Stunden auftreten. Da viele von ihnen an bestimmte Tageszeiten oder Rhythmen gebunden sind oder zu bestimmten Zeiten intensiver oder häufiger stattfinden als zu anderen, richten sich die Kapitel am Tagesablauf aus.
So beginnt das Buch mit dem Morgen, und zwar mit dem Aufwachen. Der Leser lernt die in Organismen, insbesondere den Menschen, "eingepflanzten" inneren Uhren kennen, er befasst sich mit den Sinnen und dem Lernen und Erinnern, mit den Wirkungen des Kaffees und vielen anderen wissenschaftlichen Themen, die mit dem Morgen verknüpft sind. Im Mittagskapitel geht es insbesondere um das Essen und die Verdauung, und auch die Hauptinhalte des Nachmittags-Abschnitts muten vertraut an: jener Abfall der Leistungskurve, dessen man auch mit Kaffee kaum Herr wird, Stress - der freilich nicht nur am Nachmittag auftritt - und Sport, denn die körperliche Leistungsfähigkeit ist nachmittags am höchsten.
Der Abend bringt unter Umständen Alkoholgenuss mit sich und dieser diverse, nicht nur erwünschte Auswirkungen auf den Körper, vielleicht aber auch eine Party mit vielen fremden und vertrauten Gesichtern, sodass dieses Kapitel unter anderem auf die naturwissenschaftlichen Aspekte sozialer Interaktion eingeht.
Den größten Umfang weist das Nachtkapitel auf. Den Anfang macht das Schäferstündchen vor dem eigentlichen Schlafengehen, gefolgt von den unterschiedlichsten Erkenntnissen über Schlaf, Schlafmangel und Schlafstörungen.
Eine umfangreiche Liste von Anmerkungen mit Literaturangaben schließt das Buch ab.
Da die Autorin, berufstätige Ehefrau und Mutter von zwei Kindern, ein für unsere Zeit recht typisches Frauenleben führt, verwendet sie häufig eigene Erfahrungen und Erinnerungen als Aufhänger für ihre Ausführungen. Auch Ereignisse und Krankheitsbilder aus dem Freundes- und Bekanntenkreis fließen mit ein. Die Basis dieses Buchs bildet, wie der Untertitel bereits anklingen lässt, also der Tagesablauf "gewöhnlicher" Menschen im besten Sinne.
Und solch ein ganz normaler Tag ist für den menschlichen Körper eine echte Herausforderung, wie Jennifer Ackerman aufzuzeigen vermag. Wenig beachtete Vorgänge wie die Arbeit des Immunsystems, Abläufe beim Verarbeiten von Sinnesreizen und auch der Schlaf beinhalten für den Körper eine Fülle an Aktivitäten unterschiedlichster Art. Anschaulich erläutert die Autorin diese Aktivitäten und schildert die Experimente und Krankheitsfälle, mittels derer Forscher die entsprechenden Mechanismen entschlüsselt haben. Sie bezieht neueste Erkenntnisse ebenso mit ein wie plausible Ausblicke in die nähere Zukunft.
Lernt man zum einen anhand des vorliegenden Buches, wie für den Körper Normalität aussieht, so zeigt sich zum anderen, dass der moderne Lebensstil sich ganz und gar nicht an den Bedürfnissen des Körpers ausrichtet, etwa, was Ernährung, Bewegung, Schlaf und Regelmäßigkeit des Tagesablaufs angeht. Der Leser erfährt, wie er durch Ausrichtung an der inneren Uhr wesentlich gesünder und ausgeglichener leben könnte, wenn die äußeren Zwänge nicht wären, die von der Autorin auch gar nicht wegdiskutiert werden.
Als Ratgeber versteht sich das Buch nicht. Es ist ein spannend, humorvoll und einfühlsam verfasstes, bestens allgemeinverständliches Werk über eine hochkomplexe und entsprechend störanfällige, dabei jedoch erstaunlich robuste Maschinerie, deren Biochemie und Physik man nicht nur aufgrund eines gewissen Selbsterhaltungstriebs ein Stück weit kennen sollte: Es macht ganz einfach Spaß, zusammen mit Jennifer Ackerman den menschlichen Körper einen Tag hindurch zu begleiten und seine Aktivitäten zu hinterfragen.