"Falsches Grab" ist der zweite Teil der Harper Connelly-Reihe. Hier zeigt Charlaine Harris, dass sie nicht nur Vampir-Romane schreiben kann, sondern auch einen soliden Krimiplot mit einem Augenzwinkern und einer Prise Übernatürlichem zu einer lesenswerten Geschichte verarbeiten kann.

Harper und ihr Bruder Tolliver reisen immer noch quer durch Amerika, je nachdem, wo die besonderen Fähigkeiten des ungleichen Geschwisterpaars benötigt werden. Hierbei ist die Rollenverteilung klar: Harper, die attraktive junge Frau, die vom Blitz getroffen wurde und seitdem Tote erspüren kann, erledigt die Handwerksarbeit, während ihr Stiefbruder die administrativen Tätigkeiten ausführt. Diesmal hat es die beiden nach Memphis verschlagen. Auf dem Friedhof einer Universität werden sie vom hiesigen Professor auf die Probe gestellt. Doch was als kalkulierte Vorführung beginnt, entwickelt sich schnell zu einem nicht vorhersehbaren Drama, als Harper die Leiche eines vermissten Mädchens findet. Das Prekäre an der Situation: Harper und ihr Bruder haben bereits vor über einem Jahr die Suche an dem Mädchen erfolglos aufgegeben. Scheinbar möchte irgendjemand die beiden in den Mordfall verwickeln...

Schaut man dieser Tage in die Fantasyabteilungen der Buchhandlungen, so hat man die Qual der Wahl. Vampire, Werwölfe und Dämonen, wohin man nur schaut, garniert mit toughen Blondinen. Nicht selten werden diese Bücher mit Titelbildern versehen, die den einen oder anderen Leser vermutlich abschrecken werden.
Schon auf den ersten Blick hebt sich das Cover der dtv-Ausgabe spürbar von den Titelbildern der anderen Urban-Fantasy-Bücher ab. Eine weitere Abweichung vom Einheitsbrei ist das Fehlen jeglicher übernatürlicher Wesen. Stattdessen beschränkt sich Charlaine Harris im Wesentlichen auf die Geisterwelt, ohne das Vorhandensein selbiger weiter zu erklären. Ihre Protagonistin ist eine gestandene Frau mit einer Vielzahl kleinerer Probleme, die versucht mit ihrer außergewöhnlichen Gabe, dem Erspüren von Toten und das Miterleben der letzten Sekunden vor dem Eintreten des Todes, Geld zu verdienen. Sehr unterhaltsam und gekonnt erzählt Harris hier die Geschichte eines Teams, das mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hat und sich permanent beweisen muss.
Im Gegensatz zum ersten Teil steht Harper bei der Fortsetzung wesentlich mehr im Fokus der Handlung. Weite Strecken der Ich-Erzählung beschäftigen sich mit ihren inneren Konflikten, ihren Beobachtungen und Gedanken. Trotzdem weist das 303 Seiten umfassende Buch keine Längen auf und lässt sich dank der kurzen Kapitel zügig lesen.

Die Fortsetzung der Harper Connelly-Reihe kann auf ganzer Linie überzeugen. Es handelt sich wieder um eine temporeiche Erzählung mit einem plausiblen Krimiplot und liebenswerten Charakteren. Wer schon den ersten Band "Grabesstimmen" gern gelesen hat, macht mit dem im Februar 2009 erschienenen zweiten Teil nichts verkehrt.