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Vor über dreißig Jahren wurde "Ich, Claudius, Kaiser und Gott" als Fernsehserie der BBC ausgestrahlt und begeisterte das Publikum. Nach der Vorlage des gleichnamigen Romans von Robert Graves erzählt die Serie das Leben des römischen Kaisers Claudius nach.
Nun liegt das TV-Epos als Gesamtausgabe auf DVD vor, eine Bonus-DVD inbegriffen.
Zu Beginn des rund elfstündigen Dramas macht sich der alternde Claudius, von einem Orakelspruch angetrieben, daran, seine Erinnerungen niederzuschreiben, aus denen dann in Form von Rückblenden der Film selbst besteht. Claudius "Autobiografie" setzt noch vor seiner Geburt ein, nämlich mit einer Erinnerungsfeier im mehr oder weniger familiären Rahmen, die Augustus - der "Stiefgroßvater" des Claudius - zum Gedenken an den Sieg bei Actium ausrichtet. Hier lassen sich schon die Hauptelemente der späteren Handlung erkennen: Parteienbildung innerhalb der kaiserlichen Familie, Intrigenspinnerei, der vor allem Augustus Frau Livia frönt, Geschacher um die kaiserliche Nachfolge, unerbittliche Heiratspolitik und natürlich Mord.
Bis zu ihrem Tod steht Livia im Zentrum der Handlung. Bei ihr laufen alle Fäden zusammen, sie schreckt vor keinem Mittel zurück, um ihren Sohn Tiberius an die Macht zu bringen, was ihr schließlich auch gelingt. Doch auch unter Tiberius kann im engeren Kreis um den Kaiser nur überleben, wer potente Beschützer hat oder, wie Claudius, als Idiot angesehen wird. In dieser Phase hat auch die Entwicklung des jungen Caligula zentrale Bedeutung.
Die Herrschaft des skandalumwitterten Caligula, Tiberius Nachfolger, bietet natürlich bestes Material für einen Film, wobei angemerkt sei, dass im vorliegenden Werk auf allzu blutrünstige Gewaltexzesse verzichtet wird.
Als Caligula schließlich von der Prätorianergarde ermordet wird und diese aus der Kaiserfamilie adhoc nur den mehr oder weniger versteckt gehaltenen Claudius vorfindet, der eine leichte Körperbehinderung hat und stottert, ruft sie kurzerhand diesen Überlebenskünstler zum Kaiser aus. So findet sich Clau-Clau-Clau, wie die Familie ihn spöttisch zu nennen pflegte, überraschend als Kaiser und Gott wieder und in dieser Phase auch als Hauptakteur des Films. Er versucht recht erfolgreich, die Fehler seiner Vorgänger auszubügeln, und weiß dennoch aufgrund des erwähnten sibyllinischen Orakels, dass er ermordet werden wird. Am Ende schließt sich der Kreis.
Anders als viele Historienfilme verzichtet dieser bewusst auf Effekthascherei. Er erinnert eher an ein kunstvoll inszeniertes, klassisches Theaterstück als an ein Filmepos: Auf dem Bildschirm agiert praktisch immer eine leicht überschaubare Personenzahl, raffiniert konzipierte, starke Dialoge bestimmen den Fortgang wesentlich mehr als aktive Handlungen.
Die Schauspieler leisten Enormes, allen voran Derek Jacobi, dem es gelingt, den Claudius überzeugend in allen Altersstufen vom Jugendlichen bis zum älteren Mann mit starken Todesahnungen zu spielen. Obwohl Jacobi großartig die körperlichen Defekte und das Stottern vorführt, verliert der Zuschauer, anders als die meisten Familienmitglieder, nie den Respekt vor Claudius, hinter dessen "Handicaps" sich bekanntlich ein exzellenter Geist verbarg. Peter OToole mimt trefflich den Augustus, einen autokratischen Herrscher, der sich zu Hause brav dem Diktat seiner Frau Livia fügt, die wiederum, von Siân Phillips verkörpert, als schöne, aber teuflisch berechnende, kalte Hexe agiert. Den wahnsinnigen Caligula spielt John Hurt ebenfalls sehr überzeugend. Auch die restliche Besetzung wurde gut gewählt. Requisiten wurden sparsam und zielgerichtet eingesetzt, auch die Kulissen wirken eher einfach, aber angemessen und lenken nicht von den Schauspielern selbst ab.
Der Film lehnt sich sehr eng an die Buchvorlage von Robert Graves an, die wiederum im Großen und Ganzen historisch korrekt ist. Mittlerweile werden freilich manche Protagonisten wie Livia oder auch Caligula von Historikern differenzierter betrachtet, doch dies ändert nichts an der Qualität des Films, der nicht nur ausgezeichnete Unterhaltung auf hohem Niveau bietet, sondern nebenher spannenden Geschichtsunterricht.
Aus technischer Sicht freilich muss angemerkt werden, dass die Serie in den 70er-Jahren zwar als qualitativ herausragend gegolten haben dürfte, Bild und Ton für den heutigen, verwöhnten Betrachter allerdings Mängel aufweisen. Das gilt stellenweise auch für die Synchronisierung.
Die zweihundert Minuten gut ausgewähltes Bonusmaterial und die Specials, darunter auch ein Familienstammbaum, alternative Szenen sowie Episodenführer, dürften jeden Fan des Fernseh-Epos begeistern und sind somit eine tolle Dreingabe.
Ein gelungener, anspruchsvoller Historienfilm zu einem ausgezeichneten Preis!