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Im Gegensatz zu vielen anderen fernöstlichen Zeichentrickwerken, so viel hat bereits die erste DVD verraten, kommt die 24-teilige Serie "Romeo x Juliet als recht klassische Fantasy-Erzählung daher. Gewisse, typische Anime-Elemente lassen sich zwar nicht verleugnen - überspannte Humoreinlagen kommen einem da sicher als erstes ins Gedächtnis, natürlich aber vor allem das typisch asiatische Charakterdesign -, ansonsten geht es bei aller überbordender Fantasy aber sehr europäisch zu. Diesem Trend jedenfalls folgen zumindest auch die Episoden Nummer fünf bis acht, die auf der zweiten DVD von OVA Films versammelt wurden.
Lag bei den Episoden der ersten Silberscheibe noch eindeutig das romantische Element im Fokus der Erzählung, rückt dieses zugunsten eines actionreicheren Plots etwas in den Hintergrund. Der Druck, den der Duce Montague auf das gemeine Volk ausübt, nimmt signifikant zu. Um den ihm verhassten Roten Wirbelwind dingfest zu machen, lässt er das Kriegsrecht über Neo Verona verhängen und scheut auch nicht davor, jene im Stadtrat, die ihm widersprechen, mundtot zu machen. So sieht sich Benvolios Vater, seines Zeichens Bürgermeister der fliegenden Stadt, seines Amtes enthoben. Er und seine Familie müssen schließlich sogar vor gedungenen Meuchlern fliehen, finden dann aber ausgerechnet bei jenen Unterschlupf, die auch Juliet Capulet beschützen. Unterdessen lässt Montague immer mehr Verdächtige gefangen nehmen, die beschuldigt werden, der Rote Wirbelwind zu sein, ohne die leiseste Idee zu haben, dass sich hinter der Maske des Rächers in Wirklichkeit ein junges Mädchen verbirgt. Unerbittlich und mit harter Hand will der Duce dem Volk zu verstehen geben, wer in Neo Verona das Sagen hat. Er ahnt nicht, dass im Untergrund inzwischen seine Feinde daran arbeiten, ihn zu stürzen. An ihrem sechzehnten Geburtstag hat sich Juliet als letzter Spross der Familie Capulet - und damit legitime Erbin des Herrschertitels über Neo Verona - einer ausgewählten Schar Freiheitskämpfer zu erkennen gegeben und langsam, aber zielstrebig organisiert sich der Widerstand.
"Romeo x Juliet" wäre aber nicht "Romeo x Juliet", wenn bei all der Action nicht dennoch die zarte Liebesbeziehung, die zwischen den beiden Titelfiguren erblüht und wächst, eine wichtige Rolle in der Handlung spielen würde. Während Juliet damit beschäftigt ist, sich in ihre neue Rolle als Gallionsfigur der Rebellion einzufinden, realisiert Romeo nämlich, dass der Junge, den er auf dem Friedhof kennengelernt hat, niemand anderes als Juliet Capulet ist. Dass sie beide Erzfeinde durch Geburt sind, hält die beiden jedoch nicht auf, wider besseren Wissens doch die Nähe des jeweilig anderen zu suchen und sich hoffnungslos ineinander zu verlieben.
Während in den ersten Episoden eingeführte Personen teilweise etwas in den Hintergrund treten, gesellen sich weitere, schillernde Figuren zum Ensemble. Allen voran sei hier Tybalt zu nennen, im Theaterstück primär als Juliets zwielichtiger, kampfsüchtiger Vetter bekannt, der hier eine weit undurchsichtigere Rolle einnimmt. Im Anime tritt er als dunkler Ritter auf rabenschwarzem, geflügeltem Pferd in Erscheinung, der aus dem Nichts heraus auftaucht, um kurzfristig an Juliets Seite zu kämpfen und dann wieder in den Schatten zu verschwinden. "Tybalt" scheint nur sein Deckname zu sein. Welche Motive ihn tatsächlich bewegen und wer er genau ist, müssen zukünftige Episoden zeigen. Auch William Shakespeare selbst hat als überspannter Stückeschreiber, der den Anhängern der Capulets in seinem Theater Unterschlupf gewährt, ein paar weitere, kleine Auftritte.
Insofern dürfte recht deutlich sein, dass sich "Romeo x Juliet zwar an die prominentesten Grundelemente des berühmten Dramas hält, für die Serienadaption jedoch um diverse inspirierte Elemente ergänzt wurde. Von den Figurenhintergründen einmal abgesehen haben die Autoren das Setting aus dem realen Italien unserer Welt in ein phantastisches Reich versetzt: Neo Verona besteht aus verworrenen Gässchen, abertausenden filigranen Brücken, die die hoch aufragenden Gebäude verbinden, prunkvollen Herrschaftshäusern und von Blumenmeeren übersäten, vergessenen Plätzen. Die Adeligen reiten auf Wesen, die an Hybriden aus Pferden und chinesischen Drachen erinnern und die Stadt selbst ist nicht fest verortet, sondern schwebt.
Auch mit der äußeren Aufmachung hat sich OVA Films Mühe gegeben. Neben einer wirklich gelungenen deutschen Synchronfassung (in Dolby Digital 5.1) findet man auch den japanischen O-Ton. Es stehen deutsche Untertitel zur Verfügung und die Bildqualität ist sehr gut. Bonusmaterial sucht man allerdings vergebens.
Überraschend ist außerdem die Altersfreigabe ab 16 Jahren. Wie eingangs erwähnt, sind die vorliegeden Folgen zwar recht actionreich, FSK 16 scheint jedoch etwas übertrieben. Vielleicht mag der Grund auch in den noch kommenden Folgen der Animeserie zu finden sein.
Insgesamt richtet sich die Serie an Romantik-Freunde und Phantastik-Liebhaber, die einen spannenden Plot und Herzschmerz schätzen, aber auch kein Problem damit haben, dass gewisse Handlungselemente einer gewissen Logik entbehren. Gewisse Ereignisse dienen eben nur dazu, die Geschichte voranzutreiben, verlieren als Konsequenz darauf jedoch etwas an Glaubwürdigkeit. Wer darüber hinwegsehen kann, findet in "Romeo x Juliet wunderbar animierte und mit einem zauberhaften Score und Soundtrack unterlegte Unterhaltung, die aufgrund ihrer ausgeprägten europäischen Wurzeln auch jenen Zuschauern zu empfehlen ist, die ansonsten nicht allzu viel mit asiatischen Animeserien anfangen können.