Im Urlaub erlebt man oft so viele neue und schöne Dinge, dass man, wieder daheim angekommen, gar nicht weiß, wo man mit Erzählen anfangen soll. Dabei ist es gar nicht so schwer, die Reiseeindrücke schriftlich und dazu noch in kreativer Form zu fixieren. Wie man ein solches Reisetagebuch entwirft und benutzt, erklärt Ilona Lütkemeyer in ihrem Buch "Mit 80 Seiten um die Welt".

Vier Kapitel nebst Vorwort entdeckt der Leser in dem handlichen, etwa hundert Seiten umfassenden Büchlein. Das Vorwort dient nicht nur zur Einstimmung ins Thema, sondern gibt auch erste Ratschläge bezüglich des Reisetagebuches, etwa nach welchen Kriterien das Schreibbuch ausgewählt werden sollte und was es bei der Wahl des Schreibgerätes zu beachten gilt. Auch über die allgemeine Gestaltung werden einige Worte verloren, ehe der Hauptteil mit dem Kapitel Planung und Aufbruch beginnt. Erste Schreibübungen sollen die Hemmung vor dem bis dahin noch leeren Papier nehmen und führen spielerisch in das kreative Schreiben ein. So soll man etwa eine Doppelseite mit Stichpunkten anlegen, worauf genau man sich freut, oder den Inhalt des gepackten Koffers so beschreiben, als gehöre er einem Fremden.
Das zweite Kapitel mit dem Titel Unterwegs stellt Schreibübungen vor, die sich vor allem aus bestimmten Urlaubssituationen heraus ergeben. Mitreisende oder Urlaubsorte werden so per Akrostichon - die Anfangsbuchstaben von Versen ergeben, untereinander gelesen, ein Wort oder einen Satz, in diesem Fall den Namen des Mitreisenden oder des Reiseziels - charakterisiert, man verfasst einen "Schnapptext", also eine Art Schnappschuss in schriftlicher Form, oder man schlüpft in die Rolle eines Liebesromanautors und beschreibt eine Szene wie einen Sonnenuntergang ganz besonders kitschig und übertrieben. Aber auch ganz einfache Dinge werden thematisiert, so das Anlegen eines Reisewörterbuchs mit Worten in der Fremdsprache, die einem besonders gefallen, und das Briefeschreiben.
Ist man erst einmal wieder daheim angekommen, hilft das kurze Kapitel Zurück dabei, die gesammelten Eindrücke und Ideen in Worte zu fassen. So lässt sich etwa aus der Ich-Perspektive eines Andenkens berichten, wo und wann man es erstanden hat. Zudem gibt eine lange Liste an Fragen, die man schriftlich beantworten soll, zum Beispiel welches die interessanteste Erfahrung war oder ob man das Reiseziel noch einmal aufsuchen würde.
Den Abschluss bildet Nach der Reise ist vor der Reise, das vierte und letzte Kapitel. Hier werden allgemeinere Themen behandelt, beispielsweise als welchen Reisetyp man sich am ehesten beschreiben würde. Aber auch die schöne Idee, seinen Füßen einen Dankesbrief für die vielen gemeinsamen Stunden unterwegs zu schreiben, findet sich hier.

Mit Ilona Lütkemeyers "Mit 80 Tagen um die Welt" lernt man nicht unbedingt, besser zu schreiben: Die vielen Übungen helfen, die vorhandenen oder noch nicht entdeckten Fertigkeiten zu trainieren und auszubauen. Wer also vorher noch kein begabter Schriftsteller war, wird es nach dem Lesen des Buches vermutlich auch nicht sein. Aber ob talentiert oder nicht, hier steht der Spaß am Schreiben und an der Kreativität im Vordergrund. Und der ist definitiv gegeben. Viele kreative Vorschläge helfen dabei, ein Reisetagebuch anzulegen und dieses unterhaltsam und kurzweilig zu führen. Es macht viel Spaß, die einzelnen Übungen auszuprobieren und die eine oder andere sogar individuell abzuwandeln. Dazu muss man nicht einmal im Urlaub sein; auch für alltägliche Begebenheiten eignen sich die vorgeschlagenen Übungen. Jede Übung wird mit einem passenden Sprichwort oder einem Zitat aus Literatur und Film eingeleitet, immer gibt es darstellende Beispiele aus der Literatur oder von der Autorin selbst verfasst. Illustrationen von Dorothea B. Nolting und die eine oder andere Fotografie lockern die kurzen und kurzweiligen Übungen auf.
Die kleinschrittige Einteilung in vier Kapitel indes erweist sich als unnötig. Die besten - und kreativsten - Übungen finden sich im zweiten Kapitel, das zugleich den inhaltlichen Schwerpunkt darstellt und vollauf genügt hätte. Die übrigen knappen Kapitel sind da eher Kosmetik und wären am besten zusammengefasst worden.

Das Buch "Mit 80 Seiten um die Welt" bietet dem Leser ein buntes Sammelsurium an Schreibübungen, mit deren Hilfe man seine Fertigkeiten auf Reisen üben kann und am Ende ein tolles Reisetagebuch und Andenken an den Urlaub kreiert hat. Aber auch Leser, die das Schreiben mit guten Übungen trainieren wollen, machen mit einem Kauf nichts verkehrt.