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Mit "Herr der Ringe - Die Eroberung" liefert Electronic Arts einen Titel ab, der vom Grundgedanken her alle Möglichkeiten bietet, sich von der Masse abzuheben; wenn jedoch so gut wie alles falsch gemacht wird, was falsch gemacht werden kann, dann ist selbst ein Spiel, das nach einem simplen und guten Prinzip gestrickt ist, verloren.
Das Übel nimmt seinen Anfang bei der Story: Was wäre, wenn Frodo den Einen Ring nicht mit Hilfe von Gollum vernichtet hätte? Was, wenn Sauron anschließend gnadenlos über Mittelerde gewütet hätte? Aus diesem Gedanken hätte man nur allzu leicht etwas Greifbares machen können. Eine gute Storyline, die zu begeistern weiß mit neuen Schlachten, neuen Siegen und unvermuteten Niederlagen. Man hatte die Möglichkeit, ein Sequel vom Herrn der Ringe zu machen, beziehungsweise eine "alternative Realität" der Fiktion, was ja an sich schonmal ein netter Gedanke ist. Aber anstatt diese ihnen erwiesene Ehre zu nutzen, flickten die Spieleschmiede eine lahme, kurze und völlig vorhersehbare Geschichte zusammen, angereichert mit aus dem Zusammenhang gerissenen und neu aneinander geklebten Szenen der Filme. Soviel verschenktes Potenzial schmerzt.
Was bei der Story schief lief, setzt sich im Gameplay fort. Zu steuern sind vier verschiedene Klassen, allesamt an jedem Checkpoint abrufbar und durchtauschbar: Krieger, Bogenschütze, Zauberer und Scouts. Der Krieger prügelt sich brutal durch ganze Heere, der Bogenschütze erledigt präzise und effizient, der Zauberer besitzt die Gabe der Heilung sowie einige Fernangriffe, und der Scout kann sich unsichtbar machen und dabei einen Gegner mit einem Meuchelangriff direkt töten. Jede Charakterklasse besitzt ein paar Spezialfähigkeiten, die schnell erlernt sind und bald nichts Neues bieten. Ein Rollenspiel-Element hätte hier sicherlich gut getan, Erfahrungspunkte und neu zu erwerbende Fähigkeiten wären das Mindeste gewesen, um ein wenig Abwechslung und Spielsucht zu erzeugen.
Das Grundkonzept des Spiels ähnelt den "Dynasty-Warriors"-Titeln; große Schlachtfelder mit allerhand Kampfgetümmel, man selbst mittendrin, auf die Knöpfe des Controllers kloppend. Verteilt auf den Landkarten sind immer wieder feindliche Stellungen, die eingenommen werden müssen und anschließend als Check- und Respawnpoints dienen. Leider ist "Herr der Ringe - Die Eroberung" so konzipiert, dass Buttonsmashing oft mehr bringt als taktisches Vorgehen, und so wird die Kriegerklasse bevorzugt, während die anderen Klassen nur gelegentlich gebraucht werden. Im Mehrspielermodus wird dieses Manko wiederum gutgemacht, und auch im Zweispielermodus im Splitscreen macht das Spiel dann doch Spaß.
Um das Kampfgeschehen aufzulockern, wurden allerhand Nebencharaktere und Helden eingebaut, deren Kontrolle man immer mal wieder übernehmen darf. Ob das nun ein Ent, Gandalf, Saruman, der Balrog oder ein Olifant ist, immer liegt den Charakteren ein einziges Schema zu Grunde, so verhält sich der Spezialcharakter Gandalf auch nicht anders als ein normal zu steuernder Zauberer, und Legolas besitzt die gleichen Spezialmoves wie jeder Bogenschütze. So hat man zwar die Möglichkeit, neue Charakter zu spielen, aber in Wahrheit ist es nur das Gleiche in grün. Vor allem beim Steuern der Nebenfiguren wurde viel verschenkt, so zoomt beim Ritt eines Olifanten die Perspektive so weit nach oben, dass der Olifant selbst schon sehr klein ist und das Getümmel auf dem Schlachtfeld komplett aus der Sicht fällt. Und so trampelt man mit dem gigantischen Dickhäuter über eine öde Landschaft und ärgert sich über die schlechte Steuerung des Viehs. Hier hätte man die Fähigkeiten der heutigen Konsolen ausreizen können, doch was da abgeliefert wird, bleibt weit hinter dem Standard zurück.
Auch grafisch wurde gefaulenzt: triste Texturen, durchweg scharfe Kanten und belangloses Leveldesign überall. Das, was da geboten wird, überzeugt in keinerlei Hinsicht. Zumindest flüssig flimmern die Massenschlachten über den Schirm, doch damit ist schon so gut wie alles Positive über die Grafik gesagt. Die Charakter sind klein und undetailliert, die Hintergründe langweilig und einfallslos. Die Filmsequenzen, auch wenn sie nun neu zusammengeschnitten sind, kennt man mittlerweile und würde sie wohl wegdrücken, wenn die alternative Story nicht wenigstens ein bißchen interessant wäre.
Die Länge des Spiels ernüchtert schnell: Die "gute" Kampagne ist in drei bis vier Stunden durchgezockt (vor allem zu zweit wird das Spiel sehr einfach), und die nachfolgende Kampagne, Saurons Aufstieg und Versklavung Mittelerdes, nimmt auch nicht mehr Zeit in Anspruch. Die Endgegner sind teilweise ein echter Witz; vor allem der Scout mit seiner Meuchel-Eigenschaft ist hier viel zu mächtig. So kloppt man sich sang- und klanglos durch fade Levels mit ein paar wenigen lichten Augenblicken (die Kontrolle über Sauron oder die Verwüstung des Auenlands sind da gute Beispiele), bis ganz überraschend der Abspann auch die letzte Hoffnung darauf zerstört, dass der letzte Endgegner noch in einer neuen, schwierigeren Form reinkarniert.
Alles in allem ist "Der Herr der Ringe - Die Eroberung" ein uninteressanter Titel geworden, den man sich besser aus der Videothek ausleiht, um ihn über ein Wochenende zu zocken, als ihn für den Ladenpreis von knapp siebzig Euro zu erstehen. Da die im Spiel enthaltenen Filmsequenzen offenbar aus der FSK-16 Version der Trilogie entnommen wurden, ist auch das Spiel selbst nicht für Kinder erhältlich. Wer also ein recht simples Haudrauf-Actiongame ohne große Ansprüche spielen will, der kann hier zugreifen, aber es sei geraten, die Multiplayer-Optionen zu nutzen, um zumindest die wenigen spaßigen Seiten des Spiels kennen zu lernen.