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Die pädagogische Psychologie ist der Zweig der Psychologie, der sich mit dem Lernen und der Entwicklung beschäftigt, insbesondere natürlich der Entwicklung von Kindern. Einführungen in dieses Fach gibt es einige und von fast allen Büchern kann man sagen, dass sie Klassiker geworden sind. Ab und zu werden sie aktualisiert, aber sie verhaften seit langer Zeit die üblichen Verdächtigen: welche Entwicklungsstufen Kinder durchlaufen, welche wichtigen Theorien des Lernens und Lehrens es gibt, wie Motivation das Lernen beeinflusst, wie Sprache erworben wird, welche Lernstörungen es gibt, welche Rolle die Kultur für Kinder spielt. Zudem werden Leistungsmessungen thematisiert, sowohl standardisierte Tests als auch Notengebung in der Klasse, wie man als Lehrer eine positive Lehrerpersönlichkeit erwirbt, wie man den Kontakt zwischen Schule und Elternhaus gestaltet.
Im Einzelnen:
Kapitel 1: Lehrer, Unterrichten und pädagogische Psychologie
Teil I - Die Schüler
Kapitel 2: Kognitive Entwicklung und Spracherwerb
Kapitel 3: Persönlichkeits-, soziale und emotionale Entwicklung
Kapitel 4: Individuelle Unterschiede im Lernen und Lernstörungen
Kapitel 5: Kultur und Vielfalt
Teil II - Lernen und Motivation
Kapitel 6: Behavioristische Sichtweise des Lernens
Kapitel 7: Kognitive Theorien des Lernens
Kapitel 8: Komplexe kognitive Prozesse
Kapitel 9: Sozial-kognitive und konstruktivistische Lernansätze
Kapitel 10: Motivation im Lehr- und Lernprozess
Kapitel 11: Lernen und soziales Engagement: Zusammenarbeit und Gemeinschaft
Teil III - Unterrichten und Leistungsmessung
Kapitel 12: Lernumgebungen schaffen
Kapitel 13: Unterrichten zum Lernen
Kapitel 14: Standardisierte Tests
Kapitel 15: Erfassen von Leistungen und Notengebung
Kapitel 16: Lernen mit Medien und lebenslanges Lernen
Die üblichen Verdächtigen eben.
Braucht man also eine weitere Einführung in die pädagogische Psychologie? Reicht es nicht, dass man ein Werk zu Hause hat, das alle wichtigen Themen anreißt, aber nichts wirklich fundiert auseinanderpflückt?
In mehreren Hinsichten unterscheidet sich dieses Buch von Woolfolk von anderen Einführungen.
Zum ersten fällt auf, dass nicht ein Autorenkollektiv dieses Buch geschrieben hat, sondern eine einzelne Person, eine Professorin für Educational Psychology von der Ohio State University. Welchen Unterschied das macht, erfährt man aber erst, wenn man sich dieses Buch gründlich zu Gemüte führt. Es liest sich wesentlich einheitlicher als andere Einführungen. Das soll andere Einführungen nicht schlecht machen. Vielfalt ist etwas sehr Wertvolles. Doch gerade für junge Studenten und interessierte Laien wird dieses "wie aus einem Guss" sehr angenehm sein. Zweitens ist dieses Buch sehr deutlich auf eine Praxis hin orientiert. Die Theorie ist klar gegliedert, doch zielt diese stark auf Beispiele und Ratschläge für professionelle Pädagogen und Eltern. In jedem Kapitel gibt es separate Kästen mit "Richtlinien". Diese geben konkrete Tipps, wie man die gerade diskutierte Theorie praktisch umsetzen kann. Zudem werden zahlreiche Beispiele gegeben, wie andere Pädagogen Theorien umgesetzt haben und teilweise erzählen auch Schüler selbst, was sie an einem Unterricht, einem Lehrer besonders gut oder schlecht gefunden haben.
Die klare Orientierung auf eine Praxis vernachlässigt nicht die Theorie. Wie bereits gesagt, widmet sich dieses Buch den nämlichen Themen, die man auch sonst in Einführungen in die pädagogische Psychologie finden kann. Deutlich eingeschränkt wird die kritische Diskussion von Theorien. Woolfolk stellt sich widersprechende Theorien vor, debattiert aber nur knapp das Für und Wider.
Dafür werden Begriffe sehr plastisch dargestellt. Zusammen mit den praktischen Anleitungen und den Fallbeispielen entsteht eine gute Verknüpfung zwischen Praxis und Theorie. Zudem werden am unteren Rand jeder Seite die wichtigsten Begriffe noch einmal präzise zusammengefasst.
Drittens dürfte den Insidern aufgefallen sein, wie viele Kapitel sich mit der Sozialität des Lernens beschäftigen (Kapitel 5, 11 und 12) und dass zwei Kapitel (13 und 16) sich auf ein Lernen des Lernens und ein Lernen über die Schule hinaus beziehen. Die Bedeutung der Schule liegt nicht so sehr - könnte man dies zusammenfassen - in der Bildung, als in dem "Heranreifen machen" metakognitiver Strategien und der Wertschätzung von Lernprozessen außerhalb und nach der Schule.
Schließlich gibt es am Ende jedes Kapitels eine Zusammenfassung und nützliche Links ins Internet. Diese verweisen meist auf englische Seiten. Der Pearson-Verlag stellt zudem auf den eigenen Seiten weiteres Material zur Verfügung.
Man kann dieses Buch nur loben. Eine klare Gliederung, eine schlichte, gut durchstrukturierte Darstellung, die auch komplexe Sachverhalte rasch vermittelt und funktionale, übersichtliche Grafiken; all dies macht das Lesen zu einem wirklichen Genuss. Die sehr praktische Orientierung liefert zudem viel Stoff zum Nachdenken, wie es in der eigenen Schulzeit gewesen ist, wie man im Moment lernt und wie sinnvoll das ist, und natürlich kann man von hier aus rasch den eigenen Unterricht durchdenken und an die Theorie zurückbinden.
So ist dieses Buch letzten Endes nicht nur für Pädagogen ein Gewinn. Gerade weil es sich nicht mit Spezialdiskussionen aufhält, eignet es sich für alle, die sich intensiver mit dem Lernen auseinandersetzen wollen, seien dies Eltern, Trainer, Teamleiter oder einfach nur interessierte Laien.