Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Bei jedem Einkauf im Supermarkt begegnet man ihnen, jedes Mal redet man mit ihnen oder hat zumindest kurz mit ihnen zu tun, aber ihre Namen kennen wir normalerweise höchstens von ihrem Namensschild: Kassiererinnen. Die meisten von ihnen haben nicht unbedingt den beneidenswertesten Job der Welt, und trotzdem sind sie unverzichtbar im täglichen Leben. Die Französin Anna Sam, die ihr Literaturstudium mit der Arbeit als Kassiererin finanzierte, hatte mit ihrem satirischen Blog über das alltägliche Leben im Supermarkt viel Erfolg und beschloss, ihre Erfahrungen in Buchform festzuhalten. "Die Leiden einer jungen Kassiererin", im Original "Les tribulations dÂ’une caissière", erschien nun im Januar 2009 bei Riemann.
In vielen kurzen Kapiteln widmet sich Sam den Freuden und Leiden des Lebens einer "Servicemitarbeiterin Kasse". Nahezu jede mögliche Situation im Supermarkt wird vorgestellt und entsprechend ironisch kommentiert. Da geht es um mehr oder weniger adrette Arbeitskleidung, die nicht einmal den Versuch macht, ihre Träger zu kleiden, Rabattaktionen und Ausverkäufe, die den bissigen Ehrgeiz in der sonst so netten Hausfrau wecken, lustige Gespräche mit zahlungsunwilligen Kunden, den Schrecken der Schnellkasse und ihrer Kunden, das alljährliche Drama zu Weihnachten und vieles mehr, das der eine oder andere Leser sicher schon selbst im Supermarkt erlebt hat, entweder als Kunde oder tatsächlich als Kassierer.
Dabei beschreibt Anna Sam diese Ereignisse weniger als konkrete eigene Erfahrungen, sondern verallgemeinert sie, so dass jeder, der schon mal an der Kasse gearbeitet hat, sich in verschiedenen Situationen wiederentdecken kann. Diese ganzen Begebenheiten als Blog Tag für Tag oder Woche für Woche zu lesen, ist sicherlich recht amüsant. Komprimiert auf 171 Seiten lassen die augenzwinkernden Berichte aber dann doch stark nach. Zum einen ist es dieser fehlende subjektive Bezug, die durch die Verallgemeinerung fehlende Situationskomik. Sams Humor wirkt bemüht und teilweise recht banal, und so sind die wenigen richtig guten Pointen unter Belanglosem und Nettem, aber nicht Erwähnenswertem versteckt. Vor allem die beispielhaften Dialoge zwischen Kassiererin und Kunden lesen sich zumeist gestelzt und konstruiert. Das Leben einer Kassiererin mag sicherlich nicht der aufregendste Job der Welt sein, aber hier fehlen einfach der Pep, die Würze, die fiesen Sprüche und der bissige Humor.
Als Geschenkbuch für Bekannte, die als "Servicemitarbeiter Kasse" arbeiten oder schon einmal gearbeitet haben, ist das Buch aus dem Riemann Verlag sicherlich keine schlechte Idee. Leider bleibt es aber bei Allgemeinfloskeln; die individuelle Note fehlt völlig, und auch der Humor ist eher bemüht denn gelungen. "Die Leiden einer jungen Kassiererin" bleibt damit ein eher mäßiger Versuch, mit satirischen Anekdoten zu punkten.