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 Der Palast von Eschnapur

Autoren: Inka Brand, Markus Brand
Verlag: AMIGO

Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Es ist eines der ungelösten Rätsel, was genau ein Spiel ausmacht, sodass es von Gelegenheits- und Vielspielern gleichermaßen gerne auf den Tisch gebracht wird. Erstere spielen lieber zum x-ten Mal Monopoly, letztere grübeln lieber drei Stunden lang über "Agricola". Spiele, die die beiden Gruppen halbwegs vereinen, wie etwa "Stone Age" oder "Zug um Zug", sind eher selten. Dennoch wird der Versuch, die Massen mit einem leichten Strategiespiel zu begeistern, immer wieder aufs Neue gestartet - diesmal von Inka und Markus Brand mit ihrem jüngst erschienenen Titel "Der Palast von Eschnapur". Leider ein Misserfolg, fast schon auf ganzer Linie.

Wie überall sonst heutzutage übernehmen die Spieler die Rolle von Baumeistern, die gemeinsam den prächtigen Palast des Maharadschas hochzimmern sollen. Dafür müssen sie die Beamten des Herrschers bestechen, um Bausteine heranzukarren und die anderen Spieler zu behindern. So viel zum Thema.
[imgleft]images/UploadGrafiken/PalastEschnapur1.jpg[/imgleft]In der Praxis schaut es so aus, dass jeder von Anfang an Geldkarten im Wert von null bis fünf auf der Hand hat sowie Karten, die die acht verschiedenen Teile des Palasts zeigen. Jede Runde besteht darin, dass die Spieler geheim zwei Teile auswählen, an denen sie diese Runde bauen wollen und dass sie auf jeden der fünf Beamten verdeckt eine Geldkarte ablegen. Danach werden die Beamten der Reihe nach ausgewertet - wer die höchste Geldkarte gelegt hat, darf dessen Aktion für sich in Anspruch nehmen. So kann man die Geldkarte eines Spielers oder einen Palastteil blocken, die Spielerreihenfolge neu festlegen oder einen bereits gesetzten Klotz auf der Baustelle verschieben. Gemein: Wenn zwei Spieler die höchste Karte gelegt haben, stechen sie sich gegenseitig aus und derjenige mit der nächsthöchsten gewinnt. Außerdem bekommen die Spieler bei einem der Beamten ihre Bauklötze, wobei es auch hier weniger gibt, wenn mehrere die gleiche Karte gelegt haben.
In Reihenfolge setzen die Spieler dann ihre Bausteine auf die Palastteile, die sie sich zu Beginn der Runde ausgesucht haben - vorausgesetzt, sie sind nicht blockiert. Sobald ein Palastteil fertig gebaut ist, erhält jeder Spieler Siegpunkte, je nachdem wie hoch und wie viel er am entsprechenden Teil gebaut hat. Das Ganze wird dann so lange wiederholt, bis eine bestimmte Anzahl von Palastteilen fertiggestellt ist - derjenige mit den meisten Punkten hat gewonnen.

Erfahrene Spieler haben es vielleicht schon gemerkt: "Der Palast von Eschnapur" hat mitunter nicht viel mit Strategie und cleverem Überlegen zu tun, sondern ist im Endeffekt furchtbar beliebig. Natürlich kann man hinterfragen, welche Geldkarten wohl die Mitspieler auf ihre Beamten legen werden, aber das macht in etwa so viel Sinn und Spaß, wie die Sache einfach auszuwürfeln. Obendrein machen einige der Beamten zu Beginn des Spiels noch gar keinen Sinn, da beispielsweise die Spielerreihenfolge die ersten drei Runden lang ziemlich egal sein dürfte. Wem nur Schadenfreude echte Freude ist, der könnte an dem System freilich kurzzeitig Gefallen finden, schließlich ist die Häme am Tisch groß, wenn sich zwei Fünfen gegenseitig ausstechen und dann eine Eins gewinnt oder die wichtige Karte eines Mitspielers blockiert wird. Hohe Geldkarten gehen jedoch nicht völlig verloren, sondern werden einem speziellen Punktestand des Spielers angerechnet, den Privilegpunkten. Diese kann man einsetzen, um sich bestimmte Privilegkarten zu kaufen, die einem einmalige Vorteile sichern wie etwa drei Bausteine mehr, das Gewinnen aller Gleichstände einer Runde oder das Ignorieren blockierter Palastteile.
[imgright]images/UploadGrafiken/PalastEschnapur2.jpg[/imgright]Sollte hier die strategische Komponente des Spiels liegen? Weit gefehlt! Laut Regel darf man sich diese Privilegkarten jederzeit kaufen - und wer zuerst schreit, bekommt zuerst. Was aber, wenn man eine Karte haben will, die nur in einer bestimmten Phase gilt? Wie wird überhaupt festgelegt, wann diese Phase genau beginnt? Streitereien am Tisch, wer wann sein Privileg zuerst angemeldet hat und anmelden durfte, sind vorprogrammiert, da schiebt die Regel den Schwarzen Peter an die Spieler ab. Außerdem gewinnt ohnehin meistens der, der sich das Privileg mit den drei extra Bausteinen schnappt ?

"Der Palast von Eschnapur" ist ein Spiel, über das man kaum Kontrolle hat und dem man sich deshalb hoffnungslos ausgeliefert fühlt. Und spätestens nach der dritten Partie sollte klar sein, dass man hier immer das Gleiche tut, sich keine Abwechslung ergibt, nur ein stumpfes Kartenlegen und Bauklötzesetzen. Was nicht heißen soll, dass das Spiel völlig spaßfrei ist. Zu zweit macht das Ganze schon mehr Sinn, da kein Dritter mehr vom Ausstechen zweier gleicher Karten profitieren kann. Außerdem sind die letzten zwei oder drei Runden meist recht spannend, da es hier wirklich darauf ankommt, wer es schafft, welchen Beamten zu bestechen. Die Komponenten des Spiels sind ebenfalls schön geraten. Das alles lenkt aber nicht davon ab, dass man "Der Palast von Eschnapur" nach ein paar Partien wieder weglegen und vergessen wird - egal, ob Gelegenheits- oder Vielspieler.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 1. Januar 2009 | Preis: 28 Euro

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