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Angesichts der Terroranschläge in New York, London und Madrid, der mit perverser Regelmäßigkeit auftretenden Selbstmordattentate im Nahen Osten und vor allem angesichts des versuchten Anschlags auf Regionalzüge in Köln stellt sich eine besonders beunruhigende Frage: Wann wird es auch hier in Deutschland geschehen? In den Augen islamischer Extremisten gehören wir genauso zum Feind wie die USA und Großbritannien. Plant also vielleicht genau jetzt irgendjemand den ersten großen Anschlag auf eine deutsche Stadt?
Der Film "Zelle" versucht, genau so eine Gruppe von islamischen Fanatikern näher zu untersuchen. In Köln finden sich Tariq, Mesut, Levent, Sarajevo und Marc regelmäßig zusammen, um über den Islam und die Welt zu sprechen. Es könnten ganz normale Versammlungen sein, wäre nicht immer mal wieder von bestimmten Mechanismen und Plänen die Rede. Kopf der Gruppe ist der Maschinenbaustudent Tariq, ein kluger Kerl und ein sehr wütender, junger Mann. Sarajevo hat den Horror in Serbien miterlebt, Mesut hat arge finanzielle Probleme und findet in Levent einen Gleichgesinnten. Marc ist ein Deutscher, der sich mit seinem ganzen Wesen zum Islam bekehrt hat. Doch sollte einer von ihnen etwa ein Verräter sein?
"Zelle" geht es vor allem darum, die verschiedenen Persönlichkeiten dieser kleinen Terrororganisation vorzustellen und mögliche Beweggründe für ihren Extremismus zu zeigen. So was wie eine Geschichte bleibt da bis zum letzten Teil weitestgehend auf der Strecke. Mehr noch, die ungeschickte Konstruktion des Skripts sorgt eher für Verwirrung, da der Film auf verschiedenen Zeitebenen spielt, die zu Beginn jedoch nicht eindeutig voneinander getrennt werden. Die Meetings in einer kleinen, dunklen Wohnung sind anscheinend schon die voll in der Planung befindliche Zelle, auch wenn sie vor der Kamera bis zum Schluss fast nie darüber reden. Zwischendurch gibt es vor allem Rückblenden dahin, was der Bezug der einzelnen Charaktere zum Islam ist und wie sie für die Zelle rekrutiert wurden. Doch bis man das gemerkt hat, ist bereits die Hälfte des Films vergangen. Auch die Regie ist nicht gerade astrein geraten. Zwar mag das Budget von "Zelle" quasi non-existent gewesen sein - und man sieht es dem Film auch zu jeder Minute an -, das ist aber trotzdem kein Grund für eine schlampige Inszenierung der Dialoge, in denen viel zu sehr mit schwindelerregenden Close-Ups gearbeitet wird und die Köpfe der Darsteller durch das Bildformat regelmäßig abgeschnitten werden.
Eigentlich ist der Stoff der Geschichte ja hochbrisant und auch interessant, doch irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass sich "Zelle" letzten Endes vor wirklicher Provokation drückt. Okay, der freundliche Student oder der unscheinbare Nachbar von nebenan könnte selbst gerade ein furchtbares Attentat planen, und sie alle mögen unterschiedliche Gründe für ihren Fanatismus haben - aber das ist durch die Nachrichten bereits bekannt, was sagt das nun über den Terrorismus in Deutschland aus? Soll man nun vorsichtiger mit seinen islamistischen Nachbarn umgehen? Wohl kaum. Islamisten sind nur deswegen Fanatiker, weil sie traumatisiert wurden oder wütend auf die westliche Zivilisation sind? Diese Erkenntnis scheint zu simpel, nur ist Terrorismus und die Ursache davon kein simples Thema.
Vielleicht will "Zelle" ja gar keine so großen Aussagen tätigen - dann ist der Film aber leider auch nicht aufregender als ein Nachrichtenbeitrag. Und dabei bemüht er sich zeitweise noch, wie ein Thriller daherzukommen, was nur teilweise gelingt. Bei den Darstellern überzeugen lediglich Yunus Cumartpay als Tariq und Kasem Hoxha als Sarajevo durch gefährliches Charisma.
Der Stoff von "Zelle" hat viel Potential, das hier in Deutschland noch lange nicht ausgeschöpft ist. Die Freude über so ein deutsches Filmprojekt ist groß, umso größer jedoch auch die Enttäuschung, dass es in Sachen Produktionsqualität, Skript und Denkanstößen hinter den Erwartungen zurückbleibt. Hoffentlich schafft es ein anderer Film, und nicht der nächste Anschlag, die Debatte über Terrorismus in Deutschland neu anzuheizen.