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 DSA-Roman, Band 6: Feuerodem

Serie: DSA-Roman, Band 6
System: Das Schwarze Auge
Autoren: Pamela Rumpel
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +----
Anspruch
Brutalität
Gefühl
Humor
Spannung
In diesem sechsten Band der DSA-Roman-Reihe finden sich drei Männer zu einer gefahrvollen Reise zusammen. Der junge Thorwaler Firunwulf hat der Heimat vorläufig den Rücken gekehrt, weil dem wählerischen Burschen das heiratsfähige Weibsvolk seiner Otta nicht zusagt. Im Rahjatempel zu Belhanka wurde ihm am Ende einer Reise voller Prüfungen die perfekte Braut prophezeit, deren Schönheit dermaßen unbeschreiblich ist, dass man im ganzen Roman gerade mal ihre Haarfarbe erfährt. Er schließt sich dem Nivesen Aßannam an, der seit knapp dreißig Jahren in Aventurien unterwegs ist, um eine Möglichkeit zu finden, seinen schlimmen Frevel an einem Götterboten wieder gutzumachen. Nachdem ein kleines Abenteuer nahe einer nicht weiter genannten Hafenstadt die beiden zusammengeschweißt hat, gabeln sie noch den jugendlichen Barden Sandor auf, und da sie ihm dabei das Leben gerettet haben, macht er halt die Reise mit.
So geht es über die Hohen Eternen in die gefahrenträchtige Khomwüste, von dort flugs in die verschneiten Nivesenlande und weiter nach Norden, von wo aus man der Erfüllung der jeweiligen Schicksale entgegenstrebt. Allerdings gibt es da noch eine weitere, dunkle, - man ahnt es schon - namenlose Partei, die auch mitspielen will ...

Zuallererst ein Hinweis: Man sollte nicht alles glauben, was im Klappentext steht; Sänger und Bogenschütze sind zwei eigenständige Figuren, und in Thorwal sind die Bräute nicht rar, sondern scheinbar einfach nur sehr unattraktiv.
Als rar dagegen kann man wohl Aventurienverständnis und Erzählkompetenz der Autorin bezeichnen, wobei das Lektorat dieses Werkes eigentlich die größere Schelte verdient hat: Da werden Fehler stehen gelassen ("der Otta", wo es doch "die Otta" heißt; "Orangen" statt "Arangen"), interessante Dinge dagegen fehlen wie etwa der Name des Hafens, der nach Belhanka angefahren wird. Da liest man erstaunt, dass der Thorwaler "in bester Tradition" Wein trinkt, und muss mit abergläubischem Entsetzen erfahren, dass die Thorwalersippe ihr Drachenschiff "Graue Schlange" genannt hat - Hranngar wird sich freuen. Firunwulfs Schwert entwickelt Eigenleben, indem es sich an Bord zeitweise in eine eigentlich thorwalergerechte Streitaxt verwandelt und ihm an anderer Stelle zwischen den Zeilen in die Hand springt: Er bestreitet einen Kampf zunächst waffenlos und wirft schließlich das Schwert weg. Eine Gräfin wird mit "Euer Gnaden" angesprochen (so grüßt man nur Geweihte), in der Wüste wird ein Dankesfest zu Ehren von Rastullah und Phex gefeiert, und der Zwerg im Gebirge wird zwar richtig als Angehöriger der Angroschim bezeichnet, grüßt aber fröhlich in Ingerimms statt Angroschs Namen. Derlei Recherchefehler sind eigentlich unverzeihlich, zumal ganz am Ende noch für das Lexikon des Schwarzen Auges geworben wird, in dem die meisten dieser Dinge richtig drinstehen. Hier wurde offenbar die Qualität einer stimmigen Erzählung der schnöden Quantität einer monatlichen Veröffentlichung geopfert. Anders ist es nicht zu erklären, warum DSA-Schöpfer Ulrich Kiesow seinen Herausgebernamen für ein derart schlecht recherchiertes und lektoriertes Roman-Unding hergeben konnte. Immerhin, Rechtschreibfehler sind selten.
Der Autorin hingegen muss man die blassen stereotypen Charaktere, die hanebüchene Geschichte und vor allem die Erzählweise zum Vorwurf machen. Keine der Hauptfiguren macht eine nennenswerte Wandlung während der ereignisreichen Reise durch - Firunwulf bleibt ungestüm und unbesonnen, Aßannam weiß alles und ist unfehlbar, und Sandor ist, von wenigen Ausnahmesituationen abgesehen, objektiv betrachtet nur ein Klotz am Bein -, Nebenfiguren werden so konstruiert eingesetzt, wie es für die Geschichte gerade von Nutzen ist, und in Frau Rumpels Aventurien sind junge Frauen entweder schön und naiv oder schön und gefährlich, weil verflucht. Beinahe sympathisch kommt da der sadistische Sultan Nasreddin rüber, weil seinem grausamen Humor hier ausreichend Spielraum gelassen wurde. Und zumindest bei Firunwulf und Sandor hätte man sich öfters mal eine Beschreibung ihrer Reaktionen auf bestimmte Begebenheiten gewünscht. Dem Glanz des Rahjatempels von Belhanka begegnet der Thorwaler zwar "voller Ehrfurcht", aber mehr Worte hat die Autorin dafür nicht übrig. Seltsame Ereignisse wie ein goldener, feuerspeiender Eber, die Verwandlung einer schönen Frau in eine Flugbestie oder auch das Erwachen einer Echsengottheit werden von den Helden unkommentiert erlebt, als wären sie nicht dabei oder hätten dergleichen schon oft gesehen. Zudem ist diese Heldengruppe zu oft Situationen ausgesetzt, aus denen sie nur noch ein Deus ex machina befreien kann (explizit: "Doch ein Gott gab ihm die Kraft zu schreien.").
Die Heldentruppe stolpert von Abenteuer zu Abenteuer in einem Tempo, als liefe ein Taxameter mit, allzu oft auf Kosten der Atmosphäre. Belhanka wird nicht beschrieben, der Weg durch die Hohen Eternen ohne Aufhebens abgespult, der Ritt durch die Wüste gleicht einem Praiostagsausflug, Sand- und Eisstürme werden in wenigen Sätzen abgehandelt, das alles kommt so episodenhaft daher, dass das Lesen zur Qual wird. Dies wird noch unterstützt durch sehr viele kurze langweilige Hauptsätze, schwülstig-archaische Ausdrucksweise (der Favorit: "Lippen, rot wie die Wunden der Liebe, boten sich zum Kuß [...]"), merkwürdig anmutende Bilder wie "die dunkle Wohnung des Herzens" sowie zum Teil irritierende Perspektivensprünge von Absatz zu Absatz. Und wenn man sich dann bis zum Angriff der Wüstenräuber, von denen nie gesagt wird, ob es sich nun um Novadis handelt, durchgekämpft hat, kann man ob der Tatsache, dass dieser Angriff auf schwer zu manövrierenden zweihöckrigen Kamelen vonstatten geht, nur noch abgestumpft wünschen, die Autorin hätte sich von Lawrence von Arabien inspirieren lassen; das anatomische Wunder, dass sich eins dieser Kamele im Todeskampf herumwälzt und den Reiter im Wüstensand zerquetscht, verursacht dann nur noch ein müdes Lidzucken.

Am Ende steht man da, hat einen Fantasyroman hinter sich, in dem ein nivesischer Mittvierziger mit spinnengleicher Leichtigkeit und ohne Zauberkraft eine glatte Turmwand erklimmt, in dem Schneedachse auf Eis besser vorankommen als auf Schnee, in dem Ghule in der Wüste Menschenleichen für gefräßige Weibsbilder heranschaffen, statt beides, Leichen wie Frauen, ihrer Natur entsprechend selber zu verzehren, in dem der Nivese jeden Morgen der Sonne einen Pfeil entgegenschießt, ohne dass ihm je die Geschosse ausgehen, in dem sich Abende "verstohlen" nähern und eine verabredete Stunde "heranschlich" und in dem der DSA-versierte Leser mit noch vielen weiteren Unstimmigkeiten gequält wird, und muss ihn rezensieren, möglichst seriös, und ist dennoch voller Empörung über dieses Werk. Die Frage, auf was denn nun der Titel anspielt - auf den feuerspeienden Eber etwa? -, lässt man entnervt im Raum stehen.
Vielleicht dachte die Autorin, die Abkürzung DSA stünde für "die schlechteste Aventuriendarstellung". An dieses Motto hat sie sich preisverdächtig gehalten. Dieser Roman verschlägt einem den Odem.

Stefan Knopp



Taschenbuch | Erschienen: 1. Januar 1995 | ISBN: 9783453086814 | 265 Seiten | Sprache: Deutsch

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