Nicht erst Aids, BSE beziehungsweise die daraus für den Menschen resultierende Krankheit vCJK oder SARS haben die Menschheit in Angst und Schrecken versetzt. Schon lange zuvor gab es Seuchen, die noch wesentlich aggressiver wüteten; man denke an die mittlerweile halb vergessene Grippeepidemie von 1918/1919, die mehr Todesopfer forderte als der gesamte Erste Weltkrieg, oder an die Pest, die bisweilen Europa geradezu entvölkerte.
Mary Dobsons Buch "Seuchen, die die Welt veränderten - Von Cholera bis SARS" befasst sich mit dreißig Krankheiten, die sich massiv auf die Menschheit ausgewirkt haben.
Eingeteilt ist das Buch in die Abschnitte "Bakterielle Krankheiten", "Parasitäre Krankheiten", "Viruskrankheiten" und "Zivilisationskrankheiten". Die seit jeher berüchtigtsten unter ihnen findet man vor allem in der ersten und dritten Rubrik: Pest, Lepra, Syphilis, Fleckfieber, Cholera, Typhus und Tuberkulose nebst den weniger beachteten Krankheiten Kindbettfieber und Europäische Schlafkrankheit unter den bakteriellen Krankheiten; Pocken, Masern, Gelbfieber, Denguefieber, Tollwut, Kinderlähmung, Grippe, Ebola, Aids und SARS unter den Viruskrankheiten.
Die bekannteste unter den parasitären Krankheiten ist zweifellos die Malaria, gefolgt von der Bilharziose. Nicht minder dramatisch sind aber auch die Kapitel zu den anderen Krankheiten dieses Abschnitts zu lesen, etwa zur Lymphatischen Filariose oder zur Hakenwurmkrankheit.
Es werden vier Zivilisationskrankheiten aufgeführt: Skorbut, eine Krankheit, die auf Vitamin-C-Mangel beruht und vor allem in früheren Zeiten Seeleute betraf, Kuru & CJK (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) - Kuru wurde in Papua-Neuguinea durch kannibalische Gebräuche übertragen -, Krebs und Herzkrankheiten. Man vermisst an dieser Stelle vielleicht Diabetes.

Von vielen dieser Krankheiten dürfte der potenzielle Leser bereits gehört haben, ohne allzu viel über Vorgeschichte, Folgen und Übertragungswege beziehungsweise deren Aufklärung zu wissen. Etliche der aufgeführten Seuchen, etwa Pest, Pocken oder Skorbut, dürften die meisten heute lebenden Mitteleuropäer niemals unmittelbar betreffen. Ihren Beitrag zur Geschichte, sei es zur politisch-kulturellen, sei es zur Medizingeschichte, haben sie dennoch geleistet. All die im Buch betrachteten Krankheiten haben die Menschheit aufgrund ihrer zeitweiligen Aggressivität und des hohen Ansteckungspotenzials zumindest aufgerüttelt und verstört, zum Teil auch beträchtlich dezimiert. Pest und Grippe sind nicht die einzigen Krankheiten, die einige Landstriche regelrecht entvölkerten - es waren nicht zuletzt die Pocken, die den spanischen Conquistadores zum Sieg über die amerikanische Urbevölkerung verhalfen.
Mindestens eine, oft auch drei oder vier Doppelseiten sind jeder Krankheit gewidmet. Unten zieht sich eine Zeitleiste über eine oder zwei Doppelseiten, auf der man in komprimierter Form Informationen über erste Erwähnung, Epidemien und wissenschaftliche Fortschritte bezüglich der jeweiligen Krankheit erhält. Im Haupttext werden Symptome, Verlauf und Ursachen von Epidemien, die soziokulturelle, wissenschaftliche und politische Auseinandersetzung mit der Seuche und die allmählich entwickelten Wege der Bekämpfung geschildert, oft ergänzt von Fallbeispielen, Kurzbiografien wichtiger Forscher, Gebräuchen und anderen interessanten Zusatzinformationen.
Das kurzweilig verfasste Buch ist reich illustriert mit Abbildungen aus unterschiedlichsten Epochen der Menschheits- und Medizingeschichte. Auch abgesehen davon gefällt die zwar schlichte, aber übersichtliche Aufmachung.
Obwohl das Buch natürlich ganz wesentlich von Geschichte und Medizin handelt, sind zur Lektüre keine über eine Basis-Allgemeinbildung hinausgehenden Kenntnisse vonnöten. Gleichwohl bietet das Buch ein bemerkenswertes Niveau und abwechslungsreichen, kurzweiligen Lesestoff. Trotz der tragischen Inhalte ein rundum lesenswertes Buch!