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Manchmal reicht ein Foto aus, um einen Fotografen berühmt zu machen - und manchmal sorgt ein Foto dafür, dass sich ein Fotograf ins kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation gräbt. Bei Annie Leibovitz war es ein Fotoshooting für die Vanity Fair 1991 mit Demi Moore anlässlich ihres neuesten Filmes. Nur war Demi Moore damals hochschwanger und hatte mit Aktfotos kein Problem. So entstand ein Cover, das damals für einen Skandal sorgte, viele Nachahmer nach sich sog - und mit dem Annie Leibovitz wirklich endgültig weltberühmt wurde: eine nackte Schwangere auf dem Cover eines großen Magazins. Ruhiger und bewegender sind da die Bilder von Yoko Ono und John Lennon, aufgenommen nur kurze Zeit vor dessen Ermordung in New York und inzwischen auch weltbekannte Bilder.
So kann die 1949 geborene Fotografin auf ein großes Repertoire an Bildern zurückblicken, die sie zu Recht als eine der "gefeiertsten Fotografinnen" der Welt haben werden lassen, wie der Umschlag des Buches "Annie Leibovitz - At Work" aus dem Schirmer/Mosel Verlag verrät.
Das Buch beginnt dabei zunächst sehr persönlich mit Bildern von LeibovitzÂ’ Familie, bevor Titel und Inhaltsverzeichnis folgen.
Das Buch deckt in unterschiedlicher Länge sowohl chronologisch als auch thematisch die Arbeiten von Annie Leibovitz ab. Dabei sind es die schon erwähnten Bilder ihrer Familie, die sich auch weiter hinten im Buch noch finden und eine Aufnahme ihrer inzwischen verstorbenen Lebensgefährtin Susan Sontag, die eine private und verletzliche Fotografin zeigen. Es gibt aber auch gemäldeähnliche Bilder von Elisabeth II. zu bestaunen, Werbeaufnahmen und Bilder mit Hollywoodstars wie Bruce Willis und Kate Winslet, die zumeist wirken, als hätte man gerade einen spannenden Film angehalten.
Politisches gibt es auch in diesem Buch, vom Ende der Nixon-Ära über die Kriege auf dem Balkan und das Morden in Ruanda bis hin zu Fotos von Barack Obama und Hillary Clinton aus dem Wahlkampf. Gerade bei den Kriegsbildern merkt man, dass hier eine Frau versucht das leise Leid mit der Kamera einzufangen - was ihr auch gelingt, denn die Bilder erzählen von den Menschen eines Krieges und den Greuel, die sich Menschen antun können, ohne dabei reißerisch zu sein.
Annie Leibovitz ist seit 1970 als Fotografin tätig und man merkt dieser kleinen Werkschau diese Zeitspanne an. Unterschiedliche Motive, unterschiedliche Techniken, unterschiedliche Gründe, zur Kamera zu greifen - in diesem Buch findet sich von allem etwas. Einheitlich ist nur der bemerkenswerte Stil der Künstlerin. Von bunten Hochglanzaufnahmen zu wackligen Schwarz-Weiß-Bildern ist alles vorhanden, vom privaten Foto bis hin zu teuren Werbeaufnahmen. Wer auf einer Ausstellung von Annie Leibovitz war, der wird viele Bilder wiedererkennen - aber auch einige Bilder aus einigen Serien vermissen.
Dafür kann man hier die Kommentare der Fotografin zu ihren Bildern nachlesen, die zum Beispiel von ihrer Reisen in die Kriegsgebiete oder von ihrer letzten Fotosession mit Susan Sontag handeln.
Fotografie-Begeisterte werden sich auch über die Kommentare zur Ausrüstung freuen, die man hier ebenso wie die zehn häufigsten gestellten Fragen nachlesen kann. Denn wann hat man schon die Chance, diese Fragen der Fotografin zu stellen, auch wenn sie einen vielleicht brennend interessieren?
Somit ergibt sich schon ein sehr rundes Bild der Fotografin Annie Leibovitz und man bekommt den Eindruck einer ruhigen, sanften, nachdenklichen und hochintelligenten Frau.
Einziges Manko dieses Buch wäre damit wohl seine Größe. Mit 24 mal 19 Zentimetern ist das Buch noch geradezu handlich ausgefallen. Was das Blättern und in der Hand halten sehr angenehm gestaltet, schränkt leider sehr den Platz für die Bilder ein, die als großformatige Aufnahmen natürlich besser zur Geltung kommen. Trotzdem ist die Qualität der Fotos, ebenso wie die des gesamten Buches, sehr hoch.
Dieses Buch ersetzt sicher keinen Ausstellungsbesuch, aber es kann einen wunderbar ergänzen und gibt dem Leser die Möglichkeit, Annie Leibovitz und ihr Werk näher kennen zu lernen.
Wer sich mit dieser großartigen Künstlerin befassen möchte, der sollte mit diesem Buch beginnen, das die ganze Bandbreite ihres Schaffens vorstellt. Sicher kein preiswertes Vergnügen, aber ein Buch, dessen Qualität die Kosten rechtfertigt und die Anschaffung lohnt.