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Wenn wir uns nach einer europäischen Identität fragen, nach dem, was es ausmacht, europäisch zu sein - dann müssen wir uns auch irgendwann einmal fragen, was eigentlich ein Europäer ist. Was macht den Europäer aus und was macht es aus, Europäer zu sein? Und woher kommt überhaupt unser Bild vom Europäer? Beziehen wir uns wirklich auf Traditionen, die seit der Antike bestehen, oder handelt es sich vielmehr um ein modernes Bild, das sich im Laufe der Zeit immer wieder wandelte und eher von der jüngsten Geschichte beeinflusst wurde?
All diesen Fragen versucht der Sammelband "Der Europäer - ein Konstrukt", erschienen bei Wallenstein, auf den Grund zu gehen.
In dem Buch sind vor allem Beiträge von noch recht jungen Wissenschaftlern zu lesen. Dabei geht es öfter um Themen wie "Rassen" und "Ethnien", aber eben auch um kulturelle Themen. Dabei wird europäische Kultur ebenso behandelt wie Fragen nach einer europäischen Gesellschaft; der europäische Gentleman wird hier ebenso thematisiert wie der europäische Bauer. Die Blutgruppe A wird hier im europäischen Kontext erläutert, ebenso die Musikwissenschaftler im 20. Jahrhundert. Zudem führt die Einleitung von Kiran Klaus Patel und Veronika Lipphard sehr gut in das Thema ein.
Der Zeitraum der Beiträge umfasst die Zeit nach dem ersten Weltkrieg bis hin zur heutigen EU-Politik. Er beinhaltet somit das Werden des "modernen" Europäers, also die Bilder und Vorstellungen, die auch heute noch in unseren Köpfen stecken.
Die Artikel sind, wie in so einem Sammelband üblich, nicht einheitlich geschrieben. Da jeder der Autoren von seinem Spezialgebiet berichtet und so einen ganz bestimmten Aspekt der europäischen Identität beleuchtet, sind die Beiträge natürlich sehr abwechslungsreich geworden, so dass es sein kann, dass einem ein Beitrag dadurch inhaltlich oder stilistisch mehr zusagt als ein anderer.
Erfreulich ist auch, dass in die Texte Grafiken und Abbildungen zur besseren Verständlichkeit eingebaut wurden. Auch wenn alle in schlichtem Schwarzweiß gehalten sind, lockern sie die Texte etwas auf und können abstrakte Informationen besser verdeutlichen. Dabei lesen sich die Texte recht flüssig und sind meist allgemeinverständlich geschrieben worden. Ein abgeschlossenes geisteswissenschaftliches Studium wird man nicht brauchen, um die Diskussionspunkte zu verstehen und bewerten zu können.
Die einzelnen Artikel sind mit Fußnoten versehen, ein Literaturverzeichnis liegt weder den Artikeln noch dem gesamten Band vor. Auch ein Register sucht man hier vergeblich.
Wer sich mit der Frage beschäftigt, was das eigentlich ist, ein "Europäer", der findet in diesem Buch einige interessante Ansätze und Diskussionspunkte, die von jungen Wissenschaftlern kompetent zusammengetragen wurden. Auch interessierte Leser, die an dem Thema der europäischen Identität gefallen gefunden haben, dürften mit dem Buch hoch zufrieden sein.