Sowohl die Romane des deutschen Phantastik-Autors Kai Meyer als auch das vor einigen Jahren wiederbelebte Medium Hörspiel erfreuen sich beständiger Beliebtheit. Deswegen war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die ersten auf Meyers Büchern basierenden Hörspiele veröffentlicht würden. Sieht man mal von denen zu seiner "Sieben Siegel"-Reihe für ein junges Publikum und seinen ursprünglich für den WDR selbst verfassten Hörspiele ab, war "Das Wolkenvolk" das erste Werk aus seiner Feder, das adaptiert wurde. Ursprünglich erschienen 2007 über den Zeitraum von neun Monaten verteilt insgesamt drei Doppel-CDs, die Meyers damals frisch erschienen Jugendbuch-Mehrteiler als Hörspiel umsetzten. Jetzt hat "Der Hörverlag" die komplette Reihe unter dem Titel "Die Wolkenvolk Trilogie" in einem preiswerten Sammel-Schuber noch einmal veröffentlicht: Das bietet die ideale Gelegenheit für alle, die sich schon immer dafür interessiert haben, aber auf die richtige Gelegenheit gewartet haben. Die Box ist zwar schlicht gehalten, aber stimmungsvoll aufgemacht und ein echtes Schnäppchen. Für nicht einmal zwanzig Euro bekommt man über sechs Stunden Fantasy für die Ohren von gut aufgelegten Sprechern geboten - und eine komplette, in sich abgeschlossene Geschichte.

Im China vor einigen hundert Jahren verweben sich die Schicksale einer Handvoll Heranwachsender, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Der junge Niccolo hat seine Heimat, die Wolkeninsel, verlassen und sich völlig auf sich allein gestellt auf die Suche nach dem Volk der Drachen begeben. Nur ihr Atem, Äther genannt, kann sein Zuhause retten. Die Wolkeninsel heißt nämlich so, weil sie genau das ist: Hoch in den Lüften haben sich die Wolkenmassen verdichtet und ermöglichen es einer überschaubaren Anzahl Menschen, dort zu bauen und zu leben. Vor kurzem ist jedoch etwas Alarmierendes geschehen. Die Wolkeninsel beginnt sich zu verflüchtigen und an Höhe zu verlieren, da die Verbindung zum Äther, der aus den Regionen jenseits des Himmels stammt, abgeschnitten scheint. Auf seiner Reise begegnet Niccolo der gleichaltrigen Nugua, die wie er selbst auf der Suche nach den mächtigen Fabeltieren ist. Sie wurde nämlich einst selbst von den geschuppten Echsen großgezogen, nachdem ihr eigenes Volk sie ausgesetzt hat. Doch über Nacht haben ihre Freunde, die Drachen, sie verlassen. Warum, weiß sie nicht. Schnell beschließen die beiden, gemeinsam weiterzuziehen - und stolpern in ein wahres Abenteuer, das sie mitten in die tödliche Fehde von Unsterblichen zieht. Auf der Wolkeninsel selbst ist dann noch Alessia, die Tochter des Herrschers, die auf eigene Faust herausfinden will, warum ihre Heimat dem Untergang geweiht ist.

Man merkt sehr schnell, dass die Handlung sich im Prinzip eins zu eins an die Buchvorlage von Kai Meyer hält. Katja Semprich, die für die Hörspielbearbeitung der drei Bücher zuständig war, klebt eng am Originaltext. Ein bisschen mehr Mut hätte man sich da eigentlich schon gewünscht, denn mitunter wirken die Monologe des Erzählers etwas zu ausufernd - trotz aller willkommenen Kürzungen. Ein Roman funktioniert eben nicht genauso wie ein Hörspiel. Die unterschiedlichen Medien erfordern andere Herangehensweisen. Das merkt man bei der "Wolkenvolk Trilogie" sogar sehr schön. Wann immer sich nämlich mehr als zwei Personen miteinander unterhalten, wirkt das Hörspiel richtig spannend und rasant. Mit den Sprechern hat man eine gute Auswahl getroffen. Die eine oder andere Stimme überrascht, dennoch hat man immerhin auf Profis gesetzt und das hört man dem Gesamtwerk auch an. Auch Hintergrundgeräusche und Score wissen zu gefallen und sind stimmig. Da sich in den letzten beiden Jahren auf dem Hörspielmarkt noch einmal einiges getan hat, wirkt das Gesamtergebnis dennoch eher durchschnittlich. An Geräuschkulissen ist man inzwischen einfach wesentlich mehr gewohnt.

Trotzdem lohnt sich die Investition in die Sammelbox für China-Fans oder Meyer-Anhänger. Für wenig Geld bekommt man ein ansprechendes Gesamtpaket. Das ist wesentlich mehr, als so manch andere Produktion von sich behaupten kann!