Die unterirdische Welt im Mond Callespa befindet sich im Kriegszustand: Eskaraner und Gurta, schon seit endlosen Zeiten miteinander verfeindet, haben eine neue Schlacht gegeneinander begonnen. Gnadenlos und blutrünstig findet Kampf um Kampf statt; Frieden ist schon lange nicht mehr in Sicht.
Bei einem der zahllosen Aufeinandertreffen zwischen Eskaranern und Gurta wird die Kader-Kämpferin Orna aus dem Clan Caracassa gefangengenommen und in ein Gefängnis der Gurta gebracht. Für die Gurta ist eine kämpfende Frau schon etwas Besonderes - eine Frau mit Ornas Fähigkeiten jedoch etwas Einzigartiges. Sie wissen noch nicht, dass Orna eine intelligente, gnadenlose Assassine ist, deren unauffälliges Äußeres täuscht. In zahlreichen Kampftechniken ausgebildet und mit vielen hilfreichen Geistesmantras ausgestattet, ist sie eine unbezwingbare Waffe und absolut tödlich.
Doch der Kerker verlangt der Assassine alles ab. Sie und ihre Leidensgenossen müssen in einer riesigen Schmiede schuften, ihre Versorgung ist mehr als dürftig und immer wieder werden Gefangene weggebracht, um als Versuchsobjekte für die grausamen Experimente der Gurta bei lebendigem Leib seziert oder mit Giften und Präparaten behandelt zu werden. Orna plant ihre Flucht, denn trotz der niederschmetternden Verluste, die sie durch den Krieg zu ertragen hat, will sie zu ihrem Sohn Jai zurückkehren. Erinnerungen an frühere, friedliche Zeiten halten ihren Kampfgeist aufrecht.
Doch die Flucht gestaltet sich als problematisch, will sie doch den jungen Mitgefangenen Feyn und den brutalen Charn mitnehmen. Und einer der Gurta, ein Wissenschaftler namens Gendak, beginnt sich für Orna zu interessieren …

In Schwarz und dunklen Grün- und Blautönen zeigt das Cover dem Betrachter ein Bild der unterirdischen Welt, in die man sich auf 444 Seiten entführen lassen kann. Dennoch ist das Cover fast schon zu hell für die düstere, brutale Welt, in die Chris Wooding seine Leser entführt.
Mit Massima Leithka Orna entwickelt Wooding einen interessanten und komplexen Hauptcharakter, der sich wohltuend vom Fantasyeinheitsbrei der typischen Helden und Antihelden abhebt. Als Ich-Erzählerin lässt sie den Leser an ihren Gedanken und Gefühlen teilnehmen, die so vielfältig und zugleich fremd sind, dass es schon ein kleines Erlebnis ist, zu lesen, wie sie über eine Situation grübelt. Ihre Übermacht und ihr Können als Assassine dienen nicht der Verherrlichung der Figur, sondern werden differenziert dargestellt und plausibel hergeleitet. Man hat nicht das Gefühl, die Taten eines Übermenschen zu verfolgen, der jeder Situation und jedem Kampf gewachsen ist, denn Orna muss viel einstecken und ist verletzlich. Auch Gefühle gesteht Wooding seiner Protagonistin zu, vergisst darüber jedoch nie die Konzeption der eiskalten und gefährlichen Mörderin. Und so fesselt die Ich-Erzählung allein durch seine Hauptfigur.
Daneben hat "Welt aus Stein" jedoch noch einiges mehr zu bieten, was den Roman nur umso reizvoller macht. Die unterirdische Welt, in der sich das Geschehen abspielt, wartet mit vielen neuen Kreaturen und Lebewesen, Völkern und Techniken, Auseinandersetzungen und Kriegen auf. Ist all der Informationsüberfluss zu Anfang noch verwirrend und schwer zu durchschauen, lernt der Leser nach und nach diese fremde Welt und ihre Eigenheiten besser kennen und wird dadurch immer tiefer ins Geschehen hineingezogen.
Nicht zuletzt der Stil des Romans sorgt dafür, dass schon die ersten Seiten fesseln. Im Präsens geschrieben und als Ich-Erzählung aufgebaut, hat der Leser gar keine andere Wahl, als sich von Anfang an auf die Geschichte einzulassen. Lange, detaillierte Beschreibungen und verknappte, schnelle Actionpassagen wechseln sich unterhaltsam ab.

So muss Fantasy sein: interessante, konsequent ausgearbeitete Charaktere, eine komplexe und in sich stimmige Welt, eine ordentliche Handlung und ein packender Schreibstil. Chris Wooding macht mit "Welt aus Stein" nahezu alles richtig, was es im Genre zu beachten gilt, wenn man sich von der Durchschnittskost abheben will. Wer düstere Fantasy mag, kommt an "Welt aus Stein" kaum vorbei.