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In einer Zeit, in der Fantasyliteratur und Mangas Hochkonjunktur hatten, hat der hiesige Autor Kai Meyer ganz offensichtlich den richtigen Riecher besessen: Seine Jugendbuchtrilogie um das "Wolkenvolk" war ein Treffer ins Schwarze. Inzwischen ist es nicht nur bei den Romanen selbst geblieben, der Stoff wurde auch sowohl als Hörbuch verlegt als auch als Hörspiel vertont - und nun legt der renommierte Splitter Verlag noch mit einer Comic-Adaption nach.
Doch vielleicht zuerst ein paar Worte zum Inhalt:
Im China des Jahres 1760 begegnen sich schillernde jugendliche Charaktere: Da ist zum einen Nugua, die unter Drachen groß geworden ist und nun auf der Suche nach ihrem Clan ist, der sie über Nacht verlassen hat. Sie trifft Niccolo, ein Junge mit goldenen Augen, dessen Vorfahren im Italien der Renaissance mit der Hilfe des "großen Leonardo? ein Verfahren entwickelt haben, welches ihnen ermöglicht, auf einer Wolke zu leben. Auch er ist auf einer Suche, und zwar nach den Drachen, denn seit kurzem ist seine Wolkenheimat vom Untergang bedroht und nur der Äther, der Atem der verschwundenen Drachen, kann daran etwas ändern. Auf ihrer gemeinsamen Reise durch eine fantastische Welt, die Kai Meyer aus chinesischen Mythen, Martial Arts-Motiven und eigenen Ideen erschaffen hat, begegnen sie schillernden Charakteren wie fliegenden Schwertmeisterinnen, feigen Rattendrachen, kämpferischen Halbgöttern - und Mondkind, einer jungen, wunderschönen Zauberkriegerin, die von einem blutdürstigen Xian bedrängt wird. Um sie zu retten, schenkt ihr Niccolo sogar einen Teil seiner Seele, seines Chi - nicht ahnend, dass sie und er dadurch für immer durch einen Liebesbann aneinander gekettet sind ?
Wehende Seidenschleier, ein Regen aus Schwertern, Götterwaffen und Lavaströme, eine Brücke für Riesen und gewaltige Kraniche sind die Beigaben jenes farbenprächtigen, exotischen Mixes, den Kai Meyer hier aus dem Hut zaubert. Beeinflusst haben ihn allerdings, wie er im Nachwort der Comicausgabe erwähnt, weniger die fernöstlichen Mangas als viemehr die sogenannten Wuxia-Filme aus den achtziger Jahren. Asiatische Fantasy zu schreiben sei schwer für einen Deutschen, erklärt er weiterhin einleuchtend, weshalb er die Leser die phantastische Welt der chinesischen Mythen und Sagen durch die Augen einer westlichen Identifikationsfigur entdecken lässt.
Genau das ist auch der Grund für den Look der Comic-Adaption: Die Zeichnungen sind nämlich nicht, wie man vermuten könnte, im Stil der Mangas gehalten, sondern kommen sehr europäisch daher. Was zunächst verwundert, erweist sich jedoch als sehr gelungen: Wenn auch die Mimik der Charaktere manchmal etwas skizzenhaft gerät und allenfalls in Close Ups richtig gelungen wirkt, so sind die Hintergrundszenerien, die phantastischen Details wie die Wolkeninsel und die Ätherpumpe sowie die Farbgebung wirklich stimmungsvoll. Und damit geht das wohl einzige Manko der praktischen Taschenbuchausgabe einher, denn genau diese zeichnerischen Sahnebonbons verlieren sich etwas durch das kleinere Format.
Ansonsten spricht die edel aufgemachte Hardcoverausgabe mit Schutzumschlag jedoch voll und ganz für sich. Nicht nur äußerlich bestechend, versammelt sie außerdem zu einem vergleichsweise günstigen Preis die beiden Einzelalben "Whisperwind? und "Mondkind?, die bereits einige Zeit zuvor im für Splitter üblichen Großformat erschienen waren, in einer Gesamtausgabe. Damit entspricht man inhaltlich praktischerweise auch dem ersten Roman der Wolkenvolk-Trilogie, was dem Spannungsbogen natürlich zugute kommt.
Überhaupt ist der Text von Yann Krehl sehr gut adaptiert! Krehl lässt Bilder für sich sprechen und treibt die Handlung über Dialoge voran, Kastentexte verwendet er nur, wo es unbedingt notwendig ist. Damit wird er der Lesedynamik eines Comics gerecht.
Abgerundet wird der schöne Sammelband dann noch durch das bereits eingangs erwähnte Nachwort von Kai Meyer sowie einem Infotext von den Machern des Comics und diversen Skizzen. "Seide und Schwert? ist deshalb eine wirklich gelungene Graphic Novel - auch für Comicfans und nicht nur für Freunde der Romantrilogie.